Demeuldre, Albert: Unterschied zwischen den Versionen

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Abt Albert hatte während seiner Amtszeit mehrere Kämpfe durchzustehen, einerseits mit dem französischen, andererseits mit dem habsburgischen Landesherrn, auf deren Gebieten jeweils Teile des Klosterbesitzes lagen. Die Auseinandersetzung mit Frankreich wurde von einem einfachen Laienbruder ausgelöst, Hubert Loyal aus Ivory, ein Franzose, dem Abt Mommertz Teile der Rechnungsführung übertragen hatte und der Abt Demeuldre in Frankreich anklagte,  
 
Abt Albert hatte während seiner Amtszeit mehrere Kämpfe durchzustehen, einerseits mit dem französischen, andererseits mit dem habsburgischen Landesherrn, auf deren Gebieten jeweils Teile des Klosterbesitzes lagen. Die Auseinandersetzung mit Frankreich wurde von einem einfachen Laienbruder ausgelöst, Hubert Loyal aus Ivory, ein Franzose, dem Abt Mommertz Teile der Rechnungsführung übertragen hatte und der Abt Demeuldre in Frankreich anklagte,  
Getreide aus Orval an die Intendanten der kaiserlichen Armee zu verkaufen. Das Ergebnis war, dass König Ludwig XV. 1746 dem Abt die Verwaltung der Güter in Lothringen und Frankreich entzog und sie fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste le Moyne in Montmédy übertrug. Da fr. Hubert die königliche Ermächtigung nutzte, um der Abtei die für den Lebensunterhalt notwendigen Einkünfte vorzuenthalten, geriet die Klostergemeinschaft in Not. Um in Versailles dagegen zu appelieren, reiste Abt Demeuldre Anfang Dezember 1746 mit seinem Oberen, Abt [[Mayeur, Pierre|Pierre Mayeur]] von [[Clairvaux]], nach Paris, wo er mit Unterstützung des Grafen von Ségur die Abberufung der beiden Administratoren fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste erreichte.
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Getreide aus Orval an die Intendanten der kaiserlichen Armee zu verkaufen. Das Ergebnis war, dass König Ludwig XV. 1746 dem Abt die Verwaltung der Güter in Lothringen und Frankreich entzog und sie fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste le Moyne in Montmédy übertrug. Da fr. Hubert die königliche Ermächtigung nutzte, um der Abtei die für den Lebensunterhalt notwendigen Einkünfte vorzuenthalten, geriet die Klostergemeinschaft in Not. Um in Versailles dagegen zu appellieren, reiste Abt Demeuldre Anfang Dezember 1746 mit seinem Oberen, Abt [[Mayeur, Pierre|Pierre Mayeur]] von [[Clairvaux]], nach Paris, wo er mit Unterstützung des Grafen von Ségur die Abberufung der beiden Administratoren fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste und eine Einschränkung des königlichen Erlasses erreichte. fr. Hubert wurde in das französische Bußkloster Reclus (Marne) versetzt, von wo er 1748 floh.
  
