Grudenegg, Bartholomäus

Bartholomäus von Grudenegg

Bartholomäus von Grudenegg

Abt der Zisterzienserstifte Neukloster und Rein 1559–1577

* 1534? Bischoflack, Krain [Škofja Loka]
† 18. März 1577

Bartholomäus von Grudenegg stammte aus einer großen Handwerkerfamilie in Bischoflack in Krain (Škofja Loka, Slowenien). Dort wurde er als dritter von fünf Söhnen des Gerbers und Schuhmachers Martin († 1543) geboren, die alle außer ihm das Handwerk ihres Vaters lernten. Ein Bruder Urban übte später den Schuhmacherberuf in Rein aus. Ein Cousin Andreas, der Latein und Griechisch sprach, war als Schreiber im Stift Rein tätig und 1583/1586 Stadtschreiber in Maribor. Auch der im Kloster Sittich (Stična) tätige Schreiber und Anwalt Ivan Roglovič war ein Cousin. Die Grudeneggs hatten angeblich seit dem Mittelalter einen Adelstitel, der ihnen von Kaiser Maximilian II. und Erzherzog Karl II. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestätigt wurde. Da der Titel um das Jahr 1570 angefochten wurde, baten sie den Kaiser, ihnen den Titel "von Grodno" oder "de Grudenegg" zu verleihen.

Nachdem Bartholomäus Grudenegg die Schule in seiner Heimatstadt besucht hatte, trat er 1550 unter Abt Martin Duelacher in die steirische Zisterzienserabtei Rein ein und wurde 1554 dort Prior. Am 26. Mai 1557, dem Tag der Resignation seines Vorgängers Johannes Fein, zum Abt des Dreifaltigkeitsklosters in Wiener Neustadt (Neukloster) gewählt, wechselte er dorthin, wurde aber schon am 21. Jänner 1559, nach Abt Duelachers Tod, nach Rein zurückpostuliert, wo er bis zu seinem Tod 1577 wirkte.

Wirken im Neukloster

Im Neukloster war Abt Grudenegg nicht einmal zwei Jahre tätig. Dort ließ er u.a. ein detailliertes Urbar über die Güter und Einkommen der Pfarre Mannsdorf (Mengeš) anfertigen, wahrscheinlich wegen Streitigkeiten über den Zehnten. Schon zur Zeit des Abtes Johannes Fein (1557), hatte Kaiser Ferdinand I. dem Provinzgouverneur und Vizekönig in Krain befohlen, die unübersichtlichen Verhältnisse dort zu untersuchen. Da das aber nicht geschehen war, ordnete der Kaiser unter Abt Johannes Helmstorffer (1561) eine erneute Untersuchung an. Dass Bartholomäus Grudenegg auch im Mutterstift Rein große Autorität genoss, zeigt sich darin, dass er vom dem Tod des Abtes Duelacher sofort informiert und um Rat und Hilfe gebeten wurde.

Wahl zum Abt von Rein

Die (einstimmige) Wahl in Rein fand unter der Aufsicht zweier kaiserlicher Kommissäre und dem Vorsitz des Abtes Bernhard Taindl von Viktring statt; Assistent war Abt Johannes Mirl vom Stift Lilienfeld. Es war seit 1515 (Johannes Lindenlaub) die erste Reiner Abtwahl, die ohne größeren Einfluss von außen ablief. Wahlberechtigt waren nicht alle Mönche, sondern eine ausgewählte Wahlkommission, zu der der Prior Johannes Helmstorffer, Grudeneggs Nachfolger als Abt des Neuklosters, und Dr. Johannes Fein, resignierter Abt des Neuklosters, gehörten, außerdem der Schatzmeister Georg Pfeiffer und der Konventuale Christoph Erkl, Abt des Neuklosters von 1568 bis 1586. Allerdings zog sich die Bestätigung durch den (eigentlich zuständigen) Vaterabt von Ebrach in Franken wegen Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise, wie die Abstimmung durchgeführt worden war, über Jahre hin, sodass Grudenegg erst 1561 von Abt Johannes Beck bestätigt wurde und schließlich am 8. Juli 1565 durch den Bischof von Seckau, Petrus Percic, benediziert werden konnte.

Wirken im Stift Rein

Abt Grudenegg trat sein Amt in einer allgemeinen Zeit der Krise an. Von seinen Vorgängern, die das Kloster zum Teil als ihr persönliches Eigentum betrachtet und veruntreut hatten, übernahm er ein personell knappes Kloster mit schwacher Wirtschaftslage. Da der Prälatenstand der damaligen Zeit durch vielfachen Missbrauch in öffentlichen Verruf geraten war, teilweise auch von den übrigen Landständen in den Versammlungen öffentlich beschimpft wurde, fehlte es auch gegen Abt Grudenegg nicht an Anschuldigungen bei Erzherzog Karl, die er 1568 mit einem Rechenschaftsbericht an den Landesfürsten zu entkräften suchte. Der Gottesdienst werde genau eingehalten, ebenso das Klosterleben. Zwar sei durch die Zeitumstände die strenge Einhaltung der Disziplin unter den Konventualen nicht möglich, doch versuche er zu erreichen, was möglich sei. Er selbst habe die Güter des Klosters nie zu seinem eigenen Nutzen noch für den seiner Verwandten verwendet. Die Gebäude versuche er instandzuhalten und Verfallenes wiederherzustellen. Er war auch energisch und tatkräftig genug, gegen die Erben Veit Zollners und Hans Ungnads (Bruder bzw. Vater der Äbte Hans Zollner und Ludwig Ungnad) um die Rückerstattung dem Stift entrissener Güter zu prozessieren. Sein größter Erfolg in dieser Hinsicht war die Rückgewinnung des Klosteramts Feisternitz in Eibiswald (Ivnik) im Jahr 1559, das Abt Martin Duelacher mit kaiserlicher Erlaubnis verpfändet hatte.

Große Verdienste erwarb sich Abt Grudenegg um die in der damaligen Zeit als Gegengewicht zur protestantischen Bildung sehr wichtige katholische Jugendbildung. Die unter Abt Ungnad vernachlässigte Stiftsschule baute er 1568 zu einer regulären Lateinschule mit 32 (meist mittellosen) Schülern aus, auch um damit Nachwuchs für das Kloster zu gewinnen. Unterrichtet wurde dort neben Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion auch Latein und Musik. 1574 hatte Abt Grudenegg die undankbare Aufgabe, die den Prälaten auferlegte Kontribution für den Bau des Jesuitenkollegs in Graz (1586 Universität) einzusammeln, weswegen ihn die Jesuiten ihren vornehmsten Gönner und Förderer nannten. 1576 erlangte er eine Bestätigung der Stiftsprivilegien von Papst Gregor XIII., Kaiser Maximilian II. und Erzherzog Karl II.

Um die höhere (theologische) Bildung der Mönche voranzubringen, verlangte er von den Rein untergebenen Klöstern, immer mindestens einen Konventualen zum Studium nach Graz zu schicken, was aber durch die geringe Zahl an Konventualen und die hohen Kosten erschwert wurde. Die Grazer Jesuiten forderten hohe Studiengebühren und einen hohen Beitrag für diejenigen, die in ihrem Kolleg lebten; ebenso forderten die Reiner Äbte Unterhaltszahlungen für die Studenten, die im Reinerhof in Graz lebten. Die unter dem Kommendatarabt Ludwig Ungnad vernachlässigte Stiftsbibliothek ließ Grudenegg neu sortieren und mit Literatur auffüllen. Sein Cousin Andreas legte 1568 einen Katalog an (den ältesten erhaltenen), der Schulmeister David Sachsenreuter (Sachsenrhetor) aus Meißen, transkribierte alte Texte und stellte ein Verzeichnis der Äbte zusammen. Einige erhaltene Werke waren, wie die Exlibris und seine Unterschrift von 1573 bezeugen, Eigentum Grudeneggs oder wurden von ihm verwendet, darunter der sog. Grudenegg-Kodex mit polyphonischen Kompositionen des 16. Jahrhunderts, und ein gedrucktes Pontificale Romanum aus dem Jahr 1572. Das Manuskript Nr. 31 aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde möglicherweise zum Gebrauch bei Wahlen und Visitationen in untergeordneten Klöstern von ihm selbst geschrieben. Auffallend ist, dass während Grudeneggs Regierungszeit sehr viele astronomische Bücher angekauft wurden, was zeigt, dass auch diese damals aufblühende Wissenschaft gepflegt wurde.

