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Gangolf Scheidinger stammte wahrscheinlich aus Vogelsberg in Thüringen („thuringus voilsbergensis“). Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt, dürfte aber um das Jahr 1560 anzusetzen sein. Um 1580 trat er in die Zisterzienserabtei [[Hohenfurt]] in Böhmen ein, wo er am 11. Oktober 1582 die Profess ablegte. 1585/86 wurde er vom Passauer Weihbischof Hektor Wegmann zum Subdiakon und Diakon geweiht.
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Gangolf Scheidinger stammte wahrscheinlich aus Vogelsberg in Thüringen („thuringus voilsbergensis“). Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt, dürfte aber um das Jahr 1560 anzusetzen sein. Um 1580 trat er in die Zisterzienserabtei [[Hohenfurt]] in Böhmen ein, wo er am 11. Oktober 1582 (zugleich mit seinem Vorgänger [[Fabrizius, Michael|Michael Fabrizius]]) die Profess ablegte. 1585/86 wurde er vom Passauer Weihbischof Hektor Wegmann zum Subdiakon und Diakon geweiht.
  
 
1586 von seinem Abt [[Taxer, Georg|Georg Taxer]] für drei Jahre zur Unterstützung der Reform nach [[Kaisheim]] geschickt, hielt er sich dort nur wenige Tage auf und kam über [[Schöntal]] 1587 nach [[Bronnbach]] im Taubertal, wo er den um den reformfreudigen Abt [[Mayer, Wigand|Wigand Mayer]] gesammelten Konvent verstärkte. Im Gepäck hatte er eine umfangreiche Handschrift der Statuten und päpstlichen Privilegien des Zisterzienserordens, die er in Bronnbach fortführte und 1588 um die 1580 unter [[La Croix, Edmond|Edmond de la Croix]] verabschiedeten Reformstatuten für die polnischen Klöster erweiterte.<ref>Die Handschrift befindet sich heute in der ''Médiathèque Municipale de Cambrai'', Ms. A 1223. Unklar ist, wie sie dorthin gelangte.</ref> Nach eineinhalb Jahren in Bronnbach wurde er am 21. Mai 1589 in Würzburg zum Priester geweiht
 
1586 von seinem Abt [[Taxer, Georg|Georg Taxer]] für drei Jahre zur Unterstützung der Reform nach [[Kaisheim]] geschickt, hielt er sich dort nur wenige Tage auf und kam über [[Schöntal]] 1587 nach [[Bronnbach]] im Taubertal, wo er den um den reformfreudigen Abt [[Mayer, Wigand|Wigand Mayer]] gesammelten Konvent verstärkte. Im Gepäck hatte er eine umfangreiche Handschrift der Statuten und päpstlichen Privilegien des Zisterzienserordens, die er in Bronnbach fortführte und 1588 um die 1580 unter [[La Croix, Edmond|Edmond de la Croix]] verabschiedeten Reformstatuten für die polnischen Klöster erweiterte.<ref>Die Handschrift befindet sich heute in der ''Médiathèque Municipale de Cambrai'', Ms. A 1223. Unklar ist, wie sie dorthin gelangte.</ref> Nach eineinhalb Jahren in Bronnbach wurde er am 21. Mai 1589 in Würzburg zum Priester geweiht

Version vom 15. Juli 2017, 10:54 Uhr

Gangolf Scheidinger

Gangolf Scheidinger

Prior des Klosters Bronnbach; Abt des Stiftes Hohenfurt 1620–1631

* um 1560 Thüringen
† 23. Mai 1631

Gangolf Scheidinger stammte wahrscheinlich aus Vogelsberg in Thüringen („thuringus voilsbergensis“). Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt, dürfte aber um das Jahr 1560 anzusetzen sein. Um 1580 trat er in die Zisterzienserabtei Hohenfurt in Böhmen ein, wo er am 11. Oktober 1582 (zugleich mit seinem Vorgänger Michael Fabrizius) die Profess ablegte. 1585/86 wurde er vom Passauer Weihbischof Hektor Wegmann zum Subdiakon und Diakon geweiht.

