Birkenstock, Bernhard

Bernhard Birkenstock

Bernhard Birkenstock

52. Abt des Zisterzienserklosters Arnsburg 1772–1799

* 25. Aug. 1735 Erbach im Rheingau
† 14. Jan. 1819 ebenda

Bernhard Birkenstock, Taufname Ludwig, wurde am 25. August 1735 in Erbach im Rheingau, ganz in der Nähe der Zisterzienserabtei Eberbach, als fünftes von sieben Kindern des Gutsbesitzers Peter Nikolaus Birkenstock und seiner Ehefrau Maria Franziska Schumann geboren. Ein älterer Bruder, Johann Balthasar Heinrich, war ebenfalls Zisterziensermönch, jedoch in Kloster Eberbach, vielleicht der Grund, weshalb Bernhard Birkenstock 1754 in Kloster Arnsburg eintrat und nicht in Eberbach. Ein anderer Bruder, Jacob Engelbert, studierte Philosophie und Theologie in Mainz, wurde zum Priester geweiht und trat in das Chorherrenstift in Rees bei Düsseldorf ein. Ein weiterer Bruder, Johann Josef, ging nach Wien und wurde im Jahre 1778 von Kaiser Joseph II. in den Adelsstand erhoben; dieser begründete den Familienzweig derer von Birkenstock. Ein Großneffe, Melchior von Diepenbrock, Enkel seiner Schwester Anna Maria, war von 1845 bis 1853 Fürstbischof von Breslau und wurde 1850 Kardinal.

Wie seine drei Brüder, schrieb sich auch Ludwig Birkenstock im Alter von 16 Jahren an der Universität Mainz zum Studium ein. 1753 erlangte er dort den Abschluss eines Baccalaureus philosophiæ, ein Jahr später den des Magisters. Noch im selben Jahr trat er in das Zisterzienserkloster Arnsburg ein und erhielt den Klosternamen Bernardus. Nach erfolgreichem Noviziat legte er 1755 seine feierliche Profess ab. 1757 erhielt er die Subdiakonatsweihe, 1759 die Diakonatsweihe. Ein Jahr später weihte ihn am 5. April 1760 Weihbischof Christoph Nebel in Mainz zum Priester.

Im Juli 1764 weilte P. Bernhard im Arnsburg unterstellten Zisterzienserinnenkloster Marienschloss bei Rockenberg bei der Einkleidungsfeier einer zukünftigen Ordensfrau und hielt in der Klosterkirche bei der Messfeier die Predigt. Im Mai 1769, als P. Bernhard bei einer Professfeier in Marienschloss anwesend war, übte er in Arnsburg das Amt des Cellerars aus. 1772 wird er in der Konventsliste zur neuen Abtwahl als Propst von Marienschloss genannt. Dieses Amt bekleidete er jedoch nur kurze Zeit. Im Juni 1771 wird nämlich noch ein anderer Mönch von Arnsburg als Spiritual der Rockenberger Nonnen erwähnt. Somit hatte also Bernhard Birkenstock erst im Sommer 1771 dieses Amt angetreten und musste es ein Jahr später schon wieder aufgeben, da er aus der Abtswahl am 7. Juli 1772 als neuer Vorsteher des Klosters hervorging.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit starb am 18. Mai 1774 die langjährige Äbtissin Antonia Hartz von Marienschloss, zu deren Beisetzung er sich in Rockenberg einfand. Wenige Wochen später reiste Abt Bernhard zur Äbtissinnenwahl nach Marienschloss. Dort wählte der Konvent am 27. Juni Philippina Riedel zur neuen Klostervorsteherin.

Das gesamte Jahr 1774 stand ganz im Zeichen der Feierlichkeiten zum 600jährigen Bestehen der Abtei Arnsburg. Hierfür wurde von Prior Willigis Petrelli eine Jubiläumsschrift mit der Geschichte Arnsburgs verfasst und gedruckt. Desweiteren wurde ein Festornat (vier Gewänder mit Zubehör, eine Mitra und Pontifikalschuhe für die Gottesdienste) aus Goldbrokat angeschafft, der vermutlich in der Paramentenwerkstatt des Klosters Engelthal hergestellt wurde. Zwei Mönche komponierten mehrere Liedstücke für die Liturgie in der Klosterkirche.

