Mirl, Johannes

Johannes Mirl

Johannes Mirl

41. Abt des Zisterzienserstiftes Lilienfeld 1556–1560

† 23. Aug. 1569

Johannes Mirl (Mürle) war 1556 Prior und wurde bald nach dem Tod seines Vorgängers Georg Reichard († 26. Sep. 1556) zum Abt des Zisterzienserstiftes Lilienfeld gewählt.

Da das Wahlrecht des Konventes bei der Wahl Reichards von der Wahlkommission stark eingeschränkt und dem Konvent ein Abt aus einem anderen Kloster aufgenötigt worden war, hatten die Lilienfelder Konventualen diesmal den Tod des Abtes Georg nicht gemeldet und den Abt von Rein als Vaterabt nicht eingeladen, sondern sich eigenmächtig in der Sakristei versammelt und den Prior Johannes Mirl zum Abt gewählt.

Der Neugewählte begab sich daraufhin zu Abt Martin Duelacher nach Rein, legte ihm ein Beglaubigungsschreiben des Konvents vor und setzte den Vaterabt so vor vollendete Tatsachen. Abt Martin rügte zwar die Missachtung seiner Rechte, bestätigte aber wegen der Einstimmigkeit der Wahl Abt Johannes als rechtmäßig gewählt. Auch die staatliche Behörde rügte das Vorgehen bei der Wahl in Lilienfeld mit Schreiben vom 20. Oktober 1556; dem Konvent wurde eine Wiederholung dieser Vorgangsweise verboten, der Abt jedoch sollte im Amt verbleiben.

In diesen Jahren war der bauliche Zustand der Stiftsgebäude äußerst schlecht. Zugleich wurde der Kremserhof für Kriegssteuern verpfändet und der Hof in Klosterneuburg 1559 an Abt Nikolaus Ekhart von Baumgartenberg und das Freihaus in Wiener Neustadt 1560 an einen Leopold Peuntner verkauft, um den ständigen Geldforderungen des Kaisers entsprechen zu können. Abt Johannes assistierte am 24. Februar 1559 bei der Wahl des Abtes Johannes Helmstorffer im Neukloster in Wiener Neustadt.

Da er zum protestantischen Bekenntnis übergetreten war (und später eine Frau namens Judith heiratete), resignierte Abt Johannes am 8. Dezember 1560 während eines Krankenhausaufenthaltes in Wien und unterrichtete Abt Ulrich Müller von Heiligenkreuz davon. Zugleich schlug er als seinen Nachfolger den Pfarrer von Türnitz, Matthäus Schreiner, vor. Der schloss nach seiner tatsächlich erfolgten Wahl einen Pensionsvertrag mit Abt Mirl ab, der noch bis 1561 im Kloster lebte. 1568 beklagte Abt Georg Premberger den Schaden für das Stift durch die Heirat Mirls und Verschleppung zahlreicher Bücher und Kunstwerte durch Mirl.

Mirl war später protestantischer Pastor in Neustadl an der Donau und in Dürnholz. Nach seinem Tod am 23. August 1569[1] machte die Witwe Judith noch lange Unterhaltsansprüche gegenüber Lilienfeld geltend. Zugleich waren Bruder und Verwandte Mirls in wichtigen Klosterämtern tätig, die sie allerdings nicht zum Vorteil des Stiftes verwalteten. Abt Georg Freyseisen von Rein berichtet 1579, dass der gesamte unter Johannes Mirl lebende Konvent protestantisch geworden sei und das Kloster verlassen habe.

gge, Nov. 2020

  1. Nicht, wie noch Tobner angibt, am 27. September 1561 in Wien.

Daten:

Abbas: el. Sep./Okt. 1556, res. 8. Dez. 1560.

Literatur:

Tobner, Paul: Das Stift Lilienfeld 1202–1902. Zur Erinnerung an die Feier des 700jährigen Jubiläums dieses Cistercienserstiftes. Wien, 1902, S. 213ff. · Müller, Eugen: Professbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige. Ergänzungsband. Nr. 38). St. Ottilien: EOS, 1996, ISBN 3-88096-628-1, S. 167f. · Ders.: Stift Lilienfeld nach der Reformation, in: Cistercienser Chronik 89 (1982), S. 1–44.

Zitierempfehlung: Mirl, Johannes, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 14.11.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Mirl,_Johannes

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