1586 von seinem Abt Georg Taxer für drei Jahre zur Unterstützung der Reform nach Kaisheim geschickt, hielt er sich dort nur wenige Tage auf und kam über Schöntal 1587 nach Bronnbach im Taubertal, wo er den um den reformfreudigen Abt Wigand Mayer gesammelten Konvent verstärkte. Im Gepäck hatte er eine umfangreiche Handschrift der Statuten und päpstlichen Privilegien des Zisterzienserordens, die er in Bronnbach fortführte und 1588 um die 1580 unter Edmond de la Croix verabschiedeten Reformstatuten für die polnischen Klöster erweiterte.[1] Nach eineinhalb Jahren in Bronnbach wurde er am 21. Mai 1589 in Würzburg zum Priester geweiht

Es ist anzunehmen, dass sein Aufenthalt in Bronnbach verlängert wurde, denn er übernahm im Februar 1591 die Stelle des Pfarrverwesers in der Klosterpfarrei Hochhausen und wurde Anfang 1592 zum Prior gewählt. Zusätzlich war er als Bursar auch für die finanziellen Angelegenheiten des Klosters Bronnbach zuständig, jedoch ist unklar, wann genau er diese Aufgabe übernahm und wann er sie beendete. Als Prior war er sicher auch in die von Generalabt Edmond de la Croix veranlassten Reformbestrebungen seiner Zeit eingebunden, wenn darüber auch keine Einzelheiten überliefert sind. Die durch die Bautätigkeit verursachten finanziellen Schwierigkeiten, die schließlich 1615 zur Absetzung des Abtes Sebastian Udalrici führten, waren wahrscheinlich auch der Grund für die Ablösung des Bursars Scheidinger, der um diese Zeit in sein Professkloster Hohenfurt zurückkehrte, möglicherweise 1613/14. Das Bronnbacher Konventverzeichnis vom 14. Mai 1615 nennt ihn nicht mehr.

Beim Tod des Hohenfurter Abtes Paul Farenschon († 23. Januar 1620) war Gangolf Scheidinger Prior und einer der drei Stiftspriester, die nicht wegen des Krieges aus dem Kloster geflohen waren (die meisten nach Aldersbach bei Passau). Trotz der einquartierten Soldateska wurde er am 9. Juni 1620 unter dem Vorsitz des Wilheringer Abtes Georg Grill und in Anwesenheit des Goldenkroner Abtes Georg Huber zum Abt gewählt und am 10. Juni 1620 von Georg Grill benediziert (Kaindl).[2] Die kaiserliche Bestätigung folgte am 23. Juni. Der Wahl vorausgegangen waren längere Verhandlungen mit dem Generalvikar Georg Urat von Königsaal, der ebenfalls den Wahlvorsitz beansprucht hatte.

Abt Gangolfs Abbatiat stand vor allem unter dem Stern des oberösterreichischen Bauernaufstandes und des Dreißigjährigen Krieges, die vom Kloster Opfer wie Kontributionen in bar und Naturalien und Einquartierungen forderten. Mehrfach wurden die Stiftsgüter geplündert und gebrandschatzt und die Bauern drangsaliert. Zwei Güter, Klein-Čekau und Suchá, mussten zur Finanzierung der Kontributionen verpfändet werden. Klein-Čekau konnte 1630 zurückgekauft werden, Suchá war für immer verloren. Die Güter Habří und Komarschitz konnte der Abt trotz des Krieges dazukaufen. Vergeblich blieben die Bemühungen, den verarmten Höritzern das Brauereirecht wiederzuerlangen, obwohl Abt Gangolf zu diesem Zweck persönlich zum Kaiser nach Wien gereist war.