Infolge einer staatlichen Untersuchung trat er im September 1757 von seinem Amt zurück und lebte dann an verschiedenen Orten. Er starb am 3. August 1766 in Andennes, wo ihm die dortigen Kanonissen ein kleines Haus zur Verfügung gestellt hatten.  
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Weniger glücklich führte Ant Demeuldre die Abtei im Inneren. Schon bald nach seinem Regierungsantritt mussten die Brüder erkennen, dass er weder die Klugheit noch die Milde seines verstorbenen Vorgängers hatte. Kaum Herr über sich selbst, verlangte er von seinen Mitbrüdern die Unterwerfung unter sein strenges Regiment, das er aber für sich selbst nicht gelten ließ. Nach und nach, wie der Abbé {{titel|Goffinet}} schreibt, „erhitzen sich die Geister, und es wurde beklagt, daß er die Lasten, mit denen er seine Brüder zerquetschte, selbst nicht mit dem Finger anrührte.“ Einen Skandal, der bis an den Wiener Hof drang, verursachte er, weil er Frauen den Zugang zum Kloster gewährte, konnte sich aber dadurch entschuldigen, dass es sich um seine Mutter und seine Schwestern handelte. Trotzdem verbot Kaiserin Maria Theresia diese Praxis mit Anordnung vom 9. August 1747. Der Abt wurde dadurch noch reizbarer und unduldsamer. Er verschärfte die ohnehin strengen Reformen des Abtes Karl von Bentzeradt (reg. 1668–1707) noch weiter, reduzierte die Feierlichkeit religiöser Feste und verlängerte die Arbeitszeiten. Die von diesem Rigorismus überforderten Mitbrüder protestierten öffentlich dagegen. Vaterabt [[Mayeur, Pierre|Pierre Mayeur]] von Clairvaux visitierte die Abtei am 24. August 1752, erkannte einige Klagen als berechtigt und gab im Visitationsrezess Hinweise zur Korrektur, ohne jedoch die Autorität des Abtes grundsätzlich infrage zu stellen. Abt Demeuldre ermahnte er zu einem kollegialeren Führungsstil und den gesamten Konvent zu einem Leben in Harmonie und brüderlicher Liebe.
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Abt Demeuldre versuchte daraufhin, sich aus der Jurisdiktion des Abtes von Clairvaux zu lösen und in Rom die Annullierung des Visitationsrezesses zu erreichen. Zu diesem Zweck veröffentlichte er auch eine 27-seitige Verteidigungsschrift, in der er seine Reformen darlegte. Am 20. August 1756 und noch einmal am 1. Oktober verlangten siebzehn Kleriker die Intervention des Ordensgenerals, Abt [[Trouvé, François|François Trouvé]] von [[Cîteaux]], um dem Despotismus ihres Abtes ein Ende zu machen.
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Der Aufruhr drang bis zur luxemburgischen Provinzregierung, die im Januar 1757 den Provinzrat Limpens und Abt [[Gilbert, François|François Gilbert]] von [[Boneffe]] mit einer Untersuchung beauftragte, in deren Verlauf Demeuldre sein Amt im Mai 1757 (endgültig im September 1757) niederlegte. Die nächsten neun Jahre lebte er an verschiedenen Orten und starb am 3. August 1766 in Andennes, wo ihm die dortigen Kanonissen ein kleines Haus zur Verfügung gestellt hatten.  
  
 
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Version vom 7. November 2017, 14:27 Uhr

Albert de Meuldre

Albert de Meuldre

Abt des Klosters Orval –1757

~ 23. Jan. 1704 Saint-Vaast, Hennegau
03. Aug. 1766 Andennes, Grafschaft Namur

Albert de Meuldre (Demeuldre), Taufname Albert-Joseph, wurde 1704 als Sohn des Landwirts Philippe de Meuldre und seiner Frau Marie-Adrienne Lafont geboren und am 23. januar 1704 in Saint-Vaast im Hennegau getauft. Am 20. August 1725 legte er in der Zisterzienserabtei Orval die Profess ab. Dort war schon sein Verwandter Pierre-Albert de Meuldre 1694 eingetreten. Am 23. August 1726 wurde er zum Subdiakon und am 26. Mai 1729 zum Diakon geweiht. Die Priesterweihe folgte drei Monate später. 1731 wurde er Subprior und 1733 – noch keine dreißig Jahre alt – Prior.

Nachdem der Wunsch einiger unzufriedener Mönche zur Ablösung des Abtes Jean-Mathieu Mommertz bis zur Statthalterin Maria Christina von Österreich gedrungen war, hatte diese am 12. August 1740 die Wahl eines Koadjutors angeordnet und Abt Jean Jacques von Boneffe und den Ratspräsidenten Christophe d'Arnoult (der in gleicher Funktion schon 1703 und 1726 amtiert hatte) als Kommisare eingesetzt. Aus der am 19. Juni 1741 durchgeführten Wahl gingen zwei Kandidaten mit Stimmengleichheit hervor: der Cellerar Ignace La Haye als Wunschkandidat des Abtes Mommertz und Prior de Meuldre als Wunschkandidat der Kommissare. Letzterer erhielt schließlich Ende November seine am 14. Oktober in Pressburg gesiegelte Ernennungsurkunde und wurde, nachdem Abt Pierre Mayeur von Clairvaux die Ernennung am 25. Dezember bestätigt hatte, am 5. Februar 1742 von Präsident Arnoult installiert. Da Abt Mommertz noch im selben Jahr, am Weihnachtstag 1742, starb, wurde De Meuldre am 19. März 1743 vom Trierer Weihbischof Nikolaus von Hontheim benediziert.

