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Timothée Gruyer, Taufname Pierre, geb. am 8. März 1808 in Donnay im Département Calvados, wurde am 14, Juni 1832 von Bischof Dancel in Bayeux zum Priester geweiht. Am 3. April 1839 in die Zisterzienserabtei [[La Trappe]] ein, wurde am 5. Mai 1839 als Novize eingekleidet und legte am 10. Mai 1840 die Profess ab. Schon am nächsten Tag wurde er Cellerar, dann Prior und schließlich Hausgeistlicher der Zisterzienserinnen (Trappistinnen) im 1852/53 gegründeten Kloster Espira-de-l’Agly, wo er den Bau der Klostergebäude leitete. 1854 wurde er als kommissarischer Oberer in die Abtei [[Staoueli]] in Algerien geschickt, deren Abt [[Martrin-Donos, François-Régis|Régis Martrin-Donos]] von seinem Posten abberufen worden war.
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Timothée Gruyer, Taufname Pierre, geb. am 8. März 1808 in Donnay im Département Calvados, wurde am 14. Juni 1832 von Bischof Dancel in Bayeux zum Priester geweiht. Am 3. April 1839 trat er in die Zisterzienserabtei strengerer Observanz [[La Trappe]] ein, wurde am 5. Mai 1839 als Novize eingekleidet und legte am 10. Mai 1840 die Profess ab. Schon am nächsten Tag wurde er Cellerar, dann Prior und schließlich Hausgeistlicher der Zisterzienserinnen (Trappistinnen) im 1852 gegründeten Kloster [[Espira-de-l’Agly]], wo er den Bau der Klostergebäude leitete. 1854 wurde er als kommissarischer Oberer in die Abtei [[Staoueli]] in Algerien geschickt, deren Abt [[Martrin-Donos, François-Régis|Régis Martrin-Donos]] von seinem Posten abberufen worden war.
  
Am 3. September 1855 zum Abt von La Trappe gewählt, war er damit auch Generalvikar der Kongregation von La Trappe. Nach der Bestätigung durch den hl. Stuhl und den Generalpräses wurde er am 13. November 1855 in der Abtei [[Santa Croce in Gerusalemme]] in Rom durch Kardinal Brunelli benediziert.
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Am 3. September 1855 zum Abt von La Trappe gewählt, war er damit auch Generalvikar der Kongregation von La Trappe. Nach der Bestätigung durch den hl. Stuhl, den Generalpräses der Zisterzienser [[Geniani, Angelo|Angelo Geniani]] und die vier ’Primaräbte’ der Kongregation<ref>Les quatre premiers Pères de la Congrégation de la Trappe: die Äbte von [[Melleray]], [[Port-du-Salut]], [[Bellefontaine]] und [[Sept-Fons]].</ref> wurde er am 13. November 1855 in der Abtei [[Santa Croce in Gerusalemme]] in Rom durch Kardinal Giovanni Brunelli benediziert.
  
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Dom Timothée legte großen Wert auf das religiöse Leben seiner Mönche. 1864 löste er die 1841 von seinem Vorgänger [[Hercelin, Joseph-Marie|Joseph Hercelin]] gegründete ''société civile'' (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) auf, die nur noch drei Mitglieder hatte, und gründete mit zehn Mitgliedern eine neue, die bis 1912 Bestand hatte. In der Nacht vom 17. August 1871 legte ein entlassener Novize Feuer an die Wirtschaftsgebäude, jedoch konnten die Feuerwehren der umliegenden Orte eine Katastrophe verhindern. 1879 wurde eine Druckerei eingerichtet, wenn auch nur für den Hausgebrauch, und 1880, kurz vor Dom Timothées Tod, eine Schokoladenmanufaktur, die wesentlich zu den Einkünften der Abtei und zum Kirchenneubau durch Dom Timothées Nachfolger [[Salasc, Etienne|Etienne Salasc]] 1895 beitrug.
  
Er starb am 17. November 1880.
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1870 nahm Dom Timothée als Generalvikar seiner Kongregation (der sog. [[Kongregation von La Trappe]]) am Ersten Vatikanischen Konzil in Rom teil, wo er mit der Mehrheit stimmte. Nach Auflösung des Konzils, u.a. wegen Ausbruchs des Deutsch-Französischen Krieges, nach La Trappe zurückgekehrt, unterstützte er nach Kräften die durchziehenden französischen Soldaten, unter ihnen auch der spätere Generalabt [[Wyart, Sébastien|Henri Wyart]]. Trotz der Kriegsumstände fand vom 12. bis zum 15. September 1870 ein Generalkapitel in La Trappe statt, an dem aber nur neun Kapitelväter teilnahmen.
  
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Die klosterfeindliche Politik der dritten französischen Republik brachte La Trappe zunächst die Auflösung der 1834 gegründeten landwirtschaftlichen Strafgefangenenkolonie am 25. März 1880. Der nach einem Schlaganfall schon länger gelähmte und kaum noch amtsfähige Abt Timothée hatte schon am 25. Juli 1879 um Entpflichtung gebeten, die auch genehmigt, dann aber von den visitierenden vier 'Primaräbten' wieder zurückgenommen wurde. Nachdem sich die Gesundheit des Abtes, der inzwischen bettlägerig war, weiter verschlechtert hatte, erhielt er am 21. Juni 1880 zwar die letzte Ölung, aber immer noch keine Entpflichtung. Er delegierte daher am 21. Juli 1880 seine Vollmachten als Generalvikar an Abt [[Vachette, Eugȩne|Eugène Vachette]] von der Abtei [[Melleray]], der sofort das für den 12. September angesetzte Generalkapitel absagte, weil er es angesichts der drohenden Klosteraufhebungen für besser hielt, dass die Äbte bei ihrer Herde blieben.
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Timothée Gruyer starb am 17. November 1880, elf Tage nach der Aufhebung der Abtei La Trappe und der Vertreibung der Mönche durch die Gendarmerie (der sterbende Abt hatte bleiben dürfen). Den Exequien am 20. November stand Abt [[Baranger, Albéric|Albéric Baranger]] von [[Fontgombault]] vor. Ebenfalls anwesend war Abt [[Morel, Cyprien|Cyprien Morel]] von [[Timadeuc]], ein ehemaliger Professe von La Trappe. Nachdem sich die politische Lage wieder etwas beruhigt hatte und sich die Mönche wieder versammelt hatten<ref>Sechs waren nach [[Tre Fontane]] bei Rom gegangen.</ref>, wurde an Weihnachten 1880 das religöse Leben wieder aufgenommen.
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Aktuelle Version vom 26. Mai 2020, 15:59 Uhr

Timothée Gruyer

Timothée Gruyer

Abt von La Trappe 1855–1880

* 08. März 1808 Donnay, Calvados, Normandie
† 17. Nov. 1880 Soligny-la-Trappe, Orne

Timothée Gruyer, Taufname Pierre, geb. am 8. März 1808 in Donnay im Département Calvados, wurde am 14. Juni 1832 von Bischof Dancel in Bayeux zum Priester geweiht. Am 3. April 1839 trat er in die Zisterzienserabtei strengerer Observanz La Trappe ein, wurde am 5. Mai 1839 als Novize eingekleidet und legte am 10. Mai 1840 die Profess ab. Schon am nächsten Tag wurde er Cellerar, dann Prior und schließlich Hausgeistlicher der Zisterzienserinnen (Trappistinnen) im 1852 gegründeten Kloster Espira-de-l’Agly, wo er den Bau der Klostergebäude leitete. 1854 wurde er als kommissarischer Oberer in die Abtei Staoueli in Algerien geschickt, deren Abt Régis Martrin-Donos von seinem Posten abberufen worden war.

Am 3. September 1855 zum Abt von La Trappe gewählt, war er damit auch Generalvikar der Kongregation von La Trappe. Nach der Bestätigung durch den hl. Stuhl, den Generalpräses der Zisterzienser Angelo Geniani und die vier ’Primaräbte’ der Kongregation[1] wurde er am 13. November 1855 in der Abtei Santa Croce in Gerusalemme in Rom durch Kardinal Giovanni Brunelli benediziert.

Dom Timothée legte großen Wert auf das religiöse Leben seiner Mönche. 1864 löste er die 1841 von seinem Vorgänger Joseph Hercelin gegründete société civile (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) auf, die nur noch drei Mitglieder hatte, und gründete mit zehn Mitgliedern eine neue, die bis 1912 Bestand hatte. In der Nacht vom 17. August 1871 legte ein entlassener Novize Feuer an die Wirtschaftsgebäude, jedoch konnten die Feuerwehren der umliegenden Orte eine Katastrophe verhindern. 1879 wurde eine Druckerei eingerichtet, wenn auch nur für den Hausgebrauch, und 1880, kurz vor Dom Timothées Tod, eine Schokoladenmanufaktur, die wesentlich zu den Einkünften der Abtei und zum Kirchenneubau durch Dom Timothées Nachfolger Etienne Salasc 1895 beitrug.

1870 nahm Dom Timothée als Generalvikar seiner Kongregation (der sog. Kongregation von La Trappe) am Ersten Vatikanischen Konzil in Rom teil, wo er mit der Mehrheit stimmte. Nach Auflösung des Konzils, u.a. wegen Ausbruchs des Deutsch-Französischen Krieges, nach La Trappe zurückgekehrt, unterstützte er nach Kräften die durchziehenden französischen Soldaten, unter ihnen auch der spätere Generalabt Henri Wyart. Trotz der Kriegsumstände fand vom 12. bis zum 15. September 1870 ein Generalkapitel in La Trappe statt, an dem aber nur neun Kapitelväter teilnahmen.

Die klosterfeindliche Politik der dritten französischen Republik brachte La Trappe zunächst die Auflösung der 1834 gegründeten landwirtschaftlichen Strafgefangenenkolonie am 25. März 1880. Der nach einem Schlaganfall schon länger gelähmte und kaum noch amtsfähige Abt Timothée hatte schon am 25. Juli 1879 um Entpflichtung gebeten, die auch genehmigt, dann aber von den visitierenden vier 'Primaräbten' wieder zurückgenommen wurde. Nachdem sich die Gesundheit des Abtes, der inzwischen bettlägerig war, weiter verschlechtert hatte, erhielt er am 21. Juni 1880 zwar die letzte Ölung, aber immer noch keine Entpflichtung. Er delegierte daher am 21. Juli 1880 seine Vollmachten als Generalvikar an Abt Eugène Vachette von der Abtei Melleray, der sofort das für den 12. September angesetzte Generalkapitel absagte, weil er es angesichts der drohenden Klosteraufhebungen für besser hielt, dass die Äbte bei ihrer Herde blieben.

Timothée Gruyer starb am 17. November 1880, elf Tage nach der Aufhebung der Abtei La Trappe und der Vertreibung der Mönche durch die Gendarmerie (der sterbende Abt hatte bleiben dürfen). Den Exequien am 20. November stand Abt Albéric Baranger von Fontgombault vor. Ebenfalls anwesend war Abt Cyprien Morel von Timadeuc, ein ehemaliger Professe von La Trappe. Nachdem sich die politische Lage wieder etwas beruhigt hatte und sich die Mönche wieder versammelt hatten[2], wurde an Weihnachten 1880 das religöse Leben wieder aufgenommen.

gge, April 2016

  1. Les quatre premiers Pères de la Congrégation de la Trappe: die Äbte von Melleray, Port-du-Salut, Bellefontaine und Sept-Fons.
  2. Sechs waren nach Tre Fontane bei Rom gegangen.

Daten:

Vest.: 5. Mai 1839; Prof.: 10. Mai 1840; Abbas: 3. Sep. 1855; 138. Nov. 1855.

Literatur:

Comte de Charencey: Histoire de L'Abbaye de la Grande Trappe II, 786–791 · Dubois, Marie-Gérard et. al.: L'abbaye Notre-Dame de la Trappe. Amis du Perche, [2001], S. 90–97.

Zitierempfehlung: Gruyer, Timothée, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 26.05.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Gruyer,_Timoth%C3%A9e

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