Im Kloster ließ der Abt einige Renovierungen vornehmen und einen beheizbaren Raum, ein Kalefaktorium, errichten. Für die Kirche schaffte er eine kleine Orgel, einen Altar und zwei Messingleuchter an (die 1930 noch vorhanden waren), außerdem ließ er die Kirche 1622 von dem Laienbruder Johannes Negelin neu ausmalen. Im selben Jahr wurde das Kloster vom Generalvikar Georg Vrat visitiert, der den wissenschaftlichen Eifer der in den ruhigen Jahren 1621 bis 1623 in das Kloster zurückgekehrten Mönche lobte. Eine zweite Visitation folgte 1629. 1623 mussten Abt Gangolf und Abt Georg Grill von Wilhering im Auftrag des Generalabtes Nicolas Boucherat eine Untersuchung gegen den Goldenkroner Abt Georg Huber durchführen, in deren Folge Huber zurücktrat und am 23. September der Hohenfurter Prior Andreas Pachmann zum Abt bestimmt wurde.

1627 erhielt Abt Scheidinger kraft der von Kaiser Ferdinand II. – bei dessen Krönung in Prag er anwesend gewesen war – erlassenen „verneuerten Landesordnung“ als infulierter Prälat Sitz und Stimme im böhmischen Landtag. Doch wurde dieses Recht von 1641 an den Äbten von Goldenkron und Hohenfurt durch den Fürsten von Eggenberg vorenthalten, dem Kaiser Ferdinand 1622 die Herrschaft Krumau [Český Krumlov] geschenkt und 1628 das Schutzrecht über Hohenfurt verliehen hatte. Erst Scheidingers Nachfolger Bernhard Hartinger konnte 1691 den Landtagssitz wieder erlangen.

Gangolf Scheidinger starb am 23. Mai 1631 und wurde vor den Stufen des Presbyteriums in der Stiftskirche begraben. Zu seinem Nachfolger wurde Georg Schroff gewählt.

gge, April 2017, Juli 2017

  1. Die Handschrift befindet sich heute in der Médiathèque Municipale de Cambrai, Ms. A 1223. Unklar ist, wie sie dorthin gelangte.
  2. Nach Proschko wurde er wegen der Besetzung des Stiftes durch Soldaten erst später in Wilhering infuliert. Vielleicht meint Kaindl hier die Installation?

Daten:

Prof.: 11. Okt. 1582; Sac.: 21. Mai 1589; Abbas: el. 9. Juni 1620, ben. 10. Juni 1620?.

Literatur:

Scherg, Leonhard: Gangolf Scheidinger. Zisterziensermönch in Bronnbach und Hohenfurt, in: Wertheimer Jahrbuch Jg. 1995, S. 31–46 · Gottsmich, Severin: Hohenfurt. Zur Geschichte seines Stiftes und seiner Pfarreien, in: Cistercienser Chronik 76 (1969) S. 27–139 · Kaindl, Dominik: Geschichte des Zisterzienserstiftes Hohenfurt in Böhmen. Hohenfurt, 1930, S. 60–63 · Pavel, Raphael: Hohenfurt, in: Beiträge zur Geschichte der Cistercienser-Stifte. (= Xenia Bernardina III). Wien : A. Hölder, 1891, S. 344f. · Proschko, Franz Isidor: Das Cistercienser-Stift Hohenfurth in Böhmen. Linz: Babette Eurich, 1858 · Mikowec, Ferdinand Bretislav: Das Cistercienserstift Hohenfurt in Böhmen. Eine monografische Skizze. Wien und Olmütz: Eduard Hölzel, 1858 · M[illauer], M[aximilian]: Reihenfolge der Äbte des Cistercienser-Stiftes Hohenfurth, in: Monatsschrift der Gesellschaft des Vaterländischen Museums in Böhmen, 2. Jg. Prag, 1828, S. 166–178.

Normdaten:

GND: 1012572080 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Scheidinger, Gangolf, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 15.07.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Scheidinger,_Gangolf

Vorlage:Page.name: SCHEIDINGER, Gangolf OCist († 1631) – Biographia Cisterciensis