Stusche, Tobias

Tobias Stusche

Tobias Stusche

Abt der Zisterzienserklöster Kamenz 1742–1757 und Leubus 1747–1757 in Schlesien

* 27. Sep. 1695 Patschkau [Paczków, Polen]
09. April 1757 Kamenz [Kamieniec Ząbkowicki]

Tobias Stusche ist vor allem dafür bekannt, dass er während des schlesischen Krieges Friedrich den Großen in der Kamenzer Klosterkirche vor den Österreichern gerettet haben soll[1], indem er ihn in ein Chorkleid steckte und mit den Geistlichen die Metten singen ließ, während die Kroaten Kirche und Kloster nach ihm durchsuchten. Ob sich die 1806 zum ersten Mal in einer schlesischen Zeitschrift erwähnte Anekdote wirklich so zugetragen hat und ob es Abt Stusche oder dessen Vorgänger Amandus Fritsch war, ist historisch nicht belegt. Sicher ist, dass Tobias Stusche die Protektion und Freundschaft Friedrichs des Großen genoss, der ihn mehrfach mit Geschenken und Gunstbeweisen bedachte.

Der am 27. September 1695 in der oberschlesischen Stadt Patschkau geborene und auf den Namen Johann Georg getaufte Stusche hatte sechs Jahre Humaniora in Neiße studiert und drei Jahre Philosophie in Olmütz, bevor er nach dem mit Auszeichnung bestandenen Examen am 28. September 1715 im Zisterzienserkloster Kamenz die Ordensprofess ablegte. Nach dem Noviziat studierte er drei Jahre Theologie am Ordenskolleg in Prag und wurde nach seiner Rückkehr nach Kamenz am Samstag nach Laetare 1720 (16. März 1720) zum Priester geweiht. Zwei Jahre darauf dozierte er Philosophie und, wie aus dem Professbuch hervorgeht, später auch Theologie. 1738 wurde er als Pfarrer der Stiftspfarre Reichenau bei Kamenz eingesetzt. Nach dem Tod des Abtes Amandus am 16. April 1742 folgten langwierige Verhandlungen mit dem neuen Landesherrn, König Friedrich II. von Preußen, ehe man zur Wahl eines neuen Abtes schreiten konnte. Erst am 8. Oktober 1742, drei Monate nach dem Berliner Frieden, fand die Wahl in Gegenwart der königlichen Kommissare Baron von Beneckendorf und Regierungsrat von Füldener statt, und es wurde der Stiftspfarrer von Reichenau, Tobias Stusche, zum Abt von Kamenz gewählt.

Nachdem am 23. März 1747 der habsburgtreue Abt Konstantin Beyer von Leubus auf Drängen König Friedrichs sein Amt niedergelegt hatte, wurden am folgenden Tag vom Leubuser Konvent als Wahlkandidaten für die engere Wahl zwei Mitglieder des Konventes[2] und, wohl auf Befehl des Königs, der pro-preußische Abt Tobias Stusche von Kamenz aufgestellt. Der erhielt die königliche Bestätigung am 3. April 1747 mit der ausdrücklichen Hinzufügung, dass er auch die Abtei Kamenz weiter behalten solle. Die Dispens dazu hatte König Friedrich ihm bei Generalabt Andoche Pernot erwirkt. Da man den Kamenzer Abt in Leubus als Eindringling betrachtete, behielt Stusche Residenz in Kamenz, bezog nur sein jährliches Gehalt und überließ die weltliche und geistliche Verwaltung dem Prior. Gleichwohl ließ er sich am 15. August 1749 auf Kosten des Klosters Leubus von Fürstbischof Schaffgotsch, der bei dieser Gelegenheit auch die neue Pfarrkirche St. Valentin im Städtel-Leubus konsekrierte (17. Aug. 1749), infulieren.[3]

Abt Tobias Stusche hatte das Kloster Kamenz nach dem Ersten Schlesischen Krieg (1740–1742) hoch verschuldet übernommen. Verursacht durch den Zweiten Schlesischen Krieg (1744–1745) und die fast unerschwinglichen Abgaben, die König Friedrich II. in den folgenden Friedensjahren gerade den geistlichen Stiften auferlegte, ging es allmählich dem wirtschaftlichen Ruin entgegen. Daran konnten auch die guten Beziehungen des Abtes zum König und der Verkauf zweier Kretschame nichts ändern. Als sich der Konvent schließlich Ende 1752 weigerte, seine Genehmigung zur Aufnahme einer neuen Hypothek zu geben, kam es zu einem Streit, in dem der Abt mit der Resignation und der Anzeige beim König drohte. Anfang Januar 1753 siedelte er sogar nach Leubus über und überließ das Kloster Kamenz seinem Prior. Nur durch energisches Eingreifen der Äbte von Heinrichau, Candidus Rieger, und Grüssau, Benedikt Seidel, wurde das Schlimmste verhütet und ein leidlicher Friedenszustand herbeigeführt. Der im März 1753 nach Kamenz zurückgekehrte Abt Tobias scheint sich nach diesem Streit von der Verwaltung des Klosters vollkommen zurückgezogen und alle Sorge dem Prior Abundus Neumann überlassen zu haben. Dessen Bemühungen ist es zu danken, daß der drohende Ruin abgewendet und ein Teil der Schulden getilgt werden konnte.

In der Osternacht 1757 (9. April) machte ein Schlaganfall dem Leben dieses in vielen Stücken merkwürdigen Abtes ein Ende. Sein Nachfolger in Kamenz wurde der schon genannte Prior Abundus Neumann, in Leubus der Provisor Wilhelm Steiner.

gge, Dezember 2016

  1. Friedrich hatte im Mai 1745 sein Hauptquartier im Kloster Kamenz.
  2. Der Provisor Wilhelm Steiner und der Theologieprofessor Ambros Niering
  3. Actenstücke, Berichte und andere Beiträge zur Geschichte Schlesiens seit dem Jahre 1740, Band 5, herausgegeben von Gustav Adolph Harald Stenzel, Breslau 1851, S. 590. [1]

Daten:

Prof.: 28. Sep. 1715; Sac.: 16. März 1720; Abbas: el. 8. Okt. 1742 (Kamenz), el. 24. März 1747 (Leubus), ben. 15. Aug. 1749 (Leubus).

Literatur:

Frömrich, Gregor: Kurze Geschichte der ehemaligen Cistercienser Abtey Kamenz in Schlesien, Glatz 1817, S. 153–170 · Preuß, Johann: Urkundenbuch zu der Lebensgeschichte Friedrichs des Großen, Teil V, S. 114–121 · Rödenbeck, Karl Heinrich Siegfried: Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Grossen, Bd. 1, Plahnsche Buchhandlung (L. Nitze), 1836, S. 501–503 · Friedrichs Briefe an den Abt Tobias Stusche, in: Œuvres de Frédéric le Grand; 27.3, herausgegeben von Johann D. E. Preuss. Deckersche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, 1856 [Digitalisat] · Wintera, Laurentius: Leubus in Schlesien, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 25 (1904) S. 502–514, 676–697, hier: 694–695 · Knauer, Paul: Die Äbte des Zisterzienserklosters Kamenz im letzten Jahrhundert seines Bestehens, in: Schlesisches Pastoralblatt Nr. 3, 35. Jahrgang, März 1914, S. 40–42 · Grüger, Heinrich: Schlesisches Klosterbuch: Kamenz. Augustiner-Propstei, dann Zisterzienserstift, in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Band 21, 1980, S. 84–109 · Ders.: Schlesisches Klosterbuch: Leubus, in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Band 22, 1981, S. 1–32 · Toenniges, Franz: Ein schlesisches Kloster im Brennpunkt preußischer Geschichte. Kürten: Selbstverlag, 1981.

Zitierempfehlung: Stusche, Tobias, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 31.03.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Stusche,_Tobias

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