Müller, Johann

Johann Müller

Johann Müller

Abt der Zisterzienserabtei Wettingen 1486–1521

* 27. Dez. 1448[1] Baden(?)
† 20. Feb. 1521 Wettingen

Johannes [Evangelist] Müller stammte aus einem Badener Schultheißengeschlecht und wurde 1448 als Sohn des Badener Ratsherrn Heinrich Müller und der Katharina Bick geboren. Von seinen Vorfahren waren Johann Müller von 1406 bis 1410 und sein Großvater Rudolf Müller von 1445 bis 1452 Schultheißen zu Baden; von seinen Geschwistern Friedrich, Heinrich, Johann, Margaretha und Anna wählte Friedrich ebenfalls den Priesterstand und wurde Kaplan in Baden. Ein Vetter, Ulrich Blum, war Leutpriester in Rohrdorf.

An seinem Namenstag, dem 27. Dezember 1463, erhielt der 15-jährige Johann Müller in der Zisterzienserabtei Wettingen von Abt Albrecht Haas das Ordenskleid, und legte nach nur halbjährigem Noviziat am Fest Christi Himmelfahrt, dem 10. Mai 1464, die Ordensgelübde ab. Nach neunjährigem Studium feierte er am Sonntag Cantate, dem 16. Mai 1473, seine Primiz.

In den Jahren 1478 und 1479 war er Großkellner (Cellerar), 1484 bis 1486 Schaffner im Wettingerhaus in Zürich, wo er, wie seine erhalten gebliebenen Rechnungsbücher zeigen, eine genaue Haushaltung führte. Von dieser Position weg wurde er am 5. Mai 1486, 38 Jahre alt, unter dem Vorsitz des Salemer Vaterabtes Johann Stantenat zum Abt gewählt – „divina gratia ordinante et non meis mentis", wie er selber schreibt. Zeuge war Abt Ludwig Jäger von Lützel. Am 14. September 1486 wurde er vom Generalkapitel, an dem er wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte, bestätigt.[2] Die feierliche Benediktion erhielt er am 22. Oktober d. J. in Konstanz durch Fürstbischof Otto von Sonnenberg unter Assistenz des Weihbischofs Daniel Zehender OFM sowie der Äbte von Salem und Petershausen.

Um die Ordnung des Klosterarchivs und die Bereinigung der Rechte und Güter des Klosters hat sich Abt Johann Müller sehr verdient gemacht. Schon als Großkellner schrieb er 1479 auf Abt Albrechts Wunsch ein Rödel (Rotulus) aller Stifts-, Zins- und Pachtbriefe („Kurtzer begriff der Freyheit- und Gerechtigkeiten des Gottshauses“, später genannt „Abt Hansen Rödelin“). Es ist abgedruckt im „Archiv des hochloblichen Gottshauses Wettingen“ von Ulrich Meyer und Joseph Meglinger (S. 99–102). Als Abt ließ er durch den Notar Petrus Numagen aus Trier ein Kopialbuch (Diplomatarium) mit den wichtigsten Urkunden des Klosters anlegen, das sich heute im Staatsarchiv Aarau befindet. Die Vorrede dazu, teilweise abgedruckt im „Archiv“, ist wohl von ihm selbst.

Während Abt Johanns Regierungszeit brannten am 11. April 1507 Kloster und Kirche durch Verschulden des späteren Abtes Johann Schnewly größtenteils ab. Am 27. Dezember 1513 feierte Abt Johann in der noch nicht ganz wiederhergestellten Klosterkirche den 50. Jahrestag seiner Einkleidung und den 40. seiner Primiz. Am 29. April 1517 wurde die wiederaufgebaute Kirche durch den päpstlichen Nuntius Ennio Filonardi, den späteren Kardinal, geweiht, der dabei auch zehn Altäre konsekrierte. Wegen des durch die Feuersbrunst an der Kirche entstandenen Schadens übertrug Papst Leo X. am 30. August 1519 wieder die Kollatur (das Patronatsrecht) der Stadtkirche Baden von der Stadt an das Kloster. Seit 1515 aufgetretene Zwistigkeiten zwischen Abt und Konvent gipfelten darin, dass der Konvent 1520 die Tagsatzung aufforderte, den Abt von Salem zu bestellen, damit er einen neuen Abt einsetze, da Johann Müller alt und kindisch geworden sei.

Abt Johannes Müller regierte 34 Jahre, 9 Monate und 15 Tage. Er starb als Professjubilar am 20. Februar 1521. Er war der letzte Abt, der im Kapitelhaus beigesetzt wurde. Zu seinem Nachfolger wurde der Großkellner Andreas Wengi gewählt. Der Konvent, der bei Johann Müllers Regierungsantritt aus 32 Mitgliedern bestanden hatte, zählte bei seinem Tod, der mitten in den Religionswirren der Reformation erfolgte, noch 22 Mitglieder, was aber im Vergleich mit den andern Schweizer Klöstern noch viele waren, besonders wenn man bedenkt, dass das Zentrum der antikatholischen Bewegung in nächster Nähe (Zürich) lag (Willi).

gge, April 2020

  1. Datumsangabe nach dem Historischen Lexikon der Schweiz. Dominikus Willi sagt im Album Wettingense, er wäre im Januar 1448 geboren; in der Geschichte von Wettingen-Mehrerau gibt er den 27. November als wahrscheinliches Geburtsdatum an.
  2. Dominikus Willi schreibt in seiner Geschichte des Klosters Wettingen-Mehrerau irrtümlich, er habe daran teilgenommen.

Daten:

Vest.: 27. Dez. 1463; Prof.: 10. Mai 1464; Prim.: 16. Mai 1473; Abbas: el. 5. Mai 1486, ben. 22. Okt. 1486.

Werke:

Kurtzer begriff der Freyheit- und Gerechtigkeiten des Gottshauses, in: Joseph Meglinger: Archiv des hochloblichen Gottshauses Wettingen, S. 99–102.

Literatur:

Willi, Dominikus: Album Wettingense: Verzeichnis der Mitglieder des exemten und konsistorialen Cistercienser-Stiftes B.V.M. de Marisstella zu Wettingen-Mehrerau 1227–1904. Limburg: Kommissions-Verlag der Limburger Volksdruckerei, 1904, 2., verbesserte Auflage, Nr. 422 · Ders.: Zur Geschichte des Klosters Wettingen-Mehrerau, in: Cistercienser Chronik 14 (1902), S. 1–9, 34–40, 65–73, 97–111, 144–155, 175–185, 210–218, 241–248 (hier: S. 68–70) · Helvetia Sacra III/3, 460 f.

Zitierempfehlung: Müller, Johann, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 16.04.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/M%C3%BCller,_Johann

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