Welzel, Melchior: Unterschied zwischen den Versionen

 
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Der Abt legte sich und dem Konvent die härteste, im Vergleich zu den anderen schlesischen Abteien wie Grüssau, [[Leubus]] und [[Rauden]] fast an Geiz grenzende, Sparsamkeit auf, ließ die Äcker wieder bestellen, die Gebäude und Vorwerke aufbauen und die verpfändeten Wirtschaftshöfe, Mühlen und Kretschame auslösen. Er rief neue Siedler in die verödeten Stiftsdörfer und schaffte Viehherden und Ackergerät an. Im Kloster selber ließ er Werkstätten einrichten: Bäckerei, Brauerei, Metzgerei, die nicht nur für den Eigenbedarf produzierten, sondern ihre Waren auch auf dem Markt verkauften. Gespart wurde an Wohnung und Kleidung der Mönche, auch kein neues Konventgebäude gebaut, sodass der zeitgenössische Chronist die Wohnungen der Mönche als „Lehmhütten“ bezeichnete.
 
Der Abt legte sich und dem Konvent die härteste, im Vergleich zu den anderen schlesischen Abteien wie Grüssau, [[Leubus]] und [[Rauden]] fast an Geiz grenzende, Sparsamkeit auf, ließ die Äcker wieder bestellen, die Gebäude und Vorwerke aufbauen und die verpfändeten Wirtschaftshöfe, Mühlen und Kretschame auslösen. Er rief neue Siedler in die verödeten Stiftsdörfer und schaffte Viehherden und Ackergerät an. Im Kloster selber ließ er Werkstätten einrichten: Bäckerei, Brauerei, Metzgerei, die nicht nur für den Eigenbedarf produzierten, sondern ihre Waren auch auf dem Markt verkauften. Gespart wurde an Wohnung und Kleidung der Mönche, auch kein neues Konventgebäude gebaut, sodass der zeitgenössische Chronist die Wohnungen der Mönche als „Lehmhütten“ bezeichnete.
  
Obwohl er 1660 in Grüssau infuliert worden war und das Recht zum Tragen der pontifikalien hatte, war ihm jede Art von pompöser Repräsentation fremd. Zu öffentlichen Auftritten als Landeshauptmann des Fürstentums Münsterberg in Frankenstein oder als Generalvikar der schlesischen Ordensprovinz (1661–1673)<ref>Dieses Amt hatte er nur widerwillig und erst, nachdem ihm Generalabt [[Vaussin, Claude|Claude Vaussin]] mit der Exkommunikation gedroht hatte, angenommen.</ref> ritt er wie ein Dorfpfarrer auf einem Pferd, statt in einem Wagen vorzufahren. Der einzige Aufwand, den er sich und den Mönchen gönnte, war die Vergrößerung der Stiftsbibliothek, den er geflüchteten polnischen Zisterziensern aus [[Pelplin]] und [[Paradies]] überließ, und die zeitgemäße Ausstattung der Stiftskirche. 1659 ließ er die Kirchenfenster wiederherstellen. Die Kreuzkapelle an der Nordseite des Presbyteriums ließ er modern ausgestalten und eine Gruft anlegen, in der er und sein Nachfolger [[Meyer, Daniel|Daniel Meyer]] beigesetzt wurden. 1671 beschaffte er eine bis heute erhaltene silberne Monstranz und ließ 1673 den großen Glockenturm wiederherstellen.
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Obwohl er 1660 in Grüssau infuliert worden war und das Recht zum Tragen der Pontifikalien hatte, war ihm jede Art von pompöser Repräsentation fremd. Zu öffentlichen Auftritten als Landeshauptmann des Fürstentums Münsterberg in Frankenstein oder als Generalvikar der schlesischen Ordensprovinz (1661–1673)<ref>Dieses Amt hatte er nur widerwillig und erst, nachdem ihm Generalabt [[Vaussin, Claude|Claude Vaussin]] mit der Exkommunikation gedroht hatte, angenommen.</ref> ritt er wie ein Dorfpfarrer auf einem Pferd, statt in einem Wagen vorzufahren. Der einzige Aufwand, den er sich und den Mönchen gönnte, war die Vergrößerung der Stiftsbibliothek, den er geflüchteten polnischen Zisterziensern aus [[Pelplin]] und [[Paradies]] überließ, und die zeitgemäße Ausstattung der Stiftskirche. 1659 ließ er die Kirchenfenster wiederherstellen. Die Kreuzkapelle an der Nordseite des Presbyteriums ließ er modern ausgestalten und eine Gruft anlegen, in der er und sein Nachfolger [[Meyer, Daniel|Daniel Meyer]] beigesetzt wurden. 1671 beschaffte er eine bis heute erhaltene silberne Monstranz und ließ 1673 den großen Glockenturm wiederherstellen.
  