Großen Wert legte Abt Bartholomäus auf den feierlichen Vollzug des Gottesdienstes, in dem nicht nur der gregorianische Choral gesungen wurde, es gab auch Instrumentalmusik, denn schon zwei Monate nach seinem Amtsantritt schloss der Abt mit dem Organisten Christoph Schwinegger einen Vertrag über den Musikunterricht eines Schülers namens Christoph.

Tätigkeit als Visitator

Die dem Stift Rein zugeordneten Klöster visitierte er nach seinem eigenen Bericht an Erzherzog Karl jährlich, und falls er verhindert sei, schickte er einen Delegierten. Einige Äbte beklagten sich sogar über die häufigen Visitationen und die enge Kontrolle, insbesondere der wirtschaftlichen Lage ihrer Klöster. So beschwerte sich z.B. der Abt des Neuklosters Johannes Helmstorffer (1559–1566) 1661, Grudenegg habe „das Kloster und seine Person wie einen Sklaven oder ein siebenjähriges Kind behandelt“.

Drängende Probleme dieser Zeit, mit denen sich die nachgeordneten Äbte an ihn wandten, waren Probleme mit den Mitbrüdern und der Mangel an Mönchen, aber auch Eingriffe weltlicher Autoritäten in das geistliche Leben und die Wirtschaft der Klöster. Auch Rein selbst wurde am 16. Dezember 1562 von staatlichen Kommissaren visitiert, die sich aber mit der vorgefundenen Situation zufrieden zeigten. Anfang 1568 nahm Grudenegg wie alle Vorsteher der Benediktiner-, Zisterzienser- und Kartäuserklöster der Steiermark in Graz an einer von Erzherzog Karl II. einberufenen Synode teil, die er Vorbereitung auf die Visitationen des 1567 zum päpstlichen Gesandten ernannten Kardinals Giovanni Francesco Commendone diente.

1560 (Matthäus Schreiner) und 1568 (Georg Premberger|) leitete Grudenegg die Abtwahlen in Lilienfeld. Bei der Visitation 1575 tadelte er Abt Georg Premberger, weil dieser die lutherischen Bücher noch immer nicht entfernt und sogar Bilder von Cruciger, Melanchthon und anderen Reformatoren in seinen Gemächern stehen habe. In Sittich (Stična) gelang es ihm 1566 zu verhindern, dass die Abtei in die Hände des ehrgeizigen Polidor de Montagnana fiel. In Mariabrunn in Landstraß (Kostanjevica) half er, die Situation zu lösen, die sich unter dem Abt Leonhard Hofstetter (1563–1577) entwickelt hatte.

Tod

Am 31. Jänner 1577 leitete Abt Grudenegg noch die Abtwahl in Sittich und reiste im März trotz schwerer Krankheit nach Prag. Er starb am 18. März 1577. Bei seinem Tod gab es in Rein fünf Professen und sieben Junioren. Zu seinem Nachfolger wurde der ebenfalls aus Krain stammende Georg Freyseisen gewählt, der die Reform Grudeneggs noch energischer weiterführte. Grudeneggs Grab ist ebensowenig erhalten wie sein Grabstein, ebenso ist der Begräbnisort nicht überliefert.

gge, Nov. 2020


Daten:

Abbas Ss. Trinitatis: post. 26. Mai 1557, res. 20. Jan. 1559; Abbas runensis: el. 21. Jan. 1559, ben. 8. Juli 1565.

Literatur:

Mlinarič, Jože: Jernej pl. Grudenegg iz Škofje Loke, opat cisterc Presvete Trojice v Dunajskem Novem mestu (1557–1559)in v Reinu (1559–1577), in: Studia Historica Slovenica. Letnik 9 (2009), S. 575–614 · Wild, Martin: Die Äbte von Rein. In: 850 Jahre Stift Rein. (Rein 1979), S. 56 · Beitraege zur Geschichte der Cistercienser-Stifte. Wien: A. Hölder, 1891, S. 15, 121 · Kamper, Paulus Josef: Abt Georg Freyseisen von Rein (1577–1605). Ein biographischer Abriss. Diplomarbeit, Universität Graz, Typoskript, Rein, 1980, S. 22ff.

Normdaten:

GND: 1221405403 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Grudenegg, Bartholomäus, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 17.11.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Grudenegg,_Bartholom%C3%A4us

Vorlage:Page.name: GRUDENEGG, Bartholomäus OCist († 1577) – Biographia Cisterciensis