Jongelinus, Gaspar

Titelblatt der Notitiae Abbatiarum Ordinis Cistertiensis, Köln 1640

Gaspar Jongelinus

Jongelincx

Zisterzienserabt und Historiker; Pfarrer in Eisenstadt; Domkanoniker in Raab, Ungarn; bekannt v.a. durch seine Arbeiten zur Geschichte des Zisterzienserordens

* um 1605 Antwerpen
† 16. Juni 1669 ebd.

Gaspar Jongelincx (latinisiert Jongelinus) wurde um das Jahr 1605 in Antwerpen geboren und trat dort in die Abtei St. Salvator ein (Profess 1623) ein. 1637 kam er zu Studien in das Kloster Altenberg bei Köln und wurde bald darauf Doktor der Theologie.

1640 wurde er Abt der durch das Restitutionsedikt von 1629 wiederhergestellten Abtei Disibodenberg in der Rheinpfalz, überließ dieses Amt aber schon zwei Jahre später dem Spanier Juan Caramuel y Lobkowitz, um Abt des nach dem Tod des Abtes Petrus Wilhelmi vakanten Klosters Eußerthal in der Rheinpfalz (Diözese Speyer) zu werden[1]. Unterstützt und bestätigt wurde er bei der Übernahme der Abtei von Abt Bernardin Buchinger von Maulbronn, der dafür (zumindest formell) vom Kloster selbst, ferner den Eußerthaler Stadthöfen in Geilweiler, Mörlheim, Landau und Speyer und vom Dorf Gräfenhausen Besitz ergreifen und Jongelinus’ Bestätigungsurkunde auf den 10. Februar 1643 vordatieren ließ.

Das französisch besetzte Kloster selbst schien Jongelinus unzugänglich geblieben zu sein, sodass er sich 1644 entschloss, auf der großen politischen Bühne tätig zu werden, und sich mit seinem Bruder den württembergischen Äbten als Agent für die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster anbot (wenn auch ohne Erfolg). Als die Abtei 1648 durch den Westfälischen Frieden mit allen ihren Einkünften in den Besitz des lutherischen Kurfürsten von der Pfalz gelangte, verzichtete Jongelinus und wandte sich nach Böhmen.[2]

Um ihn zu entschädigen, verlieh ihm Kaiser Ferdinand III. Benefizien in Ungarn und den Titel eines kaiserlichen Historiographen mit entsprechendem Jahresgehalt. Von 1650 bis 1659 war Jongelinus, als Nachfolger des zum Abt des Neuklosters berufenen Robert Notz, Stadtpfarrer in Eisenstadt. Der Raaber Bischof György Széchényi ernannte ihn 1659 zum Domherrn.

Neben seinen klösterlichen und geistlichen Pflichten ist Gaspar Jongelinus vor allem als Historiker hervorgetreten. Noch vor seiner Zeit in Ungarn erschienen sechs seiner Arbeiten in gedruckter Form, alle in lateinischer Sprache und in Folio gedruckt. Wohl aus Achtung vor seiner Gelehrsamkeit war selbst Erzherzog Sigismund von Österreich-Tirol bei der Wiederbesetzung der erledigten Abtswürde von Eußerthal zu Jongelinus' Gunsten zurückgetreten (ADB). In Ungarn beauftragte der Kunstmäzen Ferenc Nádasdy Jongelinus mit der Erstellung eines Verzeichnisses aller ungarischen Palatine und Obersten Landesrichter, das 1659 unter dem Titel Catalogus Palatinorum [et] Iudicium Regni Hungariae erschien. Das Titelblatt nennt Jongelinus als „Regni Hungariae Historiographus“.

Jongelinus' bedeutendstes Werk sind die zehnbändigen Notitiae abbatiarum Ordinis Cisterciensis per orbem universum (Köln 1640), in dem er den Ursprung und die Entwicklung der einzelnen Zisterzienserklöster darstellt. Außerdem verfasste er ein Verzeichnis aller Zisterzienser (Purpura divi Bernardi...), die in den Kardinalsrang erhoben oder zum Papst gewählt wurden.

Aus Alters- und Krankheitsgründen in seine Geburtsstadt Antwerpen zurückgekehrt, starb Jongelinus dort 1669 und wurde in der Kirche des Peter-Pots-Klosters (St. Salvator) beigesetzt. Dort befindet sich auch sein marmornes Epitaph.

gge, Aug. 2012, rev. 2020

  1. Nomination zum Abt von Eußerthal durch Abt Claude Briffault in Morimond am 19. Juli 1642, Verzicht auf Disibodenberg am 20. Nov. 1643
  2. Vermutlich interessierte er sich für die nach dem Tod des Abtes Johann Greifenfels 1650 vakante (mährische) Abtei Welehrad, scheint aber auch Pläne gehabt zu haben, 1650/51 die Abtei Eußerthal wieder zu beziehen.

Werke:

Notitiae Abbatiarum Ordinis Cistertiensis per Orbem Universum, Libros X. Coloniae Agrippinae : Henning, 1640 · Origines ac Progressus Ordinis Cisterciensis Abbatiarum. o.O. 1641 · Origines et progressus abbatiarum ordinis Cisterciensis et equestrium militiarum de Calatrava, Alcantara, Avisy, Montesa, de Christo et SS. Mauritii et Lazarii, auctore Joncelino, Coloniae, 1641 · Purpura Divi Bernardi, Repraesentans Elogia et Insignia Gentilitia, tum Pontificum tum Cardinalium, nec non Archiepiscoporvm et Episcoporum qui Assumpti ex Ordine Cistertiensi in Sacra Romana Ecclesia floruerunt, Köln, 1644 · Catalogus Palatinorum [et] Iudicium ejusdem Regni, Frankfurt/M. 1659.

Literatur:

Franck, Jakob: Jongeling, Gaspar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 499–500. · Fazekas, István: Das Wirken katholischer Priester aus dem Alten Reich in der ungarischen Diözese Raab im 17. Jahrhundert. In: Bahlcke, Joachim et. al. (Hg.): Konfessionelle Pluralität als Herausforderung: Koexistenz und Konflikt in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Leipzig: Universitätsverlag, 2006, S. 489–505. · Dictionnaire des Auteurs Cisterciens. Rochefort, 1975–1977. · Académie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique: Biographie nationale. Bd 10. Bruxelles: Thiry, 1866–1938 · Seibrich, Wolfgang: Eußerthal von 1620-1650. Ein Beitrag zur frühen restaurativen Gegenreformation in der Pfalz, zugleich zur Politik Philipp Christophs von Sötern, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte: nebst Berichten zur kirchlichen Denkmalpflege 41 (1989), S. 107–133.

Normdaten:

GND: 124879632 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Jongelinus, Gaspar, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 27.12.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Jongelinus,_Gaspar

Vorlage:Page.name: JONGELINUS, Gaspar (c.1605–1669) – Biographia Cisterciensis