Im Jubiläumsjahr 1774 legte Abt Bernhard den Grundstein für das repräsentative und herrschaftliche Pfortenhaus von Arnsburg zu Ehren seines Namenspatrons, des hl. Bernhard von Clairvaux. Bis 1777 dauerten die Bauarbeiten und ließen schon beim Eintritt ins Kloster den barocken Glanz erahnen; Wappen und Inschrift weisen auf Abt Bernhard als Erbauer hin. Baumeister dieses imposanten Rokokogebäudes war der Arnsburger Mönch Coelestinus Wagner, der in Wien Architektur studiert hatte und die berühmten Bauwerke der bedeutenden Baumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) und Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745) kannte, die ihn sicherlich inspiriert haben.

Am 19. August 1780 reiste Abt Bernhard als Abt-Visitator ins Kloster Engelthal, um dort an der Beisetzung der Äbtissin Benedikta Henzerling teilzunehmen. 1781 stiftete er eine Glocke für die Kirche von Wickstadt und 1786 eine neue Messglocke für die Abteikirche, die heute im Dachreiter des Bursenbaues hängt. Auch ließ er kleine Salutkanonen gießen, von denen heute noch fünf erhalten sind und die im Schlossmuseum des Grafen zu Solms-Laubach in Laubach zu besichtigen sind. Sie sind mit dem Wappen und den Initialen F B B A A für Frater Bernardus Birkenstock Abbas Arnsburgensis ausgestattet und dienten wohl, mit abgefeuerten Schüssen, an hohen Feiertagen zur Erhöhung der Festlichkeit. Für die Klosterkirche stiftete er zwei wertvolle Festornate, wovon wohl der sog. Goldbrokat-Ornat mit zugehöriger Mitra zum 600. Jubiläum des Klosters 1774 angeschafft worden ist. In einer Inventarliste aus dem Jahre 1784 zählt die unter seinem Vorgänger Petrus Schmitt ausgebaute Bibliothek 15.000 Bücher, im Vergleich zum Jahre 1701 mit einem Bestand von 2.100 Bänden. 1792 erhielt das Hofgut Wickstadt ein neues Herrenhaus, das in seinen Ausmaßen ausgesprochen groß und weiträumig gebaut ist.

Wappen des Abtes Bernhard Birkenstock, 1801

Abt Bernhard reiste zu einer weiteren Äbtissinnenwahl nach Marienschloss: im Oktober 1793 zur Wahl von Magdalena Bauer. Als diese jedoch schon nach etwas über einem Jahr starb, wurde aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen durch die französischen Revolutionstruppen in der Wetterau und einem im Kloster eingerichteten kaiserlichen Lazarett die nächste Äbtissinnenwahl erst für den Januar 1797 angesetzt. Hierzu erschien Abt Bernhard jedoch nicht, weil aufgrund der schwierigen und gefährlichen Zeit der Mainzer Kurfürst-Erzbischof keine hochgestellten Wahlkommissare geschickt hat. Diese Aufgabe übernahmen der Pfarrer von Heldenbergen, der als stellvertretender Landdekan der ranghöchste Weltpriester der Wetterau war, der 74jährige Pfarrer Georg Joseph Schwarz († 1800) von Oppershofen und der Rockenberger Pfarrer Johann Baptist Röder († 1829). So schickte Abt Bernhard seinerseits auch nur vier seiner Mönche als Vertreter, da er wohl, aufgrund seiner Stellung, nicht bereit war, bei der Wahl in zweiter Reihe hinter einem Pfarrer zu fungieren. Die Wahl zur letzten Äbtissin von Marienschloss fiel auf die Rockenbergerin Edmunda Dietz.

Am 19. Juni 1799 resignierte Abt Bernhard, wohl wegen seines Alters von 64 Jahren und einer Regierungszeit von 27 Jahren, aber auch aufgrund der politischen und besonders der kirchenpolitischen Lage, auf das Amt des Abtes von Arnsburg und bereitete so den Weg für Neuwahlen (Nachfolger: Alexander Weitzel). Ob er direkt nach seiner Resignation das Kloster verlassen hat und in seinen Heimatort Erbach zurückgegangen ist oder ob er noch bis 1803 als Altabt mit seinen Mitbrüdern ausharrte, ist nicht bekannt. Mit Sicherheit verbrachte er seinen Lebensabend in Erbach.

Am 18. Oktober 1801 wird Abt Bernhard bei einer Taufe in Erbach als Pate und mit dem Eintrag „Bernardi Melchior Birckenstock Abt von Arnsburg“ erwähnt; vielleicht ein Hinweis auf Erbach als seinen Wohnort noch vor der Säkularisation – vielleicht reiste er als Pate zur Taufe jenes Kindes auch nur aus Arnsburg an – vielleicht übernahm er auch nur in Abwesenheit die Patenschaft.

