Jörger, Josef

Josef Graf Jörger von Tollet

Josef Graf Jörger von Tollet

Zisterzienser der Abtei Lilienfeld

* 1647 Nürnberg
† 6. Feb. 1713 Lilienfeld

Josef Graf Jörger, Taufname Augustus Ignatius Septimius, wurde 1647 in Nürnberg geboren als eines der dreizehn Kinder des protestantischen Freiherren, später Grafen, Johann (Hanns) Septimius Jörger (1594–1676) von Tollet, Jägging, Götzersdorf, Pottenbrunn und Johannstein, Freiherrn zu Kreisbach etc., Erblandhofmeister in Österreich ob der Enns, und seiner Frau Anna Potentia (1607–1656), geborene Freiin Hoffman von Strechau, Erbin von Burg und Herrschaft Strechau und einzige Tochter des ebenfalls protestantischen Freiherrn Wolf Sebastian Hoffman von Grünbühel und Strechau. Der Vater — anders als seine Verwandten nicht in die große Adelsbewegung von 1619–1620 gegen Kaiser Ferdinand verstrickt — hatte mit Einwilligung seiner Gattin 1629 die erheiratete Herrschaft Strechau in der Obersteiermark an das Benediktinerstift Admont verkauft und war nach der Ausweisung der Protestanten nach Nürnberg ausgewandert, wo er sich seinen künstlerischen Talenten zuwandte. Er wurde mit Diplom vom 9. August 1659 mit seinen Nachkommen in den Reichsgrafenstand erhoben.

August Jörger studierte Jura in Straßburg und ging nach einem einjährigen Aufenthalt in Basel zur Vollendung seiner Studien auf Kavalierstour nach Paris, wo er 1670 zum Katholizismus konvertierte. Im selben Jahr wandte er sich an Abt Matthäus Kolweiß in Lilienfeld, der ihm riet, Kirchenrecht und Moraltheologie am Collegium Germanicum et Hungaricum in Rom zu studieren, was Jörger vom 12. November 1671 bis Juli 1672 tat. Am 17. Dezember 1672 wurde er im Wiener Stephansdom zum Subdiakon geweiht und am 6. Januar 1673 in Pressburg (heute Bratislava) zum Diakon. Die Priesterweihe erhielt er zwei Tage später, am 8. Januar 1673, in der Jesuitenkirche in Pressburg durch Bischof Leopold Karl Graf Kollonitsch von Wiener Neustadt. Die Primiz feierte er am 17. Januar 1673 in St. Jakob in Wien.

Abt Matthäus zögerte, Graf Jörger in Lilienfeld aufzunehmen, da er der Meinung war, dass dieser als Weltpriester größere Aufstiegsmöglichkeiten hätte, jedoch blieb Jörger bei seinem Entschluss, Zisterzienser zu werden und begann am 26. Januar 1673 das Postulat in Lilienfeld. Am Ostersonntag (2. April) 1673 hielt er als Novize vor dem versammelten Konvent eine deutschsprachige Predigt. Am 15. August (Mariä Himmelfahrt) und am 25. Dezember 1673 (Weihnachten) hielt er deutsche Ansprachen. Nach der Profess am 25. März 1674 war er vor allem in der Seelsorge und als Missionsprediger eingesetzt, zunächst als Prediger in Lilienfeld, um 1675 als Pfarrvikar in Drösing[1], Vikar in Annaberg (29. Nov. 1676 bis 20. März 1679), in Türnitz (Okt. 1680 bis 30. Nov. 1680 und von Mai 1681 bis Juli 1683 Superior in Marienberg in Ungarn. Im selben Jahr floh er vor den Türken nach Kaisheim in Schwaben und hatte auch Gelegenheit, dreimal in der Deutschordenskirche seiner Vaterstadt Nürnberg zu predigen, wodurch, wie er schreibt, „eine Standesperson von Gott die Gnade erlangte, sich zu unserem Glauben zu bekehren“. Von dort zurückgekehrt, war er Beichtpriester in Annaberg (6. Feb. bis 31. Okt. 1684) und um 1685 Novizenmeister im Stift.

Nach dem Tod des Abtes Matthäus Kolweiß 1695 wurde er vom Konvent als Abt gewünscht, lehnte aber ab. Stattdessen wurde am 20. März 1695 der Subprior Sigismund Braun zum Abt gewählt, dem er von Mai 1695 bis April 1704 als Prior diente. Da der Abt meistens in Wien abwesend war, lag damit die Leitung des Klosters auf Jörgers Schultern. 1704 wurde er Verwalter des vorher im Eigentum seiner Familie gewesenen, 1626 aber an Lilienfeld gekommenen Gutes Bergau (Rohrbach/Gölsen) und war vom 11. November 1710 bis zum 10. Mai 1712 wieder Seelsorger in Lilienfeld. Aufgefordert von seiner ebenfalls zum Katholizismus konvertierten Schwester gab Jörger 1710 bei Joh. Jakob Kürner in Wien seine 300 Seiten starken Motiva oder Hauptursachen, die ihn bewogen hatten, katholisch zu werden, im Druck heraus.

Er starb am 6. Februar 1713 im Alter von 66 Jahren in Lilienfeld und wurde im Kreuzgang begraben. Sein Grabstein befindet sich unter den Arkaden im Sandhof.

gge, März 2022

  1. Im Dezember 1676 wurde ihm gestattet, zum Begräbnis seines Vaters nach Nürnberg zu reisen.

Daten:

Vest.: 17. März 1673; Sac.: Sac.: 8. Jan. 1673; Prim.: 17. Jan. 1673.

Werke:

Motiva oder Hauptursachen, die Lutherische Sekte zu verlassen, Joh. Jacob Kürner, Wien 1710.

Literatur:

Müller, Eugen: Professbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige. Ergänzungsband. Nr. 38). St. Ottilien: EOS, 1996, ISBN 3-88096-628-1, S. 229f. · Bubryák, Orsolya: Kunstkammer in Schrift und Bild. Johann Septimius Jörgers (1594–1676) „Kunststube“ in Nürnberg, in: Acta Historiae Artium Academiae Scientiarum Hungaricae, 60 (2019), S. 161–184 · Steinhuber, Andreas: Geschichte des Collegium Germanicum Hungaricum in Rom II, Freiburg i. Br.: Herder, 1895, S. 400f.

Normdaten:

GND: 130051845 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Jörger, Josef, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 25.08.2023, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/J%C3%B6rger,_Josef

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