Bibliothek:Klemens Scheffer von Heiligenkreuz als Vaterabt und Generalvikar

Abt Klemens Scheffer von Heiligenkreuz als Vaterabt und Generalvikar der Österreichischen Cistercienserklöster (1658–1693).

Dissertation eingereicht von P. Walter Schücker, Cistercienser.

Heiligenkreuz 1941.

|[II]Vorwort

Klemens Scheffer zählt zu den bekanntesten und bedeutendsten Aebten des Cisterklosters Heiligenkreuz im Wienerwald und gerade aus seiner Zeit (2. Hälfte des 17. Jhdts) hat uns das Stiftsarchiv reiches Quellenmaterial aufbewahrt. Bisher wurde noch nicht versucht, eine Gesamtdarstellung seines Lebens und Wirkens zu geben. Während aber seine Tätigkeit im Interesse des Klosters und des Landes schon vielfach bearbeitet wurde, waren über seine Beziehungen zu den Tochterklöstern, zu den übrigen Abteien Oesterreichs sowie zum Gesamtorden nur wenige Angaben bekannt. Diese Seite seines Wirkens nach den zum größeren Teil noch unbearbeiteten Quellen des Stifsarchives aufzuhellen, ist das Ziel der vorliegenden Abhandlung. Ein Vergleich mit seinen sonstigen Leistungen ließ nach dem umfangreichen Material auch auf diesem Gebiet ein bedeutendes Ergebnis erwarten. Die Ausbeute entsprach nicht voll den Erwartungen; andererseits war es dadurch möglich, diesen speziellen Wirkungskreis eingehend und umfassend darzustellen.

Herzlichen Dank schulde ich vor allem H.H.P. Subprior und Archivar von Heiligenkreuz, Friedrich Hlawatsch, für die verständnisvolle Förderung der Arbeit durch die entgegenkommende Ueberlassung der Archivalien; ebenso bin ich den Stiftsarchivaren von Lilienfeld und Neukloster wie Dr. P. Gebhard Rath von Wilhering und P. Alois Wagner von Zwettl für ihre Mitteilungen aus den betreffenden Archiven zu Dank verpflichtet.

Abtei Heiligenkreuz, März 1941

P. Walter Schücker, S.O.Cist.


|[1]Einführung

Lebensbild des Abtes Klemens Scheffer.

Das Cistercienserkloster Heiligenkreuz, in der Nähe Wiens gelegen, nahm in den Regierungsjahren des trefflichen Abtes Michael Schnabel (1637–1658) raschen Aufstieg zu einer neuen Blüte klösterlichen Lebens.[1] Der Geist der alten Disziplin und eines starken Erneuerungswillens hatte auch in Heiligenkreuz Eingang gefunden. Hier erhielt am 29. Dezember 1646 ein junger Wiener Student, Klemens Scheffer, den Ordenshabit.[2] Sein Novizenmeister, P. Johannes Simonis,[3] verstand es, ihn durch Wort und Beispiel in den rechten klösterlichen Geist einzuführen. Am 1. Jänner 1648 verband sich Fr. Klemens Scheffer dem Kloster durch die feierlichen Gelübde. Zur Weiterbildung kam er an die Wiener Universität, wo er 1648–1654 das philosophische und tehologische Studium absolvierte. Am 26. Mai 1654 feierte er seine Primiz. Der Abt übertrug ihm bald wichtige Vertrauensposten,[4] ja ernannte ihn am 13. August 1657 bereits zum Prior. Dies war ihm keine leichte Aufgabe, blieb doch damals die diszi|[2]plinäre Leitung des Klosters fast gänzlich dem Prior überlassen. Er wußte aber mit dem Eifer für die Beobachtung der Klosterregel auch kluge Maßhaltung zu verbinden und rechtfertigte vollauf das ihn ihn gesetzte Vertrauen.[5]

Am 24. März 1658 starb Abt Michael. Prior und Konvent baten bei Hof um rasche Neuwahl. Obwohl der Landesfürst, König Leopold, damals zur Betreibung seiner Kaiserwahl in Frankfurt weilte, ordnete doch die n. ö. Regierung bereits am 26. März die Kommissäre für Inventur und Neuwahl ab, am 27. erschienen diese, die n. ö. Regiments- und Klosterräte Johann Jakob Graf v. Brandis und Dr. Andreas Leonhard Denk, in Heiligenkreuz, fertigten ein beiläufiges Inventar und setzten als Administratoren den Prior Klemens scheffer und den Oekonomen Theobald Hug ein.[6] Schon früher hatte Abt Michael vom Vaterabte in Morimond[7] wie vom Generalabte die Vergünstigung erlangt, daß sich das Kloster den Vorsitzenden für die Neuwahl selbst wählen dürfe. Dieser erschien in Person des Abtes Matthäus Kolweiß von Lilienfeld am 11. April in Heiligenkreuz zur Wahl, begleitet von seinem Sekretär P. Wilhelm Klöcker und dem Abte Robert Notius vom Neukloster in Wiener-Neustadt.[8] Von den 41 Wählern gaben 19 ihre Stimme dem Prior |[3]Klemens, der Rest verteilte sich auf fünf Kandidaten. Der Erwählte wurde aber nicht bekanntgegeben, da zuvor die Genehmigung des Landesfürsten eingeholt werden mußte. Am 25. Mai 1658 gab König Leopold von Frankfurt aus seine Bestätigung; am 16. Juni erfolgte in Heiligenkreuz die öffentliche Bekanntmachung, Bestätigung und Installierung des neuen Abtes. Die Benediktion erteilte ihm der Abt von Lilienfeld unter Assistenz der Aebte Robert Notius vom Neukloster und Anselm Schiring von Mariazell i. Oest. am 2. Juli 1658; die Vollmacht dazu hatte Matthäus Kolweiß kurz zuvor mit seiner Ernennung zum Generalvikar erlangt.[9] Die Konfirmation durch den Generalabt traf am 25. April 1659 in Heiligenkreuz ein.[10]

Eine 35jährige Regierungszeit sollte Klemens Scheffer beschieden sein.[11] Sie ist ausgefüllt von unermüdlicher, fruchtbarer und segensreicher Tätigkeit. An erster Stelle stand die rastlose Sorge für die ihm anvertraute Klostergemeinde. Eine kluge und sparsame Verwaltung gab ihm die Mittel, die Bautätigkeit seines Vorgängers fortzusetzen und durch Vollendung des äußeren Klosterhofes, Erbauung der Sakristei und des Kirchturms das heutige Klosterbild zu schaffen. In Bewahrung und Vermehrung des Klostergutes bewies er eine glückliche Hand.[12] Sein Hauptverdienst bleibt aber der rasche Wiederaufbau des Stiftes nach dem Unglücksjahr 1683, in dem die Türken das Kloster vollständig ver|[4]wüstet und verbrannt hatten. In wenigen Jahren waren die Baulichkeiten wiederhergestellt und das Kloster wurde in bestem zustande seinem Nachfolger übergeben.[13]

Nicht minder wichtig war ihm die Aufgabe, die geistige Blüte, vorbildlcihe Ordenszucht und klösterliches Leben, wie er es bei seinem Amtsantritte vorgefunden, zu bewahren. Eine ideelle Höherführung lag seinem praktischen Sinne weniger. Durch Aufnahme und Heranbildung geeigneten Nachwuchses, Aufstellung tüchtiger Hausoberer und seine persönlichen Unterweisungen sorgte er aber stets für Erhaltung des rechten Geistes.