In Erbach stiftete er der Pfarrei kurz vor dem Fronleichnamsfest 1803 die große Monstranz von Arnsburg von 1729, die er bei der Säkularisation übereignet bekommen hatte. Im Mai 1804 vermachte er der Kirche seines Heimatortes noch ein silbernes, vergoldetes Ziborium; hinzu kamen im Mai 1805 eine „Korkappe mit Meßgewand und Levitenröcke aus blauen & grünen Gewand mit silbernen Borten, ein rothes & weißes Meßgewand mit goldenen Borten“. Hierbei handelt es sich wohl u.a. um den blauen Ornat, der seinerzeit von Abt Antonius Antoni gestiftet und von Abt Bernhard mit nach Erbach gebracht worden ist. Die versilberte Wasser- und Weingarnitur und die Ewig-Licht-Ampel in der Kirche stiftete er 1810 und versah sie mit seinen Initialen B B A A (Bernardus Birkenstock Abbas Arnsburgensis) und der Jahreszahl 1810. Am 13. Oktober 1814 stellte er 3500 Gulden für die Errichtung einer Mädchenschule in Erbach bereit und förderte diese maßgeblich.

Am 14. Januar 1819 starb Bernhard Birkenstock, 52. und vorletzter Abt des Zisterzienserklosters Arnsburg, im hohen Alter von 83 Jahren, nach einem Krankenlager von etwa drei Jahren, „gänzlich gebrochen“ über das Schicksal, das Arnsburg durch die Säkularisation getroffen hatte. Sein ausführliches Testament vom 6. Juli 1815, das am 11. Februar 1819 eröffnet wurde, ist noch erhalten. Auf Intervention des Pfarrers von Erbach, Dr. Theodor Mang, der auch Zisterzienser und ehemaliger Philosophie- und Theologieprofessor in Arnsburg war, wurde er in der Pfarrkirche vor dem rechten Seitenaltar beigesetzt; die Herzöge von Nassau hatten nämlich Bestattungen in Kirchen untersagt. Sein Grab ist nicht mehr ersichtlich. In den 1990er Jahren wurde in der Kirche eine Gedenkplatte mit seinem Wappen und der Inschrift † Bernhard Birkenstock OCist. * 1735 † 1819 zu Erbach 1772–1799 Abt zu Arnsburg / Wetterau angebracht.

Alexander Fiolka, März 2019, rev. Feb. 2021


Daten:

Vest.: 1754; Prof.: 1755; Sac.: 5. April 1760; Abbas: el. 7. Juli 1772.

Literatur:

Fiolka, Alexander F.: Äbte und Äbtissinnen als Stifter von Kunstschätzen, Art. Abt Bernhard Birkenstock (1772–1799), in: Paramente – Liturgische Gewänder und Sakralkunst aus den Klöstern Arnsburg, Engelthal. Begleitheft zur Ausstellung in Marienschloß, Rockenberg 2003, S. 25–27 · Gärtner Otto: Kloster Arnsburg in der Wetterau, seine Geschichten – seine Bauten, in: Die Blauen Bücher, Königstein 1989 · Gerster, Wolfgang: Die Pfarrei Sternbach-Wickstadt, Wickstadt 1970 · Jäger, Johann Christian: Vollständiges Diarium der Römisch-Königlichen Wahl und Kaiserlichen Krönung Ihro Kaiserl. Majestät Leopold des Zweiten. Frankfurt 1791 · Kuczera, Andreas: Arnsburg, in: Germania Benedictina, Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen, Bd. 1, München 2011, S. 113–163 · Moos, Doris: Bernhard Birkenstock – bedeutender Sohn Erbachs, gedruckter Aufsatz, Erbach 2019 · Stumpf,B Paschasia: Aus der Geschichte von Kloster Engelthal in der Wetterau 1268–1968, Zur 700-Jahr-Feier des Klosters, Mainz 1968.

Archivalien:

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Regierungsakten (MRA), Stifte und Klöster, Arnsburg u. Marienschloss · Dom- und Diözesanarchiv Mainz, Alte Kästen, Arnsburg und Marienschloss · Graf zu Solms-Laubach’sches Archiv zu Laubach · Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Arnsburg und Marienschloss.

Zitierempfehlung: Birkenstock, Bernhard, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 15.02.2021, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Birkenstock,_Bernhard

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