Reiß, Laurentius

Laurentius Reiß

Laurentius Reiß

Abt der Stifte Kleinmariazell 1584–1578 und Lilienfeld 1578–1601

† 24. Nov. 1601

Laurentius Reiß aus Patschkau [Paczków] in Schlesien wurde 1575 als Novize im Benediktinerstift Melk eingekleidet, wo er am 14. Dezember 1578 die Profess ablegte. Im selben Jahr wurde er in Passau zum Priester geweiht. Bald wurde er Kellermeister und Kastner und noch vor 1582 Prior in Melk; 1582 war er Pfarrer in Grillenberg, seit April 1583 wieder Prior im Stift. Am 24. Februar 1584 hatte er die höheren Ortes befürwortete Postulation zum Abt von Mariazell angenommen, wo er am 11. April installiert und am 27. April von Melchior Khlesl bestätigt wurde.

In Mariazell blieb er jedoch nicht lange, denn schon am 24. Juni 1587 wurde er auf Druck des Erzherzogs Ernst, Statthalter von Niederösterreich, als Abt in die Zisterzienserabtei Lilienfeld postuliert, deren Abt Georg Premberger am 7. Januar d.J. verstorben war. Erfolglos hatte nach dem Tod des Abtes Premberger der Prior Daniel Übell mit Hilfe des als Visitator zuständigen Abtes Georg Freyseisen von Rein versucht, einen Abt aus dem Konvent von Lilienfeld zu erlangen, der damals sechs geeignete Priestermönche umfasste. Landesfürst Erzherzog Ernst setzte sich durch, trotz heftiger Einwände Freyseisens, der sogar die Exkommunikation des ordensfremden Kandidaten androhte. Die Einsetzung des aufgedrungenen Abtes erfolgte daher am 24. Juni 1587 durch Abt Johann Rueff[1] von Heiligenkreuz, der Abt Laurentius im Auftrag des Klosterrats auch am 1. Februar 1588 in Heiligenkreuz benedizierte, da Abt Freyseisen wegen dringender Regierungsgeschäfte verhindert war.

Später besserte sich das Verhältnis zwischen Abt Laurentius und dem Visitator Freyseisen etwas. Nachdem klargestellt worden war, dass Freyseisens Ablehnung nur grundsätzliche ordensrechtliche Erwägungen und keine persönliche Ablehnung des Kandidaten zugrundegelegen hatten, unterwarf sich Abt Laurenz am 7. September 1589 dem Visitator, woraufhin Freyseisen am 21. September 1589 die Bestätigungsurkunde ausstellte. Am 4. Juli 1593 beauftragte Freyseisen Abt Laurentius statt seiner die Abtwahl in Neukloster zu leiten.

Clemens VIII. bestätigte am 10. Oktober 1594 erneut die Exemtion Lilienfelds von Heiligenkreuz. Generalabt Edmund a Cruce (Edmond de La Croix) bestätigte von Wien aus am 28. August 1595 Abt Laurentius in seinem Amt und nahm am 1. September die Visitation in Lilienfeld vor. Von Säusenstein aus befreite er am 4. September desselben Jahres das Stift Lilienfeld für die Lebenszeit des Abtes Laurentius von Visitationen durch die Äbte von Rein wegen guter Diziplin in Lilienfeld. Hauptgrund war jedoch das ungünstige Verhältnis zu Abt Georg Freyseisen von Rein und das Bestreben des Generalabtes, Lilienfeld wieder der österreichischen Ordensprovinz einzugliedern.[2]

In Abt Laurentius’ Amtszeit fiel die Bauernbelagerung in Lilienfeld vom 15. März bis zum 30. April 1597. Etwa 4000 aufständische Bauern lagerten im Ort und konnten durch eine List auch in das Stift eindringen. Da der Abt abwesend war, verordneten die Behörden eine Administration unter der Leitung des Priors Michael Forster. Wegen einer unklugen Äußerung durch Abt Laurentius, in einem Brief von Wien aus, er werde den Rebellischen bei weiterem Ungehorsam Nase und Ohren abschneiden lassen, verhielten sich die Bauern unnachgiebig und nahmen den Hofrichter Georg Lohner zusammen mit dem Portenwirt fest. Nach längerem klugen Verhandeln gaben die Belagerer aber nach (Müller).

Abt Laurentius wurde 1592 Ständeverordneter und mit Patent vom 3. Juni 1599 mit seinem Bruder Johann in den Adelsstand des deutschen Reiches und der österreichischen Erbländer erhoben. Am 1. Oktober 1599 ernannte ihn Erzherzog Matthias zum erzherzoglichen geheimen Rat. Da die aufständischen Bauern viele Kirchen und Friedhöfe entweiht hatten, erhielt Abt Laurenz am 27. November 1598 von Generalabt Edmond de La Croix für fünf Jahre die Weihevollmacht für Kirchen, Altäre und Friedhöfe und am 20. Mai 1600 wegen andauernder Vakanz des Wiener Bischofstuhls vom apostolischen Nuntius Filippo Spinelli die Erlaubnis, Stiftsprofessen von jedem Bischof seiner Wahl weihen zu lassen. Der Konvent von Lilienfeld zählte um 1600 nur vier Patres mit Priesterweihe. Der Prior Georg Biermann wurde 1599 als Administrator nach Baumgartenberg berufen und 1603 dort Abt.

Laurentius Reiß starb am 24. November 1601. Sein Grabstein befindet sich vor den Persbyteriumsstufen der Stiftskirche, sein Denkmal am nordöstlichen Vierungspfeiler. Sein Nachfolger wurde mit Petrus Rauch wiederum ein Stiftsfremder.

gge, Nov. 2020

  1. Auch Abt Rueff war ein ehemaliger Benediktiner aus der Abtei Melk. Die Versetzung ordensfremder Äbte in andere Klöster durch die staatliche Behörde war damals nicht unüblich.
  2. Rein gehörte zur steirischen Provinz. Entgegen dieser Visitationsbefreiung nahm Abt Ulrich Hackel von Zwettl als Generalvikar am 19. Juli 1597 eine Visitation in Lilienfeld vor.

Daten:

Abbas: el. 24. Juni 1587, ben. 1. Feb. 1588.

Literatur:

Tobner, Paul: Das Stift Lilienfeld 1202–1902. Zur Erinnerung an die Feier des 700jährigen Jubiläums dieses Cistercienserstiftes. Wien, 1902, S. 230ff. · Müller, Eugen: Professbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige. Ergänzungsband. Nr. 38). St. Ottilien: EOS, 1996, ISBN 3-88096-628-1, S. 177f. · Ders.: Stift Lilienfeld nach der Reformation, in: Cistercienser Chronik 89 (1982), S. 1–44, hier: 32 ff.

Zitierempfehlung: Reiß, Laurentius, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 9.11.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Rei%C3%9F,_Laurentius

Vorlage:Page.name: REISS, Laurentius OCist – Biographia Cisterciensis