Viel Kraft und Zeit widmete er als Mitglied des Prälatenstandes dem Dienste des Landes. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit wurde er zum Reformationskommissär im Viertel unter dem Wienerwald bestellt.[14] 1661 war er Kriegskommissär; vom 25. Februar 1665 bis 23. März 1669 Verordneter des Landtages.[15]

Noch ein dritter Aufgabenkreis erwuchs Abt Klemens aus seiner Stellung im Rahmen des Cistercienserordens. Mit der äbtlichen Würde von Heiligenkreuz war ihm auch die Verantwortung für den Stand jener Klöster aufgegeben, die als Tochtergündungen mit Heiligenkreuz verbunden waren. Seit 1673 war er überdies durch die Ernennung zum Generalvikar der Provinz mit neuen wichtigen Aufgaben betraut. Sein Vorgänger hatte sich in diesem Amte durch seine rastlosen |[5]Bemühungen um wahre Reform der Klöster bleibende Verdienste erworben. Die folgenden Darlegungen zielen nun darauf ab, die Tätigkeit Klemens Scheffers in dieser Richtung zu untersuchen und damit seine Stellung im damaligen Klosterverband der österreichischen Provinz und im Gesamtorden zu zeichnen.

Erster Teil

|[6]Klemens Scheffer als Vaterabt vor der Ernennung zum Generalvikar. (1658–1673.)

I. Die Rechte des Vaterabtes und die Filiation von Heiligenkreuz.

Nach der Carta caritatis, der Verfassungsurkunde des Cistercienserordens, bildete die Gründung eines Klosters durch ein anderes auch die grundlage eines Rechtsverhältnisses zwischen den beiden Häusern. Der Abt des Mutterklosters erwarb sich damit das dauernde Aufsichtsrecht über die Tochtergründung; er aollte sie jährlich wenigstens einmal visitieren. Zur Zeit der Vakanz hatte er alle Sorge für das Haus und die ordnungsgemäße Abtswahl zu tragen.[16] Dieses Recht wurde zwar von Klemens IV. zugunsten des Hauskonventes eingeschränkt,[17] doch blieb weiterhin die Jurisdiktion des Vaterabtes in der Form aufrecht, daß er bei der Wahl des Vorsitz führte, den Neuerwählten bestätigte und installierte. Stellvertretung durch einen anderen Abt war zulässig.

Als aber die Reformation dem Orden viele Wunden geschlagen und zahlreiche Klöster zu bestehen aufgehört hatten, konnte man auch das Filiationsprinzip nicht mehr voll|[7]ständig durchführen. Nach der immer häufigeren Ernennung einzelner Visitatoren bildete sich anfangs des 17. Jahrhunderts das Institut ständiger Visitatoren oder Generalvikare.[18] Sie mußten vielfach die Stelle der nicht mehr vorhandenen, weit entfernten oder nachlässigen Vateräbte ausfüllen. Trotzdem blieben aber die Rechte derselben weiter in Geltung und in Ländern mit ruhigeren Verhältnissen wie in den österreichischen Erblanden waren sie auch praktisch in Uebung.

Von Heiligenkreuz waren nach und nach sieben Klostergründungen ausgegangen. Es sind dies dem Gründungsjahr nach geordnet:[19]

1. Zwettl, im österr. Waldviertel am Kamp gelegen, 1138 von Hadmar von Kuenring gegründet.

2. Baumgartenberg in Oderdonau, 1142 von Otto von Machland gestiftet. Am 30. Mai 1784 ereilte es das Schicksal der Aufhebung.

3. Czikador. Dorthin wurden Heiligenkreuzer Mönche ebenfalls 1142 von Geiza II. gerufen. Wie alle ungarischen Klöster verschwand es bei der Eroberung des Landes durch die Türken. Ferdinand III. ernannte am 31. Juli 1653 den Cistercienserabt Johann Salix von Felberthal zum Abte von Czikador. Doch blieb dies trotz aller Bemühungen nur ein leerer Titel.[20]

4. Marienberg (Bors-Monostor), ebenfalls in Ungarn nahe bei Güns, wurde 1197 gegründet. Zur zeit des Abtes |[8] Klemens war das Stift vollständig zerstört. Fürst Paul Eszterhazy schenkte 1680 das Dorf und einen kleinen Grundbesitz lilienfels gegen Aufgabe aller weiteren Ansprüche.[21]

5. Lilienfeld an der Traisen in Niederdonau wurde 1206 von Leopold VI. gestiftet. 1473 kam das Vaterrecht an das Kloster Rein in Steiermark, was einen langdauernden Streit auslöste, der erst im Zeitalter Josefs II. mit dem erlöschen des Filiationsprinzips sein Ende fand.[22]

6. Goldenkron, in Böhmen in dere Nähe von Krumau gelegen, hat König Ottokar II. zum Gründer und wurde 1263 besiedelt. 1281 übertrug aber das Generalkapitel die Vaterschaft auf das Kloster Plaß in Böhmen.[23] Es wurde am 11. November 1785 aufgehoben.

7. Neuberg an der Mürz in Steiermark stiftete Herzog Otto der Fröhliche 1327. Die Aufhebung ereilte es am 18. Februar 1786.

Abt Klemens war Kenner der Ordensverfassung genug, sich seiner Stellung als Vaterabt bewußt zu sein. Er dachte, sie auch zum Wohle der Klöster zu benützen. Doch wie die Uebersicht zeigt, konnte er nur in dreien ungehindert sein Recht ausüben, Neuberg, Baumgartenberg und Zwettl. Zwei waren ihm entzogen: Goldenkron und Lilienfeld. Hier versuchte er es wieder zu gewinnen.

|[9] II. Die Beanspruchung des Vaterrechtes in Goldenkron.

1. Die geschichtliche Entwicklung.

König Ottokar II. hatte 1263 Heiligenkreuzer Mönche nach Goldenkron gerufen. Seit dem Siege Rudolfs von Habsburg und der Abtrennung Oesterreichs suchte er aber aus politischen Gründen auch die Verbindung zwischen beiden klöstern zu lösen und wandte sich 1277 an das Generalkapitel in Cîteaux mit der Bitte, dem Kloster Plaß das Vaterrecht von Goldenkron zu übertragen.[24] Doch erst nach dem Rücktritt des ersten von Heiligenkreuz gesandten Abtes Heinrich fällte das Generalkapitel 1281[25] die endgültige Entscheidung: es stimmte der Bitte des bereits verstorbenen Königs und Stifters seiner Wohltaten und Verdienste wegen zu und übergab die Vaterschaft dem Kloster Plaß[26] an Stelle von Heiligenkreuz.[27]

Dieses suchte aber später in Rom sein Recht wiederzugewinnen und erlangte auch von Papst Bonifaz IX. am 7. Juli 1400 die Wiedereinsetzung in die Vaterschaft. Als Motiv dafür wird das Aufhören der Kriegswirren angegeben, die seinerzeit |[10]die Uebertragung veranlaßten.[28]

Trotzdem erscheint weiterhin im 15. und 16. Jahrhundert der Abt von Plaß als einziger und ordentlicher Visitator und Vaterabt von Goldenkron.[29]

Das ausgehende 16. Jahrhundert war für die Cistercienserklöster in Böhmen eine Zeit tiefsten Verfalles. Im Zuge der Reform, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts kräftig einsetzte, war zu ihrer Verbreitung enger Zusammenschluß aller Klöster und die Bestellung eines Generalvikars das beste Mittel. Letzterer erlangte rasch große Bedeutung; die Besetzung der Abteien geschah, mit oder ohne Wahl, unter seinem maßgebenden Einfluß. Auch in Goldenkron war dies 1592 und 1608 der Fall.[30] die Vaterrechte von Plaß traten von nun an ganz in den Hintergrund.[31]

1637 brachte der Generalvikar Johann Greifenfels[32] den Heiligenkreuzer Professen Johann Theoderich Benz[33] in Goldenkron zur Abtwürde, ohne dabei nach dem Willen des Konventes |[11]vorzugehen. Durch die persönliche Freundschaft mit dem Abte von Heiligenkreuz wurde nun die Verbindung mit dem ersten Mutterkloster wieder angeknüpft und als Abt Theoderich 1656 erkrankte, wandte sich mit demselben auch der Konvent brieflich an Abt Michael Schnabel um Schutz und Hilfe und bat im Todesfall um sein Eingreifen,[34] wozu dieser auch bereits entschlossen war. Der Konvent von Goldenkron erwartete sich nämlich von einem auswärtigen und einflußreichen Vaterabt kräftigere Unterstützung gegen die Herrschaft der Fürsten von Eggenberg in Krumau, unter deren Vogtei die Klöster Hohenfurt und Goldenkron standen.[35]

Abt Christophorus Tengler von Plaß dachte nicht daran, seine Ansprüche aufzugeben. Er fand Unterstützung bei dem damaligen Generalvikar Hilger Burghoff, Abt von Sedletz.[36] Dieser verbot dem Konvente von Goldenkron, sich beim Tode des Abtes nach Heiligenkreuz zu wenden.

2. Die Abtwahl in Goldenkron 1661.

Am 4. Juli 1661 starb Abt Johann Theoderich. Der Konvent verhielt sich abwartend. Er machte nur dem Generalvikar Hilger vom Tode Mitteilung und bat, sich um die Neuwahl zu sorgen.

|[12]1657 war die kaiserliche Verordnung auch auf Böhmen ausgedehnt worden, daß der Abtwahl kaiserliche Kommissäre beiwohnen sollten und daher zuvor die Anzeige bei Hof zu machen war. Doch galt dies nur für die Stifte mit Sitz und Stimme im Prälatenstand. Hilger war geneigt, Goldenkron für ein solches anzusehen, da es zeitweilig dieses Recht ausgeübt hatte. Er machte daher die Eingabe an den Kaiser und fragte an, ob für Goldenkron Kommissäre abgeordnet würden oder ob es beim alten Herkommen bliebe. Den Konvent von Goldenkron mahnte er, sich zu gedulden. Vor dem Erhalt des kaiserlichen Erlasses konnte er ja nichts unternehmen.

Der Oberhauptmann von Krumau, Dietrich von Germersheim, vertrat den gegenteiligen Standpunkt, Patronats- und Vogteirechte seien vom Kaiser völlig den Fürsten von Eggenberg geschenkt worden und daher keine Kommissäre nötig. Am 6. Juli 1661 wollte er darum die Sperre und Inventur vornehmen. Mit Berufung auf Hilger widersetzten sich die Konventualen diesem Ansinnen. Erst als er ein ihm günstiges Dekret der kgl. Statthalterei in Prag erlangt hatte, das die Rechte des Fürsten anerkannte, ließ man ihn am 3. August ungehindert Sperre und Inventur vollziehen.

Je länger aber die Vakanz dauerte, desto stärker wurden die Stimmen, bei Heiligenkreuz Hilfe zu suchen. Am 16. August endlich entschlossen sie sich, ihren Senior, P. Matthäus, nach Heiligenkreuz zu schicken. Nach außenhin sollte er sich bloß beim Abte Klemens Scheffer über die Ansprüche |[13]von Heiligenkreuz auf Goldenkron informieren, mündlich aber brachte er die Bitte des Konventes vor, sein Vaterrecht zu üben, dem Kloster zu helfen und die Neuwahl zu leiten.

Auf die ersten privaten Nachrichten von der Erledigung Goldenkrons hin[37] hatte Abt Klemens keinerlei Schritte unternommen. Er wollte keinen Streit beginnen, der ihm aussichtslos erscheinen mußte. Jetzt bot aber das Ersuchen des Konventes genügende Handhabe, die Paternität zu gewinnen.

A, 27. August 1661 übertrug Abt Klemens brieflich dem Abte Bernhard Breil von Baumgartenberg[38] seine Vollmacht als Vaterabt, die Wahl in Goldenkron zu leiten und den Abt zu bestätigen. Gleichzeitig verständigte er den Abt Christoph von Plaß und den Generalvikar Hilger von seinen Ansprüchen. Bernhard von Baumgartenberg machte dem Goldenkroner Konvent und dem Oberhauptmann von Krumau am 6. September davon Mitteilung. Letzterer versprach ihm – unter Wahrung der Rechte von Plaß – die Zulassung, um für das Kloster größeren Schaden zu verhüten. Am 15. September traf Abt Bernhard Breil in Bgeleitung seines Priors und Sekretärs P. Candidus Pfeiffer die Reise nach Goldenkron an. In Freistadt schloß sich ihm Abt Caspar Orlacher von Wilhering als Assistent an, der selber um die Paternität über das Nachbarkloster Hohenfurt kämpfte und daher gerne zur Mitwirkung bereit war. Am 16. abends kamen sie ins Schloß Krumau. Am nächsten Tag fuhren sie in Begleitung von vier Beamten ins Kloster, wurden dort |[14]nach Ordensbrauch empfangen und in Prozession in die Kirche geleitet. Nachmittags hielt Abt Bernhard mit den Konventualen das Skrutinium für die bevorstehende Wahl.

Am nächsten Morgen erschien Dietrich von Germersheim als Vertreter des Fürsten und Patrons bei der Wahl und bestimmte aus freien Stücken für den Wahlvorsitzenden 12 Musketiere zum militärischen Geleite. Doch verfolgte er gewiß damit auch den Zweck, die Konventualen einzuschüchtern und etwaigen Widerspruch zu ersticken. Denn Hilger zählte noch den einen oder anderen Anhänger.

Beim Skrutinium und vor der Wahl äußerten auch mehrere Mitglieder ihre ernsten Bedenken. Wenn sie auch Heiligenkreuz gerne als Mutter annahmen, so handelten sie doch offensichtlich gegen die Anordnung des Generalvikars und daraus konnte dem Kloster großer Schaden entstehen. Doch Abt Bernhard wußte sie von dem einwandfreien Vorrechte des Heiligenkreuzer Abtes zu überzeugen und versicherte sie, daß dieser alle Rechenschaft und Verantwortung übernehme.

In einhelliger Anerkennung des Vaterrechtes schritten nun am 18. September 1661 15 Professen zur Wahl. 12 Stimmen fielen auf P. Bernhard Paccmann, Pfarrer in Wartberg,[39] drei auf P. Mathias Alexius Unger, Pfarrer in Gojau. Nach anfänglicher Verweigerung nahm der erstere das Amt an, wurde von Bernhard Breil sofort bestätigt und in spiritualibus installiert, der Oberhauptmann, der dem Wahlakte beiwohnte,[40] über|[15]gab ihm die Temporalien. Am 19. September reisten die Aebte ab.

Einige Tage später erschien P. Benedikt Gams, der Sekretär des Generalvikars, in Goldenkron mit dem ausdrücklichen Verbot, Bernhard Breil zur Wahlhandlung zuzulassen. Er kam zu spät. Auf die Nachricht vom geschehenen Wahlakt hin erklärte nun Hilger diesen für ungiltig und kassierte ihn mit der Begründung, er verstoße gegen das Schutzrecht des Kaisers und die Satzungen des Ordens, der Vorsitzende sei nicht im Besitze der entsprechenden Jurisdiktion gewesen. Er verbot, den Abt als Haupt anzuerkennen. Diesem untersagte er bei Strafe der Inhabilität jede äbtliche Handlung. Die Verwaltung des Klosters sollte der Sekretär mit zwei Senioren führen, bis die Neuwahl angestellt werde.[41]

In der schwierigsten Lage war nun der neue Abt Bernhard Paccman. Wenn auch mutlos und zum friedlichen Ausgleich geneigt,[42] blieb er doch bei der einmal gewählten Rechtsauffassung und übergab die Leitung nicht. Die unsicher schwankenden Konventualen boten ihm wenig Stütze; Hilgers Anhänger traten wieder hervor. Die Gefahr einer unheilvollen Spaltung drohte.

Da kam dem Abte wieder der Krumauer Oberhauptmann zu Hilfe. Am 10. Oktober schickte er eine ausführliche Darstellung an den Konvent, in der er die Beweisführung des Abtes Hilger entkräftete. Er mahnte sie zur Einheit und zum gemein|[16]samen Vorgehen mit ihrem Prälaten und stellte ihnen im Falle der Unbeständigkeit die Ungnade des Fürsten und den gänzlichen Ruin des Klosters vor Augen.

Dadurch festigte sich die Autorität des Abtes und die Einheit der Führung blieb erhalten. Die Anordnungen des Generalvikars traten nicht in Kraft.

Am 10. Oktober fertigte endlich die böhmische Hofkanzlei den langerwarteten Bescheid auf die Anfrage Hilgers aus,[43] doch im gegenteiligen Sinne. Die Wahl habe wie bisher unter dem Schutz des Fürsten zu geschehen, da Goldenkron nicht zu den standesmäßigen Prälaturen zähle.

Trotzdem wollte Abt Hilger die Wahl nicht gelten lassen. Am 20. Oktober fuhren gegen Abend zwei Wagen unter Bedeckung einiger bewaffneter Reiter in Goldenkron vor. Sie brachten den Generalvikar und Abt Georg III. Wendschuh von Hohenfurt. Die Absicht war, den Goldenkroner Abt abzusetzen, ein Skrutinium und die Neuwahl anzustellen. P. Matthäus aber eilte sofort durch eine Hintertür aus dem Kloster in das Krumauer Schloß und machte Dietrich von Germersheim davon Mitteilung. Ohne Verzug sandte er unter Anführung des Peter Schlott einen Trupp Soldaten nach Goldenkron, die bereits um zehn Uhr nachts die äußeren Tore besetzten. Sie hatten den Auftrag, jeden Jurisdiktionsakt Hilgers zu verhindern. Am 21. besetzten zeitig früh 20 Mann auch die inneren Zugänge zu den Regularräumen, um dem Visitator von der Abtei her den Eintritt in den Konvent unmöglich zu machen. Doch bahnte sich dieser unerschrocken durch die bewaffneten und |[17]widerstrebenden Musketiere den Weg ins Refektorium; dort rief er den Konvent zusammen. Sein Protest gegen die Gewaltanwandung blieb wirkungslos. Schlott hielt sich an seinen Auftrag. Einige Tage blieb er unter dieser Bewachung im Konvent. In ständiger Verhandlung mit einzelnen suchte er durchzusetzen, was möglich war. Er mahnte sie zum Gehorsam gegen ihn als rechtmäßigen Oberen und stellte ihnen vor, er könne den Abt nicht infulieren, wenn er nicht wüßte, wer es rechtmäßig sei. Sie sollten daher ihre Stimmen erneueren. Anfangs waren der Abt und die wenigen Konventualen im Kloster einer Neuwahl nicht geneigt. Als der Besetzungszustand schon über eine Woche dauerte, einigte man sich in einem Kompromiß. Hilger wollte eine geheime Neuwahl durchgeführt wissen, der Konvent faßte aber diesen Akt bloß als eine Kundmachung und Bestätigung seines ersten rechtskräftigen Willens auf, der Abt als Konfirmation.[44]

Diese Wahlhandlung vollzog sich ganz heimlich am 29. Oktober bei geschlossenen Türen der Kiche und des Konventes ohne jede ordentliche Zeremonie, die zu sehr die Aufmerksamkeit erregt hätte.

Selbstverständlich waren sofort nach der Ankunft der Aebte am 21. Oktober hilfeheischende Briefe nach Heiligenkreuz und Baumgartenberg abgegangen. Bernhard Breil schickte auch eilends seinen Prior, P. Candidus Pfeiffer, der am 28. Oktober in Goldenkron eintraf. Doch konnte er die Wahlhandlung des Generalvikars am 29. Oktober nicht hindern. Als er Glocken|[18]läuten hörte, was den Vollzug einer Wahl anzuzeigen schien, eilte er mit Peter Schlott sofort zum Generalvikar und legte feierlichen Protest gegen den vorgenommenen Akt ein. Abt Hilger brach nun sofort seinen Aufenthalt in Goldenkron ab und reiste nach Hohenfurt weiter.

Für Goldenkron hatte dieser Vorgang den Vorteil gebracht, daß nun Bernhard Paccman auch vom Generalvikar anerkannt wure. Am 6. November erteilte er ihm in Hohenfurt die äbtliche Benediktion.

Am 11. November wollte er Goldenkron auch visitieren. Abt Klemens von Heiligenkreuz hatte aber dem Konvent schon vorher verboten, Hilger als Visitator aufzunehmen.[45] Auch war es im Orden nicht Brauch, im ersten Jahr nach der Abtwahl zu visitieren. Der Oberhauptmann, der davon Kenntnis hatte, schickte wieder unaufgefordert 30 Soldaten ins Kloster, die die Tore besetzten, sodaß der Visitator seine Absicht aufgeben mußte.[46]

3. Die Fortsetzung des Rechtsstreites.

Die Beteiligten fühlten selber, daß solche Vorgänge dem Ansehen des Ordens schwer schaden mußten; sie bemühten sich darum, eine endgültige Entscheidung herbeizuführen.

Abt Hilger hatte schon 1661 mehrere Klagschriften bei Hof gegen die Gewalttätigkeiten des Krumauer Oberhauptmannes eingereicht. Ein Klagepunkt war auch die Zuziehung ausländischer Prälaten zur Wahl in Goldenkron, denen dieses Recht |[19]nicht zustehe. Das Vaterrecht von Heiligenkreuz stellte er dabei in Abrede.

Beide Parteien suchten nun durch scharfsinnige juristische Untersuchungen und Beweise ihre Auffassung zu begründen und durchzusetzen. Das erste Halbjahr 1662 ist davon ganz ausgefüllt.

Abt Klemens hatte mit der Ausarbeitung einer solchen Schrift und überhaupt mit der Führung der ganzen Angelegenehit seinen Sekretär P. Heinrich Liste betraut. Er suchte vor allem die rechtmäßigkeit des Wahlaktes am 18. September 1661 zu beweisen. Nach der alten Ordenssatzung stand dem Vaterabt das Recht der Wahlleitung zu, der Generalvikar konnte erst in zweiter Linie dafür eintreten. In Oesterreich wurde es auch so gehandhabt. Den Besitz des Vaterrechtes bewies P. Heinrich durch Berufung auf die Gründung und die Wiedereinsetzung mittels der Bulle Bonifaz IX. Heiligenkreuz konnte zwar bis 1661 keinen Akt der Ausübung nachweisen, aber auch von Plaß war bei der damaligen Kenntnis der Vergangenheit keiner bekannt. Heiligenkreuz habe sich nun, so schreibt P. Heinrich, in den Besitz seines Rechtes gesetzt.[47]

Abt Hilger wurde zum Vorwurf gemacht, daß er das Ordensrecht mißachte und ausländische Vateräbte nicht anerkennen wolle. Er habe auch den Vaterschaftsstreit, eine geistliche Sache, vor die weltliche Behörde gezogen.

Abt Hilger sprach Heiligenkreuz nicht nur die Vaterschaft ab,[48] er vertrat auch eine grundverschiedene Auffassung |[20]von der Vollmacht eines Generalvikars. Er beanspruchte für sich auch den Vorsitz der Wahlen im Vikariate kraft seiner Jurisdiktion und Bestellung. Für Böhmen war dies auch infolge der geschichtlichen Entwicklung ein Gewohnheitsrecht.[49] Abt Klemens aber machte er zum Vorwurf, daß er sich mit dem Oberhauptmann zur Unterdrückung des Klosters verbunden habe und dessen Freiheit mindere. Daran bleibt richtig, daß die Umstände Klemens bei der Verteidigung seiner Ansprüche zum engen gemeinsamen Vorgehen mit der herrschaftlichen Gewalt von Krumau führten. Vorläufig hatte das Kloster davon noch keinen Schaden, im Gegenteil, die Herrschaft bezahlte jetzt wieder ihren Zins an das Kloster und 1663 ließ die Fürstin zum Ersatz für langjährige Rückstände Materialen für den Kirchenbau herbeischaffen.

Hilger kämpfte im Gegensatz dazu unermüdlich für die Freiheit des Klosters von der fürstlichen Herrschaft und die unmittelbare Unterstellung unter den Kaiser. Dies erklärt seine rege Tätigkeit bei den weltlichen Stellen. Er arbeitete bei der böhmischen Hofkanzlei in Wien, bei den Statthaltern in Prag und beim Kardinalerzbischof Ernst von Harrach von Prag in seinem Sinne. Hier hatte er als Gegenspieler den Oberhauptmann von Krumau, der sich entschieden für die Rechte des Fürsten einsetzte, gegen die von Hilger erhobenen Anklagen verteidigte und sehr geschickt die Vaterschaft von Heiligenkreuz wie die Gültigkeit der ersten Wahl vertrat. Er suchte die Ueberweisung der geistlichen Sache an die Ordensbehörde zu erreichen. Als der Kardinal von Prag |[21]auf Verlangen der Statthalter in den geistlichen Punkten ein Gutachten abgeben sollte, informierte er diesen und das Konsistorium dahin, daß der Bericht sehr günstig für Heiligenkreuz ausfiel. Darin wird der Wahlakt am 18. Sept. anerkannt und beide Parteien werden zur weiteren Verfolgung ihrer Ansprüche an den Papst oder an den Orden verwiesen.[50]

Der Generalabt war durch Berichte von beiden Seiten bereits informiert worden. Er griff aber durch keine Entscheidung in den Streit ein.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1662 wurde es ruhiger. Der Generalvikar hatte für den 25. Juni 1663 ein Provinzialkapitel für Böhmen angesetzt, auf dem er den Frieden herstellen wollte. Auch der Abt von Goldenkron erschien dabei. Was nämlich Hilger schon immer gefürchtet hatte, war kurz vorher eingetreten. Der Oberhauptmann suchte Goldenkron von Sitz und Stimme im Prälatenstand, weil der Herrschaft des Fürsten widersprechend, auszuschließen. Der Generalvikar wollte aber dieses Recht dem Kloster wahren und jetzt auf dem Provinzialkapitel davon handeln.

Die versammelten Aebte beschlossen, gegen die Uebergriffe des Oberhauptmanns von Krumau das Recht Goldenkrons und Hohenfurts bei Hof mit Unterstützung des Kardinals von Prag und der Statthalter zu suchen.

Auch über die Vaterschaftsfrage wurde gesprochen. Man beschloß, den Generalabt zu bitten, Plaß in seinem Rechte zu schützen und den ungestörten Besitz zu veranlassen. Hei|[22]ligenkreuz erscheint hier, obwohl von Bernhard Paccman benachrichtigt, für seine Ansprüche nicht eingetreten zu sein.[51]

In beiden Punkten aber kam es in den nächsten Jahren zu keiner endgültigen Entscheidung.

4. Die Wahl in Goldenkron 1668.

Nach dem Tode Hilger Burghofs am 6. September 1666 wurde Abt Laurentius Scipio von Ossegg (1650–1691) sein Nachfolger als Generalvikar. Er nahm Mai 1667 am Generalkapitel in Cîteaux teil[52] und betrieb hier bei der höchsten Ordensinstanz die Beendigung des Vaterschaftskonfliktes. Das Generalkapitel wollte Heiligenkreuz, das nicht vertreten war, nicht benachteiligen und bestimmte, daß beide Streitteile ihre Beweise dem nächsten Generalkapitel zur endlichen Entscheidung vorlegen sollten. Für die Zwischenzeit ernannte es den Generalvikar zum Wahlvorsitzenden.[53]

Bereits am 3. April 1668 starb in Goldenkron Abt Bernhard Paccman. Der Generalvikar hatte – ganz im Sinne Hilgers – schon während der Todeskrankheit, auf den Entscheid des Generalkapitels gestützt, den Konvent instruiert, das Ableben überhaupt nicht nach Heiligenkreuz zu melden. Sogar der Fürst in Krumau, Johann Christian von Eggenberg, erfuhr erst am fünften Tage vom Tode des Abtes. Er meldete es freilich sofort Abt Klemens, |[23]sprach die Hoffnung aus, daß er sein geistliches Recht doch aufrechterhalten werde, und bot ihm den Beistand seiner weltlichen Gewalt wieder an.[54]

Klemens Scheffer ging aber diesmal zu langsam vor. Da ihm das Dekret des Generalkapitels nicht bekannt war, bat er den Fürsten, mit der Ersetzung so lange zu warten, bis er vom Goldenkroner Konvent eine Antwort auf sein Schreiben bekommen hätte, das ihr Schweigen erklärte.[55]

Inzwischen war Laurentius Scipio am 15. April 1668 nach Goldenkron gekommen und wollte ohne Verständigung des Fürsten die Wahl halten.[56] Doch hinderten ihn dessen Soldaten wieder daran. Darauf wies er ihm persönlich seine Vollmacht vor. Für den Fürsten aber war erste Bedingung Anerkennung seiner herrschaftlichen Rechte. Darauf zerschlug sich die Unterhandlung. Auf das Schreiben von Heiligenkreuz antwortete an Stelle der Konventualen der Generalvikar, machte Abt Klemens arge Vorwürfe, daß sich nun die bei der letzten Wahl zugelassenen Neuerungen zum Schaden des Klosters und des Ordens auswirkten, und teilte ihm seine Ordensvollmacht mit.[57]

Nach acht Tagen nahm er aber doch die Verhandlung mit dem Fürsten wieder auf und mußte ihm das Patronat und die Schutzherrschaft, sowie die Zulassung seiner Kommissäre zu den vorfallenden Akten zugestehen und versprechen, nichts gegen das alte Herkommen zu unternehmen.

|[24]Nun konnte unter seinem Vorsitz die Wahl am 26. April 1668 gehalten werden. Der Abt von Königssaal wohnte ihr als Assistent bei. Die Kommissäre des Fürsten überreichten vorher zugunsten der Heiligenkreuzer Ansprüche einen Protest, der angenommen wurde, beim eigentlichen Wahlakt aber blieben sie in einem Nebenraum.

Diese Wahl brachte P. Mathias Alexius Unger, Pfarrer von Gojau, die Abtswürde.[58] Er wurde in spiritualibus und temporalibus sogleich installiert; am 29. April erteilte ihm der Generalvikar die Benediktion, der der Fürst selber anwohnte.

Klemens Scheffer aber wollte trotz des Generalkapiteldekretes seinen Anspruch auf den Vorsitz noch nicht aufgeben. In Unkenntnis der stattgehabten Wahl und in der Meinung, beim Fürsten Rückhalt zu haben, erklärte er den Entscheid als erschlichen, da Heiligenkreuz nicht gefragt worden sei und das Generalkapitel zu wenig unterrichtet; auch könne es einer päpstlichen Bulle nicht schaden.[59] Er wollte wieder den Abt von Baumgartenberg delegieren, ja er trug ihm sogar die Ueberlassung des Vaterrechtes an, da es Heiligenkreuz wegen der weiten Entfernung nicht genug geltend machen könne. Als er aber vom Vollzug des Aktes hörte, unternahm er keine weiteren Schritte mehr.

|[24]5. Die endgültige Entscheidung.

Bereits für das 1670 ausgeschriebene Generalkapitel hatte Abt Klemens eine umfangreiche Darlegung seiner Ansprüche ausarbeiten lassen. Er stützte sich darin auf die bekannten Gründe: 1. den natürlichen Besitz des Rechtes durch die Gründung; 2. die Wiedergewinnung durch die Bulle Bonifaz IX.; 3. die tatsächliche Besitzergreifung im Wahlakte 1661. Er deutet auch die Möglichkeit einer Appellation nach Rom an, falls das Generalkapitel gegen ihn entscheide.

Da der Generalabt vorher starb, fand das nächste Generalkapitel erst 1672 statt.[60] Der Beauftragte der österreichischen Aebte, P. Candidus Pfeiffer von Baumgartenberg, bekam auch die Vertretung dieser Angelegenheit und die Ueberbringung obiger Beweismittel. Die Entscheidung war jedoch negativ. Das Vaterrecht wurde in vollem Umfang dem Abte von Plaß zugesprochen.[61]

|[26] III. Der Paternitätsstreit um Lilienfeld.

1. Der Prozeß unter Abt Michael Schnabel.

1473 hatte Papst Sixtus IV. durch Vermittlung Kaiser Friedrich III. Lilienfeld von Heiligenkreuz losgetrennt und dem Kloster Rein in Steiermark als Mutterkloster unterstellt.[62] Am 10. Oktober 1594 wurde die uebertragung von Klemens VIII. bestätigt.[63] Rein übte seither auch das Vaterschaftsrecht aus, obwohl Heiligenkreuz seinen Anspruch immer geltend zu machen suchte. Michael Schnabel von Heiligenkreuz und der junge Lilienfelder Abt Matthäus Kolweiß wollten dem strittigen Zustand ein Ende bereiten und brachten die Angelegenheit vor das Generalkapitel 1651 zur Entscheidung.[64] Das Definitorium sprach Heiligenkreuz das Recht der Vaterschaft zu, wollte aber den päpstlichen Bullen nicht entgegenhandeln. Es richtete darum an den Papst ein Schreiben, in dem es von ihm die Restitution für Heiligenkreuz begehrte; dem Ordensprokurator in Rom, Johannes Malgoirez, trug das Generalkapitel auf, den Widerruf der beiden Bullen zu betreiben. Damit wurde er aber abgewiesen. Darauf versuchte er es bei der Kongregation für regularen. Hier unterbrach Abt Michael selber die Fortführung. Darauf erlangte Malgoirez von der signatura justitiae das Dekret, daß der Generalabt als Richter der |[27]Streitsache bestellt wurde.[65] Bevor dieser aber eingriff, setzte bereits die Bemühung der Gegenpartei ein. P. Malachias Rosenthal, der Vertreter Reins,[66] kam im September 1653 persönlich nach Rom, um mit Befürwortung des kaisers und der deutschen Fürsten für eine Bestätigung der Bullen zu arbeiten. Er bestritt die Unparteilichkeit des Generalabtes und trug dahin an, daß die Entscheidung einem Richter in Rom übergeben werde, von dem er sich eine günstige Entscheidung hoffte. Der Generalprokurator, der Heiligenkreuz vertrat, widersetzte sich; da verwies die signatura justitiae, vor der darüber verhandelt wurde, beide Parteien an den päpstlichen Gerichtshof der Rota, als Richter wurde Hieronymus Meltius bestellt.[67] Am 20. Dezember 1653 wurde Abt Michael zitiert, am 27. Juni 1654 stellte er für den Generalprokurator Johannes Malgoirez die Vollmacht zur Prozeßführung aus.[68] Die Lage war nun für Heiligenkreuz ungünstiger. Es mußte die Unterbrechung der verjährung seit 1473 beweisen können. Um die hiezu nötigen Beweismittel in die gerichtlich brauchbare Form zu bringen, mußte der "processus compulsorialis" durchgeführt werden; nach Ladung und in Anwesenheit der Gegenpartei waren die Beweise auf ihre Echtheit zu prüfen; vom erwählten Richter wurden sie dann zusammengefügt, versiegelt und nach Rom gesandt. Am 14. Juli 1655 gab Hieronymus Meltius die Ermächtigung zur Einleitung dieses verfah|[28]rens. Am 20. September übernahm der Schottenabt Petrus Heister das Amt des Kompulsorialrichters. Da der Reiner Abt bis zum 19. Dezember, ebenso beim zweiten Termin am 20. Jänner 1656 keinen Vertreter sandte, fand die prüfung ohne ihn am 27. Jänner 1656 statt. Am 7. Februar meldete sich durch P. Malachias Rosenthal auch die Gegenpartei und verlangte nochmalige Prüfung, da schwerwiegende Gründe das Versäumnis verursachten. Es wurde aber nur die Prüfung der eigenen Beweismittel am 14. Februar gestattet. Sie gingen am 16. nach Rom ab, nachdem am 12. die Heiligenkreuzer vorausgegangen waren.[69]

Trotzdem verzögerte sich weiter der Beginn des Prozesses. Der Prokurator suchte nämlich eine "apertio oris" in der signatura gratiae vom Papste zu erlangen, die die hindernden Klauseln in den Bullen aufheben sollte.

Abt Michael, der langen Verschleppung müde, bat nun, doch einen kurzen Weg einzuschlagen;[70] doch blieb ein diesbezüglicher Versuch beim Papst wie bei der Regularenkongregation erfolglos.

Nun begann der Prokurator wieder bei der Rota die Rechtsfrage aufzurollen. Der Vertreter von Rein wollte aber zuerst eine Entscheidung darüber, wem der tatsächliche Besitz des Vaterrechtes zuzusprechen sei. Dies konnte ihm nicht verweigert werden. Es war nun klar, daß die Rota auf Grund der vorhandenen Tatsachen den Besitz Rein zuerkennen würde; auch der Heiligenkreuzer Vertreter rechnete damit.[71]

|[29] 2. Die Fortführung unter Abt Klemens Scheffer.

Am 20. Mai 1658 fällte die Rota die Entscheidung, daß dem reiner Abte der Besitz der Vaterschaft zuzugestehen sei. Die dagegen vorgebrachten Einwände wurden zurückgewiesen.[72]

Inzwischen war in Rom der Tod des Abtes Michael bekannt geworden. Hilarion Raneatti, ein einflußreicher Cisterzienserabt, der auf Seiten Reins stand, spricht in seinem Schreiben vom 1. Juni 1658[73] die Hoffnung aus, daß der neue Abt von Heiligenkreuz auf die Fortführung des Prozesses verzichten werde; falls er es nicht tue, werde er vollständig verlieren. Er befürwortet jedenfalls eine außergerichtliche Beilegung.

Abt Klemens blieb jedoch wie sein Vorgänger bei der gerichtlichen Fortsetzung.

Auf Grund obigen Entscheides erlangte Rein nun auch ein definitives Endurteil "in possessorio" am 9. Februar 1661, gefällt vom Auditor Carolus Cerrus, das in gleicher Weise wie die erste Entscheidung Rein den Besitz des Vaterrechtes zuspricht.[74]

|[30]Heiligenkreuz wurde zur Vergütung der Kosten verurteilt. Der Vertreter des Abtes Klemens aber hatte bereits rechtzeitig die nötigen Proteste eingelegt, daß Heiligenkreuz dieses Verfahren für überflüssig halte und den Besitz nicht bestreite, dadurch entging es der Zahlung der hohen Auslagen.

Nun hätte Heiligenkreuz den petitorischen Prozeß beginnen können. Doch gab der Generalprokurator Abt Klemens den Rat,[75] damit zu warten, bis überflüssiges Geld da sei. Wahrscheinlich versprach er sehr kostspielig zu werden.

Die Sache ruhte bis 1667. P. Malachias Rosenthal war wieder nach Rom gekommen, um die Beendigung zu betreiben. Da wurde im April sein unaufgeklärtes Verschwinden gemeldet. Vermutlich war es eine Folge von Wahnsinnszuständen, in die er durch Ueberarbeitung gekommen war.[76]

Der Prozeß wurde nun nicht mehr aufgenommen und der Rechtsstandpunkt blieb weiter umstritten.

Erfreulich ist, daß in dieser Periode der Streit das gute Verhältnis zwischen den beiden Klöstern und besonders den beiden Aebten nicht zu trüben vermochte. Als Beweis dafür sei angeführt, daß Abt Klemens 1664 Lilienfeld 4000 fl auf drei Jahre ohne Zinsen vorstreckte, es aber erst 1673 wieder bekam. dafür verehrte ihm Abt Matthäus verschiedene Geschenke.[77]

Am 15. Juli 1666 schlossen die beiden Klöster einen für Lilienfeld günstigen Vergleich über Grundstreitigkeiten |[31]in Pfaffstätten – aus Liebe zum Orden und aus guter Freundschaft, wie ausdrücklich vermerkt wird.[78]

Aus vielen kleinen Zügen merken wir auch das persönliche Entgegenkommen des Generalvikars Matthäus Kolweiß gegen den Abt und Stift Heiligenkreuz; bei der wahl 1658, in der Benediktion der Aebte von Neuberg (1671) und Zwettl (1672) in Heiligenkreuz und besonders 1673 in der Uebergabe des Generalvikariates.[79] Er achtete stets die Rechte des Vaterabtes und freute sich der Reformarbeit, die Abt Klemens in dem ihm unterstellten Klöstern leistete.

IV. Klemens Scheffers Wirksamkeit in Neuberg.

1. Die Visitation im Jahre 1662.

Neuberg war schon während der Reformarbeit des Abtes Michael Schnabel (1637–1658) das Sorgenkind. Balthasar II. Huebmann, seit 1627 Abt in Neuberg, war zu schwach, die Ordnung zu halten und ließ sich zu sehr von den Offizialen leiten. Die Visitation 1656, in der neuerlich die Reform eingeschärft wurde, erreichte auch keine Besserung.[80] Der Abt wechselte nur die Offizialen und gab die Aemter den jüngeren Konventsmitgliedern. Beim Abte in Gunst, fügten sie sich der Ordnung nicht; auf der anderen Seite standen die Senioren, die früher die Aemter bekleidet hatten, im Gegensatz zu den Offizialen – eine traurige Spaltung.

Die Visitation des Generalvikars Matthäus Kolweiß[81] |[32]am 10. Juli 1660 blieb erfolglos, da die meisten die Uebelstände verheimlichten. Da der Prior beim Abte wenig Unterstützung fand, war keiner lange im Amte; 1662 war das Priorat überhaupt unbesetzt.

Um endlich eine Aenderung herbeizuführen, riefen 1662 einige den Vaterabt von Heiligenkreuz zur Visitation. Teilweise war der Beweggrund das Verlangen nach klösterlicher Disziplin und Ordnung, teilweise bei den Senioren auch die Hoffnung, ihre alten Aemter wieder zu erlangen.

Abt Klemens folgte dem Rufe. Eigentlich war der Vaterabt nach der Carta caritatis zur jährlichen Visitation berechtigt und verpflichtet, damals war jedoch diese Vorschrift schon allgemein außer Uebung. Er waählte sich einen erfahrenen Begleiter, P. Johannes Simonis, seinen Novizenmeister; Sekretär war P. Heinrich Liste.[82]

Am 20. Juni 1662 eröffnete er die Visitation, am 21. und 22. hielt er mit dem konvent die skrutinien. Der Personalstand genügte. Unter dem Abte standen 24 Priester, ein junger Frater und zwei Laienbrüder. Sieben Prister wirkten außerhalb des Klosters auf den Pfarreien. Sonst ergab sich kein erfreuliches Bild. Der Abt ließ sich stark von seinem Sekretär, P. Ferdinand Schöggel, und dem Kellermeister Ppaulus Meggenhauser beeinflußen, begünstigte sie und ihren Anhang und schenkte nur ihnen Gehör. Dadurch rissen in der Verwaltung Mißstände ein, für die notwendigen Bauten und die Kirchenbedürfnisse wurde nicht gesorgt.

|[33]Auch viele alte Klagen kehren wieder: das chorgebet wurde unschön gehalten, von den Offizialen wenig besucht. Stillschweigen und Klausur waren nicht entsprechend beachtet, Weltleute konnten im Kloster aus- und eingehen. PP. Paulus und Ferdinand wurde besonders ihr weltliches Auftreten und übermäßiger Weingenuß vorgeworfen. Unter dem Vorwand der Streitigkeiten mit den Konventualen weilten sie oft außerhalb des Klosters. Zur Hebung der Disziplin verlangten einige einen Prior aus Heiligenkreuz, andere Absetzung der Offizialen.

Am 23. Juni hielt Abt Klemens das Schlußkapitel. Nach einer ernsten Kapitelansprache und einer Pönitenzerteilung an P. Johannes Starkh übergab er die Charta visitationis. Sie enthält eingehende Bestimmungen zur Besserung des Klosterlebens. Die Hauptpunkte waren: Feier des Chorgebets für alle, auch die Offizialen, Einschärfung der betrachtung und des wöchentlichen Schuldkapitels. Auch die äußeren Vorschriften: Aufenthalt in der Klausur, Stillschweigen, sollten beobachtet werden. Besonders nahe legte er allen die brüderliche liebe im gegenseitigen Verkehr. Ganz strenge Strafen bestimmt er auch gegen den, der das Keuschheitsgelübde verletzen sollte. Gesellige Zusammenkünfte und das Ausbleiben über Nacht verbietet er. Wein darf nicht aufs Zimmer genommen werden. Die Klausuroberen sollten diesbezüglich öfter visitieren.[83]

Als Prior setzte er seinen Sekretär, P. Heinrich Liste, ein. Bei den Offizialen geschah keine Änderung. Abt Klemens wollte sie nämlich nicht aus eigener Machtvollkommenheit ab|[34]setzen, den Abt aber konnte er durch keine Vorstellungen ihrer Fehler dazu bringen, sie zu entfernen. So gab er sich mit dem Versprechen des Neuberger Abtes zufrieden, das er sie sofort absetzen werde, wenn P. Prior es für notwendig hielte.

2. P. Heinrich als Prior in Neuberg

P. Heinrich hatte einen sehr schweren Stand. Der Konvent war ihm zwar zugetan und willig. Den Offizialen aber vermochte er nicht beizukommen. Klugerweise strafte er ihre Fehler gegen die Ordnung nicht selber, sondern berichtete sie dem Abte. Dieser entschuldigte sie oder gab ihnen eine kleine Buße, von einer Entfernung wollte er jedoch gar nichts hören.

P. Heinrich wandte sich in seiner Not an Abt Klemens, der rasch eingriff.[84] Kraft des Gehrosams befiehlt er Abt Balthasar, P. Paulus und P. Ferdinand innerhalb von 14 Tagen von ihrem Amte zu entfernen. Der Abt wollte beide auf gute Pfarren geben, auf den Widerstand des Konventes hin entschlossen sie sich, im Kloster zu bleiben. Die Umbesetzung wurde erst am 21. August vorgenommen. Cellerar wurde P. Anselm Linner, Sekretär P. Johannes Starkh; P. Leopold Fölsch trat als Vizepräfekt der Oekonomie dem kranken P. Thomas Korner zur Seite.

Die Wirtschaftslage war auch denkbar schlecht. Die Hausmitglieder bekamen nicht einmal genügendes Essen und |[35]die notwendigen Kleidungsstücke. P. Heinrich hatte nun den Plan, dem Verwalter von Reichenau, P. Ludwig Holtz, die gesamte stiftliche Wirtschaft anzuvertrauen. Im Dezember 1662 weilte der Prior in Wien, um mit Abt Klemens darüber zu sprechen. Der Abt von Neuberg benützte die Gelegenheit und lehnte unter dem Vorwand der mißlichen Finanzen die Rückkehr des Priors dankend ab. Trotzdem sandte ihn der Abt von Heiligenkreuz wieder auf seinen Posten zurück.

Seine Stellung war dadurch noch schwerer geworden. Den abgesetzten Offizialen und einigen anderen, die die Beschneidung ihrer Ausschreitungen fürchteten, war der auswärtige Prior ein Dorn im Auge. Sie leisteten seinen Anordnungen offenen Widerstand. So wollten sie ihn aus dem Kloster hinausekeln. Abermals mußte Abt Klemens eingreifen.[85] Diesmal hielt er dem Abt eindringlich die Erfolglosigkeit der Reformarbeit vor, weil sich der Prior auf ihn nicht stützen könne. Vor allem müßten P. Paul und P. Ferdinand vom Kloster auf eine Pfarre entfernt werden, da sie auch die anderen verleiten. Am 6. März 1663 wurden auch die beiden fortgeschickt, P. Paul als Hilfspriester zum P. Benedikt Langhaider nach St. Stephan bei Leoben, P. Ferdinand zum P. Martin Augustin nach Hernstein.

P. Johannes, der sich durch seine Gewalttätigkeit unmöglich gemacht hatte, mußte das Kloster am 15. März 1663 verlassen. Später hielt er sich in Schlierbach auf.

Nun kehrte im Kloster langsam Friede ein. P. Ludwig hatte die gesamte Wirtschaftsverwaltung unter seine Aufsicht genommen. Auf den Abt übte er wohltuenden Einfluß |[36]aus. daß dieser nun auch dem P. Prior sehr zugetan war. P. Heinrich konnte so den Konvent bestens leiten.[86]

3. Die Abtwahl in Neuberg 1663

Ende Juni lag Abt Balthasar auf dem Sterbelager. Er sandte Abt Klemens einen letzten Gruß, dankte für die Visitation und beteuerte, wissentlich nie dem schlechten Betragen gewisser Professen beigestimmt zu haben. Die Schlüssel der Abtei übergab er P. Ludwig. Er verschied am 30. Juni, elf Uhr nachts.

Abt Klemens übertrug sofort die geistliche Leitung P. Prior, die Stiftsverwaltung gab er nach dem Wunsche des verstorbenen P. Ludwig Holtz, der sie mit P. Leopold Fölsch, dem Oekonomen, zusammen führte.

P. Heinrich meldete den Tod auch der Grazer Regierung. Am 11. Juli kamen ihre Kommissäre und nahmen die Inventur vor. An Geld fanden sie 1400 fl vor, die Schulden beliefen sich auf 2800 fl.

Abt Klemens hatte bereits die Leitung der Neuwahl zugesagt. Seit der kaiserlichen Resolution vom 28. Februar 1661 durfte auch in Steiermark, wie schon vorher in Oesterreich, der Erwählte nicht publiziert werden, bevor der Kaiser seine Genehmigung erteilt hatte. Klemens mußte darum noch bei Hof um Dispens davon ansuchen, um dem Kloster den unnötigen Kostenaufwand zu ersparen.

Nachdem er sie erlangt, begab er sich sogleich zur Wahl nach Neuberg. Im vorbereitenden Kapitel legte er den Wählern eine Postulation nahe; vielleicht dachte er an P. Heinrich Liste. Sie erkoren jedoch am 25. Juli 1663 aus ihrer |[37]Mitte P. Johann Ludwig Holtz zum Abte. Der gute und bescheidene, aber etwas ängstliche Mann weigerte sich anfangs, erklärte sich schließlich auf Zureden des Abtes und der Mitbrüder zur Annahme bereit, wurde von Abt Kklemens sofort konfirmiert und in spiritualibus installiert, die Kommissäre übergaben die Temporalien.[87]

Doch nicht alle hatte reine Absicht zu dieser Wahl bewogen. Da sie seine Güte kannten, hofften die Aelteren, wieder zu ihren Aemtern zu kommen, die Jüngeren, noch mehr die Zügel der klösterlichen Disziplin zu lockern. Der Abt erkannte ihre schlechten Absichten, war aber in einem argen Zwiespalt: er hielt Zucht und Bestrafung der Ausschreitungen für notwendig, fürchtete sich aber dennoch aus alter Freundschaft mit seinen Mitbrüdern, damit Ernst zu machen. Dieses Dilemma machte ihn ganz krank und entschlußunfähig. Dem P. Prior begegnete er freundlich, teilte ihm wie Abt Klemens seinen Entschluß mit, zu resignieren, und erklärte dies auch am 13. August vor dem versammelten Kapitel. Auf Zureden und Ermutigung des Konvents hin wich aber sein Schwermut und seine Energielosigkeit tatkräftigem Handeln.

Am Feste des hl. Bernhard, 20. August, nahm er die Neubesetzungen vor, übertrug die Leitung in geistlichen Dingen vollständig dem Prior Heinrich und gab den strengen Auftrag, ihm mit aller Liebe zu begegnen. P. Johannes, der kurz zuvor zurückgekommen war, mußte er gleich wieder aus dem Kloster auf eine Pfarre ausweisen.

|[38] 4. Die Rückberufung des P. Heinrich

Die Senioren, die seinerzeit nach der Visitation des Abtes Klemens verlangt hatten, sahen sich in ihren Erwartungen getäuscht und strebten ebenfalls nach der Entfernung des Priors. Der Konvent war also geeint gegen ihn. Unter solchen Umständen wünschte er selber die Abberufung, doch sollte dabei der Ehre von Heiligenkreuz kein Eintrag geschehen.

Noch einmal stützte Abt Klemens seine Autorität durch ein Schreiben an Abt Ludwig. Dieser zeigte sich über die Mißachtung des Priors sehr betrübt, ließ den Brief im Kapitel vorlesen und die Schuldigen mußten P. Heinrich Abbitte leisten.

Grund der Ablehnung war vor allem die scharfe Forderung des P. Prior nach Ordnung, Beobachtung der Klausur, des Silentiums und der Mäßigkeit.[88] Sie sahen nicht gerne, daß er immer dem Abte von ihren alten Fehlern berichtete und mit diesen Sorgen beschwerte. Wenn er allein etwas anordnete, leisteten sie aber auch nicht Folge.

Ein neuerlicher Vorfall brachte die Entscheidung. P. Gregor Kainz legte P. Prior bei der Matutin ein Ei auf den Sitz, dessen Flecken er zu ihrem Spott auf der Kukulle herumtrug. Der Abt verlangte darauf am 23. (oder 24.) September die Offenbarung des Schuldigen unter Androhung der Exkommunikation. Er meldete sich auch geheim dem P. Subprior, in der Hoffnung, mit einer geheimen Buße wegzukommen, Doch P. |[39]Heinrich verlangte vom Abte, der inzwischen von Reichenau gefahren war, öffentliche Bestrafung. Dieser traf nun die Verfügung: dreitätigen Karzer, am 1. Tag bei Wasser und Brot, die anderen mit mäßiger Speise. Doch schlug er auch eine mildere Buße mit rücksicht auf die Selbstoffenbarung vor. P. Prior wählte die strengere aus und bekam auch die Exekution zugewiesen. Am 29. September hielt er das Kapitel über ihn und begann die Anwendung der Strafe. Der Konvent war sehr aufgebracht, nicht bloß über diese Exekution, sondern auch über die Anordnung, die er kurz vorher eigenmächtig gegeben, daß der übriggebliebene Wein nach dem Essen den Armen zu geben, das Trinken verboten sei und auch bei der zweiten Mahlzeit Tischlesung gehalten werde.[89] Noch mehr erregte sie, daß der Prior den Eingesperrten auf ihr Bitten auch über Nacht nicht auf seine Zelle ließ. Unverzüglich teilten sie alles dem Abte mit. Er traf sofort am 30. September, durch die Berichte umgestimmt, die Anordnung, P. Gregor die Freiheit zu geben, was die Konventualen noch am selben Tage ausführten, ohne den Prior, den der Abt auch davon verständigt hatte, um seine Meinung zu fragen.

Als Abt Klemens von diesen Vorfällen erfuhr, ließ er an P. Heinrich die Abberufung vom Priorat in Neuberg ergehen, sei es, daß er selbst nicht mehr an ein erfolgreiches Arbeiten in diesen Verhältnissen glaubte, sei es, daß er mit der Art des P. Prior nicht ganz einverstanden war.

Anfangs Oktober verließ P. Heinrich Neuberg.[90]

|[40] 5. Der Disziplinarfall des P. Anselm Linner.

P. Anselm Linner aus Graz wurde 1659 in Neuberg eingekleidet. Es zeigte sich bald, daß er zu geistlichen Verrichtungen wenig brauchbar war, seine Kritiksucht machte sich hingegen störend bemerkbar. Im August 1662 wurde er Cellerar. Als er von einer Romreise (um das Jahr 1665) zurückkam, war der Posten bereits von einem anderen besetzt, da gegen ihn verschiedene Klagen laut geworden waren. Seine Unzufriedenheit wuchs, zusammen mit P. Simon Lechner, seinem Mitnovizen, trat er gegen den Abt auf, verlangte sein vermeintliches Recht, verwarf abder den Abt als zuständigen Richter.

Am Palmsonntag, 25. März 1668, hatte er sich deshalb vor dem Kapitel zu verantworten. Wegen seiner Widersetzlichkeit ließ ihm der Abt in den folgenden Tagen die drei kanonischen Mahnungen geben, sch zu unterwerfen, auf eine Pfarre zurückzuziehen und den Frieden nicht zu stören. Dort könne er seine Klage an den Vaterabt ausarbeiten und einreichen. Aber erst am 29. März begab er sich, bereits exkommuniziert, nach Reichenau ohne Zeichen der Besserung. Auf die wohlmeinenden Vorschläