Matthäus von Königssaal

Matthäus von Königssaal

Matthäus Steynhuz von Königssaal

Matthäus de Steynhuz, Matthaeus de Aula Regia

Zisterzienser der Abtei Königsaal, Professor der Theologie in Prag und in der Abtei Altzelle, Konzilstheologe in Konstanz 1414–1418

* Geburt und Herkunft unbekannt
† 1427 Altzelle, bei Nossen, Sachsen

Matthäus, dessen Herkunftsort oder Familienname Steynhuz nur in einer einzigen Handschrift genannt wird, wurde um 1390 Zisterzienser in der Abtei Königsaal bei Prag. Seine Muttersprache war Deutsch; er selbst stellt einmal fest, dass er nicht Tschechisch verstand. Vermutlich wurde er in der Jugend zum Studium der Theologie nach Paris geschickt. 1404 finden wir ihn als Magister artium in Prag, wo er 1405/07 das Sentenzenbuch des Petrus Lombardus kommentierte. 1410 und 1411 ist Matthäus als Examinator an der theologischen Fakultät Prag belegt. Einer der Mitbachalare Matthäus’ war Johannes Hus, der ihn namentlich zur „Schlachtreihe der theologischen Fakultät, die sich gegen mich aufgestellt hat“ zählt. War der Streit zunächst ein rein akademischer, so entwickelte er sich bald zu einem explosiven Gemisch von Glaubenskampf, Kirchenpolitik und Nationalismus. Nach dem Erlass des Kuttenberger Dekrets durch König Wenzel IV. am 16. Januar 1409 verließen die meisten deutschen Studenten und Lehrer Prag und begannen mit dem Aufbau einer neuen Universität in Leipzig. 1411 folgten ihnen auch Matthäus und sein Kollege Vinzenz Gruner, Mönch der Abtei Altzelle in Sachsen-Meißen. 1420 verbrannten die Taboriten vier Königssaaler Mönche, brandschatzten das Kloster und plünderten es vollständig aus.

Während Vinzenz Gruner Rektor der Universität Leipzig wurde, übernahm Matthäus die theologische Ausbildung der jungen Mönche und Novizen in der Abtei Altzelle. Diese Tätigkeit wurde unterbrochen durch die Berufung als Konzilstheologe in Konstanz 1414 bis 1418. Die Zisterzienser waren auf diesem Konzil mit sechzehn Äbten und acht Theologiedoktoren stark vertreten. Als einzigem wurde Matthäus die Ehre zuteil, vor den versammelten Konzilsvätern am vierten Sonntag nach Trinitatis, dem 4. Juli 1417, predigen zu dürfen. Sehr deutlich sprach er dabei die Schäden der Kirche und die Notwendigkeit der Reform an Haupt und Gliedern an. Die Predigt endet mit einem Gebet an den Vater des Erbarmens und den Guten Hirten, er möge der Herde einen einzigen und von allen unwidersprochenen Hirten schenken. Am 20. Juli 1417 wurde als letzter der schismatischen Päpste Benedikt XIII. von Avignon abgesetzt und damit der Weg für die Wahl Martins V. am 11. November 1417 frei. Beim Prozess gegen seinen Prager Kollegen Jan Hus 1415 bedauert Matthäus die Tragik seines Schicksals, ist aber von der Rechtmäßigkeit seiner Verurteilung wegen der die Kirche zerstörenden „wyclifitischen Irrtümer“ überzeugt. Mit Interesse verfolgt Matthäus die am Rande des Konzils erfolgten Gespräche über eine Wiedervereinigung mit „den Griechen“. Leitlinien für eine Erneuerung des Petrusamtes sieht er in den Reformideen des Bernhard von Clairvaux in dem Buch De consideratione ad Eugenium Papam.

Die folgenden Jahre in Altzelle sind die schriftstellerisch und geistlich fruchtbarsten seines Lebens. Er überarbeitet noch einmal seine Prager Vorlesungen über das Evangelium des Matthäus und den Sentenzenkommentar. In drei „großen und goldenen Bänden“ verfasst er eine Erklärung der Psalmen 1–117. Sein originellstes Werk ist der Kommentar zu den Hymnen des Zisterzienserordens. Das 1514 angelegte Bücherverzeichnis von Altzelle nennt zehn umfangreiche Bände aus der Feder des doctor Matheus Ordinis Cisterciensis, die glücklicherweise nach der Aufhebung der Abtei 1545 mit dem Schatz von 550 anderen Handschriften in die Universitätsbibliothek Leipzig gekommen sind. Zum Jahr 1427 vermerken die Kleineren Annalen von Altzelle: „Es verstarb Bruder Matthäus, Lehrer der heiligen Theologie, hier im Kreuzgang vor der Bücherei begraben.“

Kassian Lauterer


Ausgaben:

Gedruckt liegt nur ein Exzerpt des Konstanzer Konzilssermos vor, bei J.D. Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, Florenz 1759–98, Band 28, S. 908 und bei H. Finke, Acta Concilii Constantiensis II, 1896, S. 497.

Bibliographie:

Kassian Lauterer: Matthäus von Königssaal, Leben und Werke. In: Cist. Chron. 71 (1964) S. 93-109, 73 (1966) S. 71–75, 74 (1967) S. 129–141, 170–180 · Ders.: Matthäus Steynhus von Königssaal (+1427) Mönch und Professor. In: Zisterzienserinnen und Zisterzienser, Lebensbilder aus dem Zisterzienserorden. Hrsg. Alberich Martin Altermatt, Freiburg, Schweiz, Kanisius, 1998, S. 87–99 · Ders.: Matthäus von Königssaal. In: Verfasserlexikon Band 6, Berlin 1986, S. 170–172 · NDB 16 (1990), S. 398.

Normdaten:

GND: 100953344 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Kassian Lauterer: Matthäus von Königssaal, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 2.10.2012, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Matth%C3%A4us_von_K%C3%B6nigssaal

Vorlage:Page.name: MATTHÄUS STEYNHUZ von Königssaal († 1427) – Biographia Cisterciensis