Schrötl, Wolfgang

Wolfgang Schrötl

Wolfgang Schrötl

27. Abt des Zisterzienserstiftes Rein 1481–1515

† 15. April 1515

Abt Wolfgang, die Überlieferung gibt ihm den Familiennamen Schrötl, stammte nach den Nachträgen zum Originale Hermani (Urbar C) des Abtes Hermann Molitor angeblich aus Gottschee [Kočevje] in Unterkrain, wahrscheinlicher aber aus einer Grazer Bürgerfamilie. Sehr wahrscheinlich ist er mit dem am 12. Juli 1451 im Alter von etwa 15 Jahren eingetretenen Wolfgang aus Graz (Wolfgang de Grecz) identisch, der schon als Student in Wien als Verfasser rechtlicher Bücher hervortrat, denn auch Abt Wolfgang war ein versierter Jurist. Bei der Wahl des Abtes Nikolaus Velpacher wird unter den Amtsträgern ein Kastner Wolfgang genannt, an anderer Stelle auch ein Prior dieses Namens. Am 11. Jänner 1481 wurde er unter dem Vorsitz des von Ebrach dazu bevollmächtigten Abtes Matthäus Kronberger von Heiligenkreuz zum Abt gewählt, nachdem die Pest im Dezember 1480 seinen Vorgänger Christian Ganser dahingerafft hatte. Als solcher gehörte er auch dem steirischen Landtag in Graz an.

Abt Wolfgang war ein bedeutender Bauherr und Förderer der Wissenschaften und des religiösen Lebens. Die Handschriften 34, 36, 71 und 89 tragen Abt Wolfgangs Zeichen. Nach alter Stiftsüberlieferung soll er selber das 1492/93 entstandene prachtvolle sogenannte Wolfgang-Missale (Codex Runensis 206) manu propria et quidem flexis genibus (mit eigener Hand und auf Knien) geschrieben haben, was jedoch unwahrscheinlich ist[1], denn seine Hauptaufgaben waren die Behebung der schweren Schäden nach dem Türkeneinfall 1480, die Befestigung des Stiftes mit Wehrmauern und Wehrtürmen (da man weitere Türkeneinfälle befürchten und sich auch gegen die Ungarn wappnen musste) und die wirtschaftliche Konsolidierung, u.a. durch Zukauf von Gütern. Er begann wohl auch mit dem Bau einer neuen Prälatur (Abthaus, heute Stiftsarchiv). Zur Finanzierung dieser Bauten erließ Kaiser Friedrich III. dem Kloster anfänglich den halben und bald den ganzen Weinaufschlag des Jahres 1482.

Von seinem Vorgänger Christian Ganser hatte Abt Wolfgang einen bereits ins fünfte Jahr gehenden heftigen Rechtsstreit übernommen gegen Andreas am Stain, Pfarrer und Erzpriester in Gratwein, der die Notlage des Klosters für seine Ziele ausnützte und 1483 einen ihm sehr günstigen Ausgleich erreichte. Als Ersatz dafür erlebte Abt Wolfgang einen vollen Erfolg in einem langwierigen Waldstreit, den der nachfolgende Pfarrer und Erzpriester von Gratwein, Gregor Rainer, „mit einer schier unbegreiflichen […] Erbitterung“ (Grillwitzer) gegen das Kloster führte.

Abt Wolfgang sorgte für die Bibliothek durch Büchererwerb und Pflege des Bücherabschreibens und -ausmalens. Alte Manuskripte ließ er zu Sammelbänden zusammenfassen und mit festen Einbänden versehen. Die Reiner Buchbinderwerkstatt erlebte während seines Abbatiats eine Blütezeit. Er sorgte auch für die Wiedereröffnung des Zisterzienserkollegs zum hl. Nikolaus an der Wiener Universität, dessen in den Besitz des St. Georgsordens übergegangenes Gebäude er durch die Vermittlung des Kaisers wiedererlangen konnte. Am 25. Juni 1496 verpflichtete der als Visitator in Rein anwesende Abt Jacques Theuley von Morimond die Äbte von Heiligenkreuz und Lilienfeld zur finanziellen und personellen Unterstützung des Vorhabens. Zum (Heiligenkreuz unterstehenden) Leiter (Provisor) wurde der Reiner Konventuale Johannes Lindenlaub bestellt, der später Abt des Stiftes Neukloster und Schrötls Nachfolger als Abt von Rein werden sollte. Da die Äbte nicht ausreichend Studenten und Subsistenzmittel schickten, schloss Abt Michael Aigner von Heiligenkreuz gegen Ende November 1500 kurz entschlossen das Collegium, worüber Johannes Lindenlaub sofort seinen Abt verständigte. Ungeachtet der ernsten Anstrengungen der Generaloberen, u.a. 1507 des Vaterabtes Johannes Kaufmut von Ebrach, blieb es vorläufig auch dabei. Noch 1511 klagte Abt Wolfgang beim Generalkapitel, dass ihm die Auslagen für die Wiedereröffnung des Kollegs, u.a. über hundert Gulden beim Kaiser, noch nicht ersetzt worden seien. Ob er sie je erhielt, ist ungewiss.

Urkundlich reich belegt ist Wolfgangs Tätigkeit als Visitator und Reformator in den Tochterklöstern Sittich und Neukloster und den der Reiner Paternität unterstellten Klöstern Viktring, Lilienfeld und St. Gotthard in Ungarn. 1509 übertrug Jacques Theuley, jetzt Abt von Cîteaux, nach einer Entscheidung des Generalkapitels Schrötl die Visitationen und die Konfirmationen der Abtswahlen in Neukloster, Viktring und Sittich (Analecta Cisterciensia 47 (1991), S. 161), wo teils eklatante Mängel zu beseitigen waren.

Die Wiedereröffnung des Nikolauskollegs durch seinen Nachfolger Johannes Lindenlaub am 13. Oktober 1515 erlebte Abt Wolfgang nicht mehr. Er starb am 15. April 1515; seine Grabstelle ist unbekannt. Aus seiner frühen Amtszeit stammen zwei Bildnisse Wolfgangs auf Abtsiegeln, die sich an verschiedenen Urkunden aus einer Amtszeit erhalten haben.

gge, Dez. 2020, Feb. 2021

  1. Der wirkliche Verfasser war wohl der in mehreren Klöstern tätige Klerikerschreiber Egidius Has aus der Diözese Passau (vgl. Hinrich Sieveking: Der Meister des Wolfgang-Missale in Rein. Straßburg 1986). Sieveking vermutet Abt Wolfgang Schrötl in den „portraithaften Darstellungen im Kanonbild und in der Bernhard-Vision, die einen gereiften Mann im Alter von fünfzig bis sechzig Jahren zeigen“.

Daten:

Abbas: el. 11. Jan. 1481.

Literatur:

Wild, Martin: Die Äbte von Rein. In: 850 Jahre Stift Rein. (Rein 1979), S. 54f. · Weis, Anton: Reun, in: Beitraege zur Geschichte der Cistercienser-Stifte. Wien: A. Hölder, 1891, S. 14 · Grillwitzer, Alexander: Reun im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts, in: Mittheilungen des Historischen Vereines für Steiermark Heft 45 (1897), S. 96ff. · Brenner, Elisabeth: Das Wolfgang-Missale, in: Dies. (Hg.): Stift Rein. Geschichte – Kultur – Glaube. Sammelband der Segmente–Schriften des Reiner Kreises. Kumberg: Sublilium Schaffer, 2018, S. 210f. · Sieveking, Hinrich: Der Meister des Wolfgang-Missale in Rein. Straßburg 1986.

Zitierempfehlung: Schrötl, Wolfgang, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 16.08.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Schr%C3%B6tl,_Wolfgang

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