Grill, Leopold

Leopold Grill

Leopold Grill OCist

Zisterzienser des Stiftes Rein; Ordenshistoriker

* 06. Jan. 1903 Gaaden, Niederösterreich
† 27. Juli 1987 Graz, Steiermark

Leopold Grill, Taufname Josef, wurde 1903 in Gaaden (NÖ.) geboren. Er besuchte das Gymnasium in Mödling und trat 1922 als Novize in das Zisterzienserstift Heiligenkreuz ein. Am 16. August 1923 legte er dort die einfache Profess ab und nahm den Ordensnamen Leopold an, nach Leopold III., dem Heiligen, dem Vater des als selig verehrten Zisterzienserbischofs Otto von Freising. Nach dem Theologiestudium in Graz und Innsbruck wechselte er in die Abtei Rein, wo er am 25. Dezember 1926 die feierliche Profess ablegte.

1927 zum Priester geweiht, wurde er Seelsorger in den Stiftspfarren Gratwein und Deutschfeistritz und war von 1933 bis 1937 Pfarrvikar in St. Oswald bei Plankenwarth. 1938 emigrierte er mit Hilfe seines Abtes Dr. Ernst Kortschak vor den Nationalsozialisten über die Schweiz nach Frankreich. Nach Kriegsausbruch im Konzentrationslager für deutsche Emigranten in Les Milles interniert, war er dort als Lagerseelsorger tätig und konnte im Juni 1941 aus einem Gefangenentransport fliehen und mit Unterstützung des späteren Kardinals Jean-Marie Villot im Priester-Studentenheim in Lyon unterkommen und ein zweites Theologiestudium absolvieren.

Zunächst arbeitete er als Dissertation seine 1932 in der Cistercienser Chronik erschienene Schrift Traungauer Stift Rein in L’abbey de Rein et la seconde croisades um. Für die dazu geforderte Petite Thèse nahm er als Thema L’abbaye de Rein en Siècle de Saint Bernarde. Am 10. Mai 1944 wurde er von der Universität Lyon zum Doktor der Theologie promoviert. Seine Promotionsbestätigung in Österreich erfolgte am 5. Juni 1963 von der theologischen Fakultät der Universität Wien.

Nach dem Krieg in die Steiermark zurückgekehrt, arbeitete Grill bei der Wiedereinrichtung des von den Nazis enteigenten und von den Russen verwüsteten Stiftes Rein mit und erwarb er sich große Verdienste um Erhaltung und Erneuerung von Bibliothek und Archiv. Unermüdlich trachtete er, die entfernten Wertgegenstände an Mobilar, Gemälden und Büchern zurückzubekommen. Mit Gesuchen um Papierzuwendung begann er auch den Marienboten des Stiftes Rein wieder herauszugeben, den er zunächst vornehmlich in den Dienst des von ihm organisierten 800-jährigen Jubiläums der Zugehörigkeit von Maria Straßengel zu Rein (seit 1147) stellte. Durch seine 1966 verfasste baugeschichtliche Studie über Straßengel konnte er den Beweis des ersten durchbrochenen Turmhelms in Österreich erbringen.

Als Wissenschaftler beschäftigte sich Leopold Grill insbesondere mit der kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung des Zisterzienserordens im Mittelalter. Schwerpunkte seiner Forschung waren Otto von Freising, Bernhard von Clairvaux, das Stift Rein und das Kloster Morimond. Auch um die steirische Landeskunde machte er sich mit vielen Beiträgen verdient. 1963 führte er in Morimond archäologische Grabungen durch, um die Gebeine Ottos von Freising aufzufinden. Ob er Erfolg hatte, ist umstritten. Der ruinöse Zustand der Klostergebäude nach Krieg und Aufhebung gaben ihm die Gelegenheit, das Mauerwerk einer näheren Untersuchung zu unterziehen und um den Kreuzgang Grabungen durchzuführen. Dadurch konnte er das mittelalterliche Kloster mit dem romanischen Erstlingsbau rekonstruieren. Ferner organisierte und veranstaltete er teils selbst mehrere Ausstellungen: 1964 im Huldigungssaal des Stiftes Rein über Erzbischof Eberhard I. von Salzburg, 1968 Cistercienserkultur in der grünen Mark, ebenfalls im Huldigungssaal und in der durch seine langjährige Bemühung restaurierten Kreuzkapelle bei der Prälatur, 1976 Mitarbeit bei der Babenbergerausstellung in Lilienfeld über Bischof Otto von Freising.

P. Leopold war auch Literat und Komponist; so verfasste er das Theaterstück Glaubenskraft und Heimatscholle, ein Singspiel in vier Akten anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Pfarre St. Oswald bei Plankenwarth 1936, wo er damals als Pfarrer wirkte, oder das Maria Straßengler-Lied für das 600-Jahr-Jubiläum von Maria Straßengel 1966.

Von 1969 bis zu seinem Tod 1987 war er Seelsorger im Pflegeheim »Haus der Barmherzigkeit« in Graz, als Nachfolger von P. Othmar Wonisch OSB vom Stift St. Lambrecht. Am 2. März 1984 überreichte ihm Landeshauptmann Dr. Josef Krainer das vom Bundespräsidenten verliehene Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs (zusammen mit fünfzehn steirischen Freiheitskämpfern).

Er starb einen Tag nach seinem 60-jährigen Priesterjubiläum, das er vom Krankenbett aus konzelebriert hatte[1], im Alter von 84 Jahren und wurde am 1. August 1987 auf seinen eigenen Wunsch hin auf dem Klosterfriedhof des Stifts Heiligenkreuz bestattet.[2]

gge, Aug. 2019, rev. Dez. 2020

  1. Hauptzelebrator war der spätere Abt Gregor Henckel-Donnersmarck, damals Prior-Administrator von Rein
  2. Es war der ausdrückliche Wunsch des Verstorbenen, bei dem Kloster begraben zu werden, in dem die von ihm selbst geborgenen Reliquien des seligen Otto von Freising ruhen.

Daten:

Prof.: 16. Aug. 1923, 25. Dez. 1926; Sac.: 1927.

Werke:

siehe Bibliographie

Literatur:

Dr. theol. P. Leopold Grill OCist. [Parte.], in: Blätter für Heimatkunde 61, 1987, S. 96 · Müller, Norbert: Gedanken des Priestermönchs und Ordenshistorikers P. Dr. Leopold Grill über sein Leben, in: Elisabeth Brenner (Hg.): Stift Rein. Geschichte – Kultur – Glaube. Sammelband der Segmente–Schriften des Reiner Kreises. Kumberg: Sublilium Schaffer, 2018, S. 144ff.

Zitierempfehlung: Grill, Leopold, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 8.12.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Grill,_Leopold

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