 
Nachdem es ihm binnen weniger Jahre gelungen war, die Wirtschaft wieder emporzubringen und die Schulden zu tilgen, was selbst die Zeitgenossen als ein Wunder bezeichneten, konnte er den verwüsteten Rittersitz Pleßguth zukaufen und in Münsterberg und Frankenstein Häuser errichten lassen, die der Wirtschaftsverwaltung als Kontor und dem Abt als Absteigequartier dienten.
 
Nachdem es ihm binnen weniger Jahre gelungen war, die Wirtschaft wieder emporzubringen und die Schulden zu tilgen, was selbst die Zeitgenossen als ein Wunder bezeichneten, konnte er den verwüsteten Rittersitz Pleßguth zukaufen und in Münsterberg und Frankenstein Häuser errichten lassen, die der Wirtschaftsverwaltung als Kontor und dem Abt als Absteigequartier dienten.

Aktuelle Version vom 22. Juni 2018, 10:05 Uhr

Melchior Welzel

Melchior Welzel

Abt des Zisterzienserklosters Heinrichau 1656–1680; Generalvikar Schlesien 1661–1673

* 1622 Schönwalde [Budzów]
† 10. Mai 1680

Melchior Welzel war ein Bauernsohn aus Schönwalde. Er legte 1648 in der Zisterzienserabtei Heinrichau die Profess ab und wurde 1649 Priester und Prior. Obwohl er erst 34 Jahre alt war und die lateinische Sprache nur mühsam beherrschte, wurde er am 21. Oktober 1656, nach dem Rücktritt Kaspar Liebichens, statt des gebildeten Priors Bernhard Rosa zum Abt gewählt und am 6. November 1660 in Grüssau benediziert.

Abt Melchior bestätigte Bernhard Rosa als Prior und überließ ihm die Ausbildung der Novizen (12 Neueintritte bis zu seiner Wahl zum Abt von Grüssau 1660) und die Erneuerung der monastischen Disziplin nach den langen Jahren des Exils. Er selber kümmerte sich um den Wiederaufbau der verfallenen Wirtschaftsbetriebe. Die Äcker waren unbebaut, die Gebäude zerstört. Das Kloster hatte jeglichen Kredit verloren, sodass sogar das Reitpferd des Abtes von den Gläubigern beschlagnahmt wurde.

Der Abt legte sich und dem Konvent die härteste, im Vergleich zu den anderen schlesischen Abteien wie Grüssau, Leubus und Rauden fast an Geiz grenzende, Sparsamkeit auf, ließ die Äcker wieder bestellen, die Gebäude und Vorwerke aufbauen und die verpfändeten Wirtschaftshöfe, Mühlen und Kretschame auslösen. Er rief neue Siedler in die verödeten Stiftsdörfer und schaffte Viehherden und Ackergerät an. Im Kloster selber ließ er Werkstätten einrichten: Bäckerei, Brauerei, Metzgerei, die nicht nur für den Eigenbedarf produzierten, sondern ihre Waren auch auf dem Markt verkauften. Gespart wurde an Wohnung und Kleidung der Mönche, auch kein neues Konventgebäude gebaut, sodass der zeitgenössische Chronist die Wohnungen der Mönche als „Lehmhütten“ bezeichnete.

Obwohl er 1660 in Grüssau infuliert worden war und das Recht zum Tragen der Pontifikalien hatte, war ihm jede Art von pompöser Repräsentation fremd. Zu öffentlichen Auftritten als Landeshauptmann des Fürstentums Münsterberg in Frankenstein oder als Generalvikar der schlesischen Ordensprovinz (1661–1673)[1] ritt er wie ein Dorfpfarrer auf einem Pferd, statt in einem Wagen vorzufahren. Der einzige Aufwand, den er sich und den Mönchen gönnte, war die Vergrößerung der Stiftsbibliothek, den er geflüchteten polnischen Zisterziensern aus Pelplin und Paradies überließ, und die zeitgemäße Ausstattung der Stiftskirche. 1659 ließ er die Kirchenfenster wiederherstellen. Die Kreuzkapelle an der Nordseite des Presbyteriums ließ er modern ausgestalten und eine Gruft anlegen, in der er und sein Nachfolger Daniel Meyer beigesetzt wurden. 1671 beschaffte er eine bis heute erhaltene silberne Monstranz und ließ 1673 den großen Glockenturm wiederherstellen.

Nachdem es ihm binnen weniger Jahre gelungen war, die Wirtschaft wieder emporzubringen und die Schulden zu tilgen, was selbst die Zeitgenossen als ein Wunder bezeichneten, konnte er den verwüsteten Rittersitz Pleßguth zukaufen und in Münsterberg und Frankenstein Häuser errichten lassen, die der Wirtschaftsverwaltung als Kontor und dem Abt als Absteigequartier dienten.

Er starb am 10. Mai 1680 und wurde in der von ihm erbauten Konventgruft der Kreuzkapelle bestattet, unter einer schmucklosen Grabplatte mit der Aufschrift ANNO 1665 MAH. Sein Bruder Abraham und seine Schwester Martha lebten noch 1680 in Moschwitz. Seine Mutter Ursula starb am 1. Januar 1647, sein Vater Laurentius am 20. April 1634, sein Vetter Georg am 17. Mai 1676.

Abt Melchior war ein Mann, der schon als Bauernsohn im Dreißigjährigen Krieg Härte, Entsagung und ständige Lebensgefahr kennengelernt hatte und so zu einem Mann geworden war, der mit der lebensfrohen Gesinnung des frühen Barock nur schwer zu vereinbaren und selbst seinen Mitbrüdern fremd geblieben war (Grüger). Der Chronist des späten 17. Jahrhunderts, der ihn noch persönlich erlebt und gekannt hatte, gab ihm zwar den Ehrentitel eines „zweiten Gründers von Heinrichau“, beschreibt aber auch die 24 Jahre seiner Regierung als zwar nutzbrinend, aber wenig glücklich“ (non tam feliciter quam utiliter). Die Aufgabe, das Stift Heinrichau in die Neuzeit zu führen, blieb seinem Nachfolger Heinrich Kahlert vorbehalten.

gge, Juni 2018


Daten:

Prof.: 1648, Sac.: 1649; Abbas: el. 21. Okt. 1656, ben. 6. Nov. 1660.

Literatur:

Grüger, Heinrich: Heinrichau: Geschichte eines schlesischen Zisterzienserklosters 1227–1977. Köln und Wien: Böhlau, 1978 · Pfitzner, Wilhelm: Versuch einer Geschichte des vormaligen Fürstlichen Cisterzienser-Stiftes Heinrichau bei Münsterberg in Schlesien. Breslau: Trewendt, 1846.

Zitierempfehlung: Welzel, Melchior, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 22.06.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Welzel,_Melchior

Vorlage:Page.name: WELZEL, Melchior OCist (1622–1680) – Biographia Cisterciensis

  1. Dieses Amt hatte er nur widerwillig und erst, nachdem ihm Generalabt Claude Vaussin mit der Exkommunikation gedroht hatte, angenommen.