Abt Albert hatte während seiner Amtszeit mehrere Kämpfe durchzustehen, einerseits mit dem französischen, andererseits mit dem habsburgischen Landesherrn, auf deren Gebieten jeweils Teile des Klosterbesitzes lagen. Die Auseinandersetzung mit Frankreich wurde von einem einfachen Laienbruder ausgelöst, Hubert Loyal aus Ivory, ein Franzose, dem Abt Mommertz Teile der Rechnungsführung übertragen hatte und der Abt Demeuldre in Frankreich anklagte, Getreide aus Orval an die Intendanten der kaiserlichen Armee zu verkaufen. Das Ergebnis war, dass König Ludwig XV. 1746 dem Abt die Verwaltung der Güter in Lothringen und Frankreich entzog und sie fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste le Moyne in Montmédy übertrug. Da fr. Hubert die königliche Ermächtigung nutzte, um der Abtei die für den Lebensunterhalt notwendigen Einkünfte vorzuenthalten, geriet die Klostergemeinschaft in Not. Um in Versailles dagegen zu appellieren, reiste Abt Demeuldre Anfang Dezember 1746 mit seinem Oberen, Abt Pierre Mayeur von Clairvaux, nach Paris, wo er mit Unterstützung des Grafen von Ségur die Abberufung der beiden Administratoren fr. Hubert und Dom Jean-Baptiste und eine Einschränkung des königlichen Erlasses erreichte. fr. Hubert wurde in das französische Bußkloster Reclus (Marne) versetzt, von wo er 1748 floh.

Weniger glücklich führte Ant Demeuldre die Abtei im Inneren. Schon bald nach seinem Regierungsantritt mussten die Brüder erkennen, dass er weder die Klugheit noch die Milde seines verstorbenen Vorgängers hatte. Kaum Herr über sich selbst, verlangte er von seinen Mitbrüdern die Unterwerfung unter sein strenges Regiment, das er aber für sich selbst nicht gelten ließ. Nach und nach, wie der Abbé Goffinet schreibt, „erhitzen sich die Geister, und es wurde beklagt, daß er die Lasten, mit denen er seine Brüder zerquetschte, selbst nicht mit dem Finger anrührte.“ Einen Skandal, der bis an den Wiener Hof drang, verursachte er, weil er Frauen den Zugang zum Kloster gewährte, konnte sich aber dadurch entschuldigen, dass es sich um seine Mutter und seine Schwestern handelte. Trotzdem verbot Kaiserin Maria Theresia diese Praxis mit Anordnung vom 9. August 1747. Der Abt wurde dadurch noch reizbarer und unduldsamer. Er verschärfte die ohnehin strengen Reformen des Abtes Karl von Bentzeradt (reg. 1668–1707) noch weiter, reduzierte die Feierlichkeit religiöser Feste und verlängerte die Arbeitszeiten. Die von diesem Rigorismus überforderten Mitbrüder protestierten öffentlich dagegen. Vaterabt Pierre Mayeur von Clairvaux visitierte die Abtei am 24. August 1752, erkannte einige Klagen als berechtigt und gab im Visitationsrezess Hinweise zur Korrektur, ohne jedoch die Autorität des Abtes grundsätzlich infrage zu stellen. Abt Demeuldre ermahnte er zu einem kollegialeren Führungsstil und den gesamten Konvent zu einem Leben in Harmonie und brüderlicher Liebe.

Abt Demeuldre versuchte daraufhin, sich aus der Jurisdiktion des Abtes von Clairvaux zu lösen und in Rom die Annullierung des Visitationsrezesses zu erreichen. Zu diesem Zweck veröffentlichte er auch eine 27-seitige Verteidigungsschrift, in der er seine Reformen darlegte. Am 20. August 1756 und noch einmal am 1. Oktober verlangten siebzehn Kleriker die Intervention des Ordensgenerals, Abt François Trouvé von Cîteaux, um dem Despotismus ihres Abtes ein Ende zu machen.

Der Aufruhr drang bis zur luxemburgischen Provinzregierung, die im Januar 1757 den Provinzrat Limpens und Abt François Gilbert von Boneffe mit einer Untersuchung beauftragte, in deren Verlauf Demeuldre sein Amt im Mai 1757 (endgültig im September 1757) niederlegte. Die nächsten neun Jahre lebte er an verschiedenen Orten und starb am 3. August 1766 in Andennes, wo ihm die dortigen Kanonissen ein kleines Haus zur Verfügung gestellt hatten.

gge


Daten:

Prof.: 20. Aug. 1725; Subdiac.: 23. Aug. 1726; Diac.: 26. Mai 1729; Sac.: Aug./Sep. 1729; Abbas: el. 19. Juni 1741, ben. 19. März 1743, res. Sep. 1757.

Literatur:

Grégoire, Paul-Christian: L’abbaye d’Orval au fil des siècles, Metz: Éditions Serpenoise, 2002 · Goffinet, Hippolyte: Albert de Meuldre, Abbé D'Orval, 1742–1757, in: Annales de l’Institut archéologique du Luxembourg 19 (1887), S. 181—228.

Zitierempfehlung: Demeuldre, Albert, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 7.11.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Demeuldre,_Albert

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