Rösler, Anastasia

Anastasia Rösler
Ölporträt von Philipp Leubner

Anastasia Rösler

42. Äbtissin der Abtei St. Marienthal in Ostritz 1764–1784

* 1719/20 Eger [Cheb]
† 6. April 1784 Ostritz

Anastasia Rösler (Röslerin), Taufname Ursula, war väterlicherseits eine Großnichte der Äbtissin Klara Mühlwenzel und stammte wie diese aus Eger. Schon als Kind lebte sie in Marienthal, wo sie unter der persönlichen Aufsicht ihrer Tante sorgfältig erzogen wurde. Ihr Bruder Johann Rösler (Rößler) wurde Mitglied der Gesellschaft Jesu (Jesuiten) und war Pfarrer in Bransdorf (Brantice) in Mährisch Schlesien.

1738 unter der Äbtissin Theresia Senfftleben als Chornovizin Maria Anastasia in das Kloster aufgenommen, legte sie im folgenden Jahr die Profess ab, wurde Leiterin der Klostermusik und unter ihrer Vorgängerin Scholastika Walde zugleich Novizenmeisterin und als solche am 7. August 1764 in Gegenwart der Äbte Gabriel Dubau von Neuzelle und Kajetan Březina von Ossegg zur Äbtissin gewählt. Mit Datum Dresden 7. Oktober 1764 wurde sie von Prinz Xaver von Polen–Sachsen namens und in Vormundschaft seines Vetters, des Kurfürsten Friedrich August II. von Sachsen, bestätigt. Installiert und benediziert wurde sie im folgenden Jahr, am 15. September 1765, durch den Visitator und Generalvikar der böhmischen Ordensprovinz, Abt Fortunat Hartmann von Plass.[1]

Die mit dem Friedensvertrag von Hubertusburg 1763 nach den Schlesischen Kriegen eingetretene Friedenszeit[2] ermöglichte ihr ein ruhigeres Wirtschaften. So sah sie sich imstande, 1767 ein Bauerngut in Schlegel für 4000 Taler[3] und 1769 vom Klostervogt Karl Friedrich Traugott von Ziegler und Klipphausen einen Wald bei Küpper für 7000 Taler käuflich zu erwerben, den sie mit dem von ihrer Vorgängerin Scholastika Walde erworbenen Rittergut Niederleuba vereinigte.

Auch entstanden unter ihrer Leitung weitere Neubauten, u.a. 1769 der große neue Kuhstall (das heutige Celsa-Pia-Haus mit dem Speisesaal und Seminarraum) und 1770 das zum Marienthaler Vorwerk gehörende sog. Gesindehaus. Das am Eingang neben dem ersten Tor zum Klosterhof gelegene Gästehaus (heute Gästehaus St. Hedwig) ließ Äbtissin Anastasia – um seine offizielle Funktion zu unterstreichen – in die Nähe von Propstei und Abtei setzen und mit repräsentativer Fassadenmalerei schmücken (1771, ihre Wappenkartusche an der Südfassade). Nach den Missernten der Jahre 1770 und 1771 fanden die Baumaßnahmen im Klosterhof jedoch zunächst ihr Ende. Oberhalb des direkten Klosterareals in der Nähe der Straße wurde eine Schäferei eingerichtet, mit deren Bau Anastasia Rösler der von staatlicher Seite besonders gewünschten Schafzucht entgegen- bzw. zuvorkam. Auch im Patronat Reichenau (Bogatynia) ist ihre Bautätigkeit nachweisbar.

Ferner kümmerte sie sich ausdrücklich um die würdige Ausschmückung des Gottesdienstes. Nicht nur im eigenen Haus richtete sie Altäre ein, sondern steuerte etwa zum Kirchenbau im Patronat Königshain (Działoszyn) einen Altar bei (Weihe am 23. Juli 1769 durch Weihbischof Andreas Kayser aus Prag). Wie weit das gesamte Chorgestühl der Nonnenempore auf sie zurückgeht, ist nicht sicher, aber zu seiner Verschönerung trug sie mit einer Bildfolge aus dem Leben der Ordensheiligen bei. Die Vorlage zu den Bildern lieferten die Kupferstiche der anlässlich des 600jährigen Ordensjubiläums 1698 von dem gelehrten Ossegger Mönch Augustinus Sartorius verfassten Ordensgeschichte samt aller ihm damals bekannten bestehenden und nicht mehr bestehenden Zisterzienserklöster (Cistercium Bis-Tertium), dessen deutsche Übersetzung 1708 in Prag erschienen war.

Tiefgreifende Veränderungen in den kirchlichen Strukturen gab es 1783 in den Ortschaften Ostritz, Grunau (Krzewina), Königshain (Działozyn) und Seitendorf (Zatonie), die dem Kloster als Patronate direkt unterstanden. Sie wurden von der Diözese Prag getrennt und der Jurisdiktion des Bautzener Domdechanten Bischof Johann Joseph Schüller von Ehrenthal unterstellt, der sie am 14. Oktober 1783 übernahm und noch im selben Monat visitierte. Damit waren diese Pfarreien dem Zugriff des Josephinismus entzogen, dem u. a. 1782 die mährische Frauenabtei Himmelpforten (Porta Coeli/Tišnov) bei Brünn zum Opfer gefallen war (1901 von Marienthal aus wiederbegründet).

Äbtissin Anastasia starb am 6. April 1784 (Dienstag der Karwoche) im Alter von 64 Jahren. Die Leichenfeierlichkeiten konnten wegen der Karwoche und der Osterfeiertage erst am 20. April gehalten werden. Der Reichenauer Chronist bemerkt zu ihrem Tod: „Am Charfreitag geschah die Ankündigung ihres Todes in unserer Kirche, wobei noch überdies eine Ermahnung an die Anwesenden erfolgte, dieser Vollendeten nachzufolgen, weil sie eine gnädige Domina gewesen und Gott zu bitten, wiederum eine treue Regentin zu geben“. Dieser fromme Wunsch ging in der Person der Äbtissin Theresia von Hřzan und Harras, der Schwester des Kardinals Herzan von Harras, in Erfüllung.

gge, Jan. 2021

  1. Die Predigt hielt der Bautzener Domherr Bernard Augustin Pfaltz. Sie erschien auch im Druck: Die Fruchtbringende Rose an den Wasser-Bächen, (bey mir am Neiß-Fluße in St. Marienthal,) mit ihren süßen Tugend-Geruch gepflantzet, Sir. am 39. v. 17. : Das ist: Die Hochwürdige, Hoch-Edle, in Gott Geistliche Frau, Frau Anastasia Roeslerin …, ([S.l.], 1765 Digitalisat).
  2. Die Unruhen des bayrischen Erbfolgekrieges 1778 und 1779 dauerten nur kurze Zeit und waren bedeutend weniger unheilbringend als die Schlesischen Kriege mit ihren Truppendurchzügen.
  3. Das Gut wurde am 31. März 1783, also noch während ihrer Regierungszeit für denselben Preis an Johann Michael Mönch aus Radgendorf wieder verkauft.

Daten:

Prof.: 1739; Abbatissa: el. 7. Aug. 1764, ben. 15. Sep. 1765.

Literatur:

Schönfelder, Joseph Bernhard: Urkundliche Geschichte des Königlichen Jungfrauenstifts und Klosters St. Marienthal, Cistercienser-Ordens, in der Königlichen Sächsischen Oberlausitz. Zittau: Schöps, 1834, S. 192–195 · Zeletzki, Hildegard: Äbtissinnen Klara Mühlwenzel und Anastasia Rösler: Leibliche Tante und Nichte – Geistliche Mutter und Tochter, in: Ora et labora. Informationsblatt der Freunde der Abtei St. Marienthal 44, Weihnachten 2011, S. 9–11.

Zitierempfehlung: Rösler, Anastasia, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 6.01.2021, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/R%C3%B6sler,_Anastasia

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