Hartmann, Johann

Johann Hartmann

Johann Hartmann

42. Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz 1528–1536

† 15. Okt. 1536

Johann Hartmann, Suevus ex Trajecto Acroniano, ein Schwabe aus Überlingen am Bodensee, dürfte bald „post discessum, potius post fugam antecessoris“ Wilhelm (wie sich Seywitz in seinem Elenchus Venerabilis Capituli Crucensis ausdrückt) gewählt worden sein, da von einem längeren Interregnum nirgends die Rede ist, obwohl sich aus dem Jahr 1528 keine Urkunde von ihm vorfindet.

In Abt Johanns Amtszeit fiel die erste Wiener Türkenbelagerung 1529. Bis auf bis auf einen Kelch und eine Monstranz in jeder Kirche musste alles Kirchensilber abgeliefert werden. Am 23. September 1529 überschritten die Türken die Leitha; nachdem sie die ungarischen Besitzungen und Dörfer verwüstet hatten, plünderten sie auch Niederösterreich aus und kamen über Mödling und Gaaden bis nach Heiligenkreuz. Abt Johann und der Konvent flohen zunächst nach Steyr in Oberösterreich. Die wertvollsten Gegenstände wurden mitgenommen, Altargerät hinter dem Marienaltar vergraben. Ein Bruder, der im Karzer saß, wurde bei der Flucht vergessen und von den Türken grausam ermordet.[1] Erhalten ist ein Schreiben des Abtes aus Steyr, in dem er die aller Habe beraubten Klosterbrüder dem Mitleid jener empfiehlt, bei denen sie etwa Zuflucht suchen sollten. Nach der Rückkehr konnten nur die wichtigsten Räume eingerichtet werden. Erst nach Intervention beim Kaiser konnten in Wien Weinvorräte an Passauer Bürger verkauft werden; die Klöster Zwettl und Baumgartenberg leisteten (zu geringe) Unterstützung.

1532 erschienen am 6. September 400 Akatschi in Heiligenkreuz und lagerten dort. Das Stift wurde wieder verwüstet. Die Aufbauarbeit wurde fast unmöglich gemacht, da alle ungarischen Güter verwüstet waren, die Bauern geflohen oder verschleppt. Dazu kam die Leistung der Türkensteuer (Quart, der vierte Teil der Besitzungen). Die Dörfer Wetzleinsdorf, Paasdorf, Höflein, der Hof in Bruck, Poisdorf wurden verpfändet, die Güter in Judenburg in der Steiermark verkauft. Letztlich wurde aber der Verkauf der ungarischen Güter an die Edlen v. Stampf durch den König verhindert, bzw. wegen fehlender Erlaubnis rückgängig gemacht. Der König gestattete jedoch dem Abt, Geld aufzunehmen, um die bereits erhaltene Kaufsumme zurückzahlen zu können. Der Abt wendete sich an die Bürger von Brück, die ihm auch bereitwillig das Geld vorstreckten, und so wurde dieser schwere Schlag vom Stift abgewendet.

In welch trostloser Lage der Abt zeitweilig war, ist daraus ersichtlich, dass er seine goldene Kette samt Pektorale (Brustkreuz) für 50 fl. verpfändete. Dennoch gelang es ihm, von Christoph von Rauheneck den Ort Gaaden zu erwerben. Da auch das Nonnenkloster St. Nikolai in Wien gänzlich verwüstet worden war und die Äbtissin mit den wenigen noch lebenden Nonnen nicht im Stande war, es wieder aufzubauen, bat Abt Johann Kaiser Karl V. dem Stift Heiligenkreuz die noch erhaltenen Güter dieses Nonnenklosters zu übertragen, damit es sich aus seiner verzweifelten Lage retten könne; dagegen versprach der Abt, die Äbtissin und die übrigen Nonnen im Kloster St. Bernhard auf seine Kosten lebenslänglich zu versorgen. Da der Kaiser aber einen Teil der Einkünfte von St. Nikolai der Wiener Universität zuwenden wollte, ein anderer Teil schon anderweitig verpfändet war, wurde dieses Ansuchen abgewiesen. Auch das heruntergekommene Stift Heiligenkreuz wollte König Ferdinand 1533 mit Bewilligung des Papstes der Universität einverleiben, jedoch kam es dazu nicht.

Fünfzehn Jahre sollte es dauern, bis die von den Türken verwüsteten Gebäude wiederhergestellt waren. 1535 wurde in der Stiftskirche der steinerne gotische Lettner abgetragen und an den acht Seitenwänden des Brunnenhauses als Blendmaßwerk eingebaut (archivarischer Befund). 1535 begannen unter Abt Johann die Verhandlungen mit dem Benediktinerstift Melk wegen der Abtrennung Pfaffstättens von der Pfarre Traiskirchen und der Errichtung einer eigenen Pfarre ebenda, die 1538 unter seinem Nachfolger Hieronymus Feigl zum Abschluss kamen.

Nach den Stiftskatalogen resignierte Abt Johann am 1. Juli 1536 und starb am 15. Oktober desselben Jahres. Die bei Brusch wiedergegebene Grabinschrift nennt pridie iduuum octobris, das wäre der 14. Oktober, das Lilienfelder Nekrologium verzeichnet seinen Sterbetag am 23. Oktober.[2] Abt Johann selbst soll (nach Strobl) seine Grabinschrift bestimmt haben: „Er hat viel gelitten.“ Begraben wurde er als erster Abt in der Stiftskirche begraben, „ante gradum presbyterii“.

Zu den während der Amtszeit des Abtes Johann in Heiligenkreuz eingetretenen Mönchen gehörte auch sein Neffe und spätere (1547) Nachfolger Konrad Schmid.

gge, Okt. 2023

  1. Die Blutspuren wurden erst 1739 übertüncht; Kaiser Ferdinand III. besichtigte sie 1643.
  2. Jedoch findet sich noch ein Kaufbrief eines Stiftsuntertanen in Winden „cum consensu D. abbatis Joannis“ ddo. 8. Juni 1537. Es ist also anzunehmen, dass der Kauf mit Beziehung auf den früher erteilten „consensus“ des Abtes erst später zum Abschluss kam.

Daten:

Abbas: el. 1528, res. 1. Juli 1536.

Literatur:

Watzl, Florian: Die Cistercienser von Heiligenkreuz in chronologischer Reihenfolge nach den Quellen dargestellt, Graz 1898, S. 46, Nr. 322 · Gsell, Benedikt: Heiligenkreuz, in: Beiträge zur Geschichte der Cistercienser-Stifte Reun, Heiligenkreuz-Neukloster, … (= Xenia Bernardina. Tl. 3). Hölder, Wien 1891, S. 74 · Brunner, Sebastian: Ein Cistercienserbuch. Würzburg: Wörl, 1881, S. 85–86 · Richter, Werner: Historia Sanctae Crucis. Beiträge zur Geschichte von Heiligenkreuz im Wienerwald 1133–2008. Heiligenkreuz: Be&Be-Verlag, 2011, ISBN 978-3-902694-12-6, S. 38–39.

Zitierempfehlung: Hartmann, Johann, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 13.10.2023, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Hartmann,_Johann

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