Nohr, Joachim

Joachim Nohr

Joachim Nohr

Abt der Zisterzienserabtei Reifenstein 1639–1671

† 1670/71

Joachim Nohr, genannt Bartolomäus oder Bartholomäi, wurde am 14. November 1639 zum Abt der Zisterzienserabtei Reifenstein im Eichsfeld gewählt. Wegen der Kriegszeiten (Dreißigjähriger Krieg) hatte der Kurfürst von Mainz als Landesherr nach dem Tod des Abtes Philipp Busse († 20. Sep. 1639) am 26. Oktober 1639 eine zügige Neuwahl angeordnet. Prior war zu dieser Zeit P. Joh. Peter Hueck.

Die Bestätigung des neugewählten Abtes zog sich wegen Differenzen mit den Ordensoberen mehrere Jahre hin. Unter anderem wollte sich der Generalvikar die Erteilung der Benediktion vorbehalten. Eine spätere Bitte des Abtes, sich diese in Hildesheim geben zu lassen, lehnte der Kurfürst ab, weil er der Meinung war, die Zisterzienser trachteten danach, sich überall seiner Jurisdiktion zu entziehen. Später gestattete er es, knüpfte daran aber gewisse schriftliche Anerkenntnisse, die im Einzelnen nicht überliefert sind, wohl aber die Anerkennung der kurfürstlichen Oberhoheit betrafen. Nur ungern und erst nach Androhung von Zensuren unterwarf sich Abt Joachim und unterzeichnete am 23. August 1660 das Papier, woraufhin ihn der Kurfürst mit Datum 30. September 1660 bestätigte. Die Benediktion erfolgte schließlich am 11. Oktober durch den Weihbischof von Hildesheim in Reifenstein. Überschattet wurde die Festfreude durch den plötzlichen Tod des erzbischöflichen Kommissars Jagemann, der vor Beginn der Feierlichkeiten einen Schlag erlitt und verstarb.

Das erste Jahrzehnt von Abt Joachims Amtszeit fiel in die letzten Jahre des Dreißigjährigen Krieges, die dem schon während der Amtszeit des Abtes Philipp Busse sehr mitgenommenen Land weitere drückende Lasten aufbürdeten. Erneut, wohl 1640, wurden die Mönche von den Schweden unter General Königsmarck aus dem Kloster vertrieben, konnten 1641 aber unter dem Schutz kaiserlicher Truppen zurückkehren. In seiner Not musste der Abt von einem Herrn Johann von Zwehl Feldfrüchte und Geld leihen, wofür ihm Abt Joachim 1643 einen von der Gemeinde Westhausen ausgestellten Schuldschein abtrat. Auch noch nach dem Westfälischen Frieden 1648 bekam das Kloster eine Einquartierung hessischer Soldaten unter dem Kommando eines Fähnrichs, die bis zum Herbst 1650 blieben und vom Land unterhalten werden mussten.

Mit der Stadt Mühlhausen geriet Abt Joachim 1648 in einen Streit, weil diese entgegen dem Vertrag vom 12. November 1290 den klösterlichen Freihof daselbst und die Meierei in Ammern zu Kontributionen heranzog und dem Kloster gehörendes Vieh pfändete, als der Abt sich weigerte den Forderungen nachzukommen. Auch die Klöster Anrode und Zella wurden in den Streit hineingezogen. Nachdem sich der Kurfürst am 31. Dezember 1648 vergeblich für die Klöster eingesetzt hatte, wurde die Sache vor den Kaiser getragen. Dieser, Ferdinand II., sprach am 6. August 1649 ein Machtwort zugunsten des Klosters, dem sich der Rat der Stadt nach anfänglichen Protesten schließlich beugte. 1653 gab die Stadt dem Kloster ein gepfändetes Pferd zurück.

Mit der kurfürstlichen Regierung kam am 31. Januar 1659 eine Vereinbarung über die Wüstung Kirrode zustande, ein 1428 zerstörtes, danach aber wohl wieder aufgerichtetes und im Bauernkrieg erneut eingeäschertes Dorf, dessen Gerichtsbarkeit an die kurfürstliche Regierung gekommen war. Danach blieb zwar die Gerichtsbarkeit beim Amt Scharfenstein, die Vereidigung des Schulzen und der vier Steinsetzer (Feldgeschworene) sowie die Bestrafung der Feldfrevel wurden jedoch dem Kloster zugestanden. 1667 beschwerte sich Abt Joachim beim Kurfürsten über den Vogt von Scharfenstein, weil dieser die Einwohner der drei Klosterdörfer zu Frondiensten zwang, und erreichte eine Entscheidung vom 28. Januar 1668, nach der die Einwohner nur zu den für das ganze Land angeordneten Diensten herangezogen werden durften.

Unbeanstandet waren die Reifensteiner Äbte an den Äbtissinnenwahlen und Visitationen der Nonnenklöster Teistungenburg, Anrode und Beuren beteiligt gewesen, bis Kurfürst Johann Philipp von Schönborn ihnen dieses Recht verweigerte, um seine eigenen Befugnisse zu erweitern. Als sich Abt Joachim dagegen wehrte, gestand ihm der Kurfürst am 26. November 1662 das Recht wieder zu, jedoch nur für seine Person und ohne Verbindlichkeit für die Zukunft. Außerdem verlangte er, dass ihm die jährlichen Abrechnungen vorgelegt würden, wie es auch seine Vorgänger schon getan hatten.

Über die wirtschaftliche Tätigkeit des Klosters Reifenstein zu Abt Joachims Regierungszeit geben u.a. die Abrechnungen über die Löhne der Angestellten Auskunft. Bezahlt wurden u.a. Wagenführer, Kuh- und Schweinehirten, Bäcker, Brauer und Koch, ein Pförtner und ein Schreiber. Die Fischzucht deckte nicht nur den eigenen Bedarf, sondern lieferte auch Überschuss zum Verkauf. Auch Salpeter wurde zeitweilig auf dem Klostergelände abgebaut. Trotz seiner noch immer bedrängten wirtschaftlichen Lage leistete das Kloster Beiträge zu Kirchenbauten in der Umgebung, z.B. 1655 in Adersleben im Fürstentum Schwarzburg (lutherisch), 1665 in Thalwenden und 1688 in Nimbach.

Abt Joachim beteiligte sich 1655 an der Wallfahrt nach Breitenholz, 1658 an der Wallfahrt nach Schachtebich. Über seinen Tod ist nichts bekannt; er wird Ende 1670 oder Anfang 1671 eingetreten sein. Sein Nachfolger wurde 1671 Benedikt Henrici.

gge, März 2021


Daten:

Abbass: el. 14. Nov. 1639, ben. 11. Okt. 1660.

Literatur:

Knieb, Philipp: Zur Geschichte des ehemaligen Zisterzienser- Klosters Reifenstein, in: Unser Eichsfeld 9, Heiligenstadt 1914, S. 8–26, 103–119, 191–245.

Zitierempfehlung: Nohr, Joachim, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 1.04.2021, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Nohr,_Joachim

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