Wülflinger, Rudolf

Rudolf Wülflinger

Rudolf Wülflinger

16. Abt der Zisterzienserabtei Wettingen 1433/34–1445

† 25. Juni 1445

Rudolf Wülflinger von Zürich stammte aus einem Zürcher Bürgergeschlecht und war ein Sohn des Heinrich Wülflinger und der Adelheid Hirzel. Unter Abt Burkhard Wyss in die Zisterzienserabtei Wettingen eingetreten, wird er am 29. August 1407 erstmals urkundlich erwähnt, als jüngster Profess bei der Wahl des Abtes Johann Türr und noch ohne höhere Weihen. Von 1409 bis 1422 erscheint er als Großkellner (Cellerar), seit 1425 als Schaffner in Riehen bei Basel, wo das Kloster seit 1287 einen Dinghof besaß. Dort und in Wettingen tat er sich später auch als Stifter von Kunstwerken hervor.

Seit 1428 im Streit mit seinem Verwandten Abt Johann Schwarzmurer, wurde er nach dessen Rücktritt am 25. Juli 1433 einstimmig zum Abt gewählt. Diese Wahl wurde jedoch von Zürich im August 1433 angefochten und vom Generalkapitel nicht bestätigt. Rudolf wandte sich deshalb an das Basler Konzil, das Bischof Martial Formier von Evreux und Abt Philipp von Acqualonga mit der Prüfung der Angelegenheit betraute. In der Zwischenzeit ordnete Generalabt Jean Picart von Cîteaux die Wiederwahl Schwarzmurers an. Rudolf protestierte dagegen beim Konzil, das die Wiederwahl für nichtig erklärte. Die Stadt Zürich und die übrigen Eidgenossen jedoch hielten an Schwarzmurer fest.

Im Oktober 1433 erhielt Rudolf die päpstliche Bestätigung, während Abt Schwarzmurer zur Übergabe der Abtei innerhalb von sechs Tagen aufgefordert wurde. Erst nachdem sich Bischof Johann Schele von Lübeck, der kaiserliche Gesandte beim Konzil, im Auftrag des Kaisers bei den Eidgenossen für Wülflinger ausgesprochen hatte, anerkannte auch Zürich Wülflinger als Abt, der am 23. Juni 1434, dem Tag der endgültigen Resignation Schwarzmurers, wiederum unter dem Vorsitz des Vaterabtes Petrus Ochsner von Salem, mit 23 von 24 Stimmen erneut gewählt wurde. Die Versöhnung mit Abt Jean Picart von Cîteaux erfolgte erst am 23. Juli 1436, als Picart in Basel weilte.

Abt Rudolf hielt sich meistens außerhalb des Klosters und zwar in Basel auf, wo er gegen die Väter und Theologen des Konzils eine außerordentliche Gastfreundschaft übte und zum Dank dafür vom Konzil am 27. Juni 1439 für sich und seine Nachfolger die Pontifikalien erhielt.[1] Die römischen Könige Albrecht II. und Friedrich III. bestätigten 1439 bzw. 1442 die Freiheiten und Privilegien des Kloster. Merkwürdig ist, dass 1440 Weihbischof Johannes Blatten von Konstanz nicht nur einen Altar in der Kirche vor dem Tor und einen in der Kirche weihte, sondern „zur Vorsicht“ auch das ganze Kloster, den Kreuzgang, die Kapellen und den Friedhof rekonziliierte. Wahrscheinlich war aus Anlass des Krieges der Eidgenossen gegen Zürich (1440) das Kloster verwüstet worden. Damals ging auch die Kirche von Würenlos in Flammen auf.

Der Konvent, der zum Großteil während des Machtkampfs der Äbte Abt Rudolf die Obödienz (den Gehorsamseid) geleistet zu haben scheint, ging während Wülflingers Regierungszeit auf 25 Mitglieder herab, von denen nur vier unter ihm die Profess abgelegt hatten, was kein günstiges Zeichen ist, obwohl der Abt von Morimond[2] 1441 in Rücksicht darauf, dass das Kloster Wettingen wohl und ordentlich reformiert sei und darum einer Reform nicht bedürfe, allen Prälaten verbot, das Kloster vor dem nächsten Generalkapitel zu visitieren.

Er starb am 25. Juni 1445 und wurde im Kapitelhaus begraben, im Grab des zweiten Abtes, Heinrich von Murbach. Zu seinem Nachfolger wählte das Kapitel wiederum einstimmig den resignierten Abt Johann Schwarzmurer.

gge, April 2020

  1. Die Pontifikalien zum persönlichen Gebrauch hatte schon Abt Johann Türr erhalten.
  2. Wettingen gehörte zur Filiation von Morimond.

Daten:

Abbas: el. 23. Juni 1434.

Literatur:

Willi, Dominikus: Album Wettingense: Verzeichnis der Mitglieder des exemten und konsistorialen Cistercienser-Stiftes B.V.M. de Marisstella zu Wettingen-Mehrerau 1227–1904. Limburg: Kommissions-Verlag der Limburger Volksdruckerei, 1904, 2., verbesserte Auflage, S. 48, Nr. 272 · Ders.: Zur Geschichte des Klosters Wettingen-Mehrerau: Wahl, Benediction und Tod der Äbte, in: Cistercienser Chronik , in: Cistercienser Chronik 14 (1902), S. 1–9, 34–40, 65–73, 97–111, 144–155, 175–185, 210–218, 241–248 (hier: S. 65–66) · Ders.: Wettingen-Mehrerau, in Brunner, Sebastian (Hg.):, Ein Cistercienserbuch. Würzburg, [1881], S. 457ff. (hier: S. 469) · Helvetia Sacra III/3, 458–459 · Stückelberg, Ernst Alfred: Abt Rudolf Wülflinger † 1445: ein Wettinger Abt am Basler Konzil, in: Schweizerisches Archiv für Heraldik 29 (1915), S. 36–37 [1].

Normdaten:

GND: 1165009951 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Wülflinger, Rudolf, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 19.04.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/W%C3%BClflinger,_Rudolf

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