Merle, Vincent

Vincent de Paul Merle

Vincent de Paul Merle

Gründer des Klosters Petit Clairvaux in Kanada

* 29. Okt. 1768 Chalamont, Dép. Ain, Frankreich
01. Jan. 1853 Tracadie, Nova Scotia, Kanada

Vincent de Paul Merle, Taufname Jacques, wurde als Sohn des Arztes Charles Merle und seiner Frau in Louise Gagnon in Chalamont geboren. Er besuchte das Jesuitenkolleg in Lyon und trat in das von Augustin de Lestrange 1791 gegründete Exilkloster La Valsainte in der Schweiz ein. Da er den strengen Anforderungen gesundheitlich nicht gewachsen war, kehrte er nach sechs Monaten nach Frankreich zurück, wo er im Untergrund sein Theologiestudium fortsetzte. Am 7. April 1798 in Lyons heimlich zum Priester geweiht, war er bis zu seiner Verhaftung als Religionslehrer tätig, nach seiner Flucht 1799 als Rhetoriklehrer an französischen Seminaren. Im Januar 1804 trat er ein zweitesmal in Valsainte ein und legte am 13. Oktober 1805 die Profess ab.

Im folgenden Jahr gründete er mit zwei Mitbrüdern das auf Napoleons Wunsch hin für die französischen Truppen, die über die Alpen nach Italien zogen, eingerichtete Hospizkloster Montgenèvre, das er bis zur Aufhebung der Trappistenklöster 1811 leitete.

Nachdem die Trappisten in ganz Kontinentaleuropa erfolglos nach einem Ort gesucht hatten, an dem sie ihre Religion frei von Einschränkungen ausüben konnten, wandte sich Abt Lestrange u.a. nach Amerika. Im August 1812 trafen Vinzenz von Paul und zwei Mönche in Boston ein mit dem Auftrag, in der Nähe von Baltimore Pennsylvania, ein Kloster zu gründen; drei weitere Trappisten kamen im folgenden Jahr dazu. Sie rodeten das Land, bauten Blockhütten und pflanzten Getreide an. Im Sommer 1813 forderten die Sümpfe und die Insekten ihren Tribut; die Mönche erkrankten, drei starben. Abt Lestrange, der von Dezember 1813 bis November 1814 selbst in Amerika weilte, rief daher Vincent Merle und andere Trappisten zu sich nach New York, um einen erneuten Versuch der Niederlassung in der Neuen Welt zu unternehmen. Als er jedoch von der Abdankung Napoleons erfuhr, entschied er, nach Frankreich zurückzukehren. Er überließ Vinzenz von Paul und sechs anderen die Aufgabe, das Anwesen zu verkaufen, und segelte nach Frankreich.

Vinzenz von Paul und seine Gefährten verließen New York Mitte Mai 1815 und kamen fünfzehn Tage später in Halifaxder Provinz Nova Scotia in Kanada an. Mit Hilfe des Apostolischen Vikars Edmund Burke gelang es Merle, für sich und die anderen die Überfahrt nach England zu sichern. Zwei Tage musste die Gruppe auf günstige Winde warten, und Merle ging an Land, um zusätzlichen Proviant zu besorgen; als er zurückkehrte, war das Schiff abgesegelt. Von späteren Trappistenhistorikern wurde ihm vorgeworfen, er habe seine Passage absichtlich verpasst, weil er in der nordamerikanischen Missionen bleiben wollte, jedoch gibt es für diese Behauptung keine Belege.

Mit geringen Englischkenntnissen und noch geringeren Geldmitteln, begann Merle ein neues Leben als Priester in einem fremden Land. Mit Unterstützung des Bischofs von Quebec, Joseph-Octave Plessis (1763–1825), bereitete sich er sich auf die Missionierung des indianischen Volkes der Mi'kmaq vor, die er von einem noch zu gründenden autarken Trappistenkloster aus unternehmen sollte.

Plessis und Vinzenz von Paul waren übereingekommen, dass der Trappist den Winter bei *, verbringen würde, um Micmac zu lernen, während sie auf die Genehmigung von London und Lestrange warteten. Mignaults schlechter Gesundheitszustand hinderte Vinzenz von Paul daran, Halifax in diesem Winter zu verlassen, aber er verbrachte

Den Winter 1816/17 verbrachte er wahrscheinlich in der Mission des französischen Emigrantenpriesters Jean-Mandé Sigogne unter den Akadiern im Südwesten von Neuschottland, u.a. um die Sprache der Mi'kmaq zu lernen. Den größten Teil der Jahre 1815 bis 1817 war er jedoch in der Gegend von Halifax tätig, predigte, bereitete einen Priesteramtskandidaten vor und diente den Mi'kmaq dort und in Shubenacadie sowie den Akadiern in Chezzetcook. In Chezzetcook war er auch als Arzt tätig, wobei er vielleicht auf die medizinischen Kenntnisse zurückgriff, die er von seinem Vater erhalten hatte. Dort erwarb er auch 50 Morgen Land.

Nachdem 1817 die Genehmigung der britischen Regierung für seine Pläne noch nicht eingetroffen war, wies ihn Abt Lestrange an, ein Trappistenkloster zu gründen oder nach Frankreich zurückzukehren. Auf der Suche nach möglichen Standorten für ein Kloster unternahm Merle Reisen auf das nördliche Festland und erwarb schließlich Ende 1818 oder Anfang 1819 nach häufigen Konsultationen mit Bischof Plessis 300 Morgen Land in der Nähe von Tracadie, wo er das Kloster Petit Clairvaux gründete. Bischof Plessis bestellte ihn außerdem 1818 zum Pfarrer der drei Gemeinden Arichat, Bras d’Or, und Cape Breton, die jedoch verarmt waren, dass sie nicht einmal den jährlichen Zehnten zahlen konnten.

Trotz der geringen Subsistentzmittel – auch eine Sammelreise durch Niederkanada 1821 war erfolglos geblieben – setzte Merle eine Reihe von Projekten fort, die zum Teil nur entfernt mit dem Kloster in Verbindung standen. Während seines Aufenthalts in Montreal sorgte er dafür, dass die Kongregation von Notre Dame unentgletlich einige junge Novizinnen ausbildete, die dann in der Lage sein würden, Mädchen aus Neuschottland zu religiösen Berufen zu erziehen; drei Mädchen aus Pomquet und Tracadie reisten im Juli 1822 nach Montreal. Bis 1820 wurde ein Gebäude errichtet, das groß genug für zwölf bis fünfzehn Mönche war, 1821 wurde ein weiteres, an die Kirche in Tracadie angebautes Gebäude fertiggestellt, das als Kloster und Mädchenschule dienen sollte. Das Kloster wurde zwei Jahre später eröffnet, als die drei Mädchen zurückkehrten und ihre Gelübde als Trappistinnen ablegten. Merle hoffte auch, eine Schule für die Kinder von etwa dreißig farbigen Familien in einer Gemeinde in der Nähe des Klosters zu eröffnen, und hatte 50 Hektar Land für einen Lehrer zur Verfügung gestellt. Zusätzlich zu seinen Aufgaben als Gemeindepfarrer diente er als Missionar bei den Mi'kmaq auf dem Festland und auf Cape Breton Island. 1822 wurde er zum Generalvikar für die Inseln im Sankt-Lorenz-Golf ernannt, die zur Diözese Quebec gehörten, darunter damals auch Cape Breton.

Das größte Problem aber war der Mangel an Novizen. Die wenigen, die ins Kloster kamen, blieben nicht, seine Bitten an Frankreich blieben unbeantwortet. 1823 wies Lestrange Merle angesichts der prekären Lage in Nova Scotia an, sich einer Gruppe französischer Trappisten in Kentucky anzuschließen, was Merle aber nach Rücksprache mit Bischof Plessis ignorierte. Stattdessen reiste er im Oktober 1823 nach Frankreich, suchte sich dort Mitstreiter für Petit Clairvaux, und kehrte im Juni 1825 nach Neuschottland zurück.

In Frankreich hatte sich Merle nicht nur mit Lestrange und anderen Trappistenoberen beraten, sondern auch einen kurzen Bericht über seine Reisen durch die Vereinigten Staaten und Neuschottland geschrieben, in dem er seine Arbeit unter den Mi'kmaq hervorhob und den Bedarf an Priestern und Geldmitteln betonte. Ein kurzer Auszug aus diesem Werk wurde 1826 in den Annalen der Gesellschaft für die Verbreitung des Glaubens veröffentlicht, und die Gesellschaft gewährte ihm 1.500 Francs für seine Mission.

Die vier aus Frankreich mitgebrachten Neuzugänge (zwei weitere folgten später) gaben dem Kloster, das Merle Petit Clairvaux nannte, eine gewisse Stabilität. Jean-Baptiste Kaiser, genannt François-Xavier, der einzige Priester unter den Neuankömmlingen, übernahm die Verwaltung des Klosters, während Merle seine Aufgaben als Pfarrer und Missionar wieder aufnahm. Außerdem ließ er 1832 eine Schrotmühle errichten, die sowohl dem Kloster als auch den umliegenden Gemeinden dienen sollte.


Bei einer neuerlichen Europareise von 1836 bis 1838 unterstellte der Papst das Kloster mit 12 Mönchen, sowie das zugeordnete Frauenkloster mit 9 Nonnen, der Aufsicht des Ortsbischofs William Fraser (1779–1851), der Merle nach Kanada zurückrief. Dort angekommen, übergab er 1840 die Leitung des Trappistenklosters an Kaiser und zog sich in das Trappistinnenkloster zurück. Seine fortdauernden Bemühungen um die Stabilisierung von Petit Clairvaux waren erst postum erfolgreich, als 1858 Mönche der Abtei Sankt Sixtus in Belgien zur erfolgreichen Verstärkung nach Kanada kamen.

gge, März 2019


Daten:

Sac.: 7. April 1798; Prof.: 13. Okt. 1805.

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Zitierempfehlung: Merle, Vincent, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 1.02.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Merle,_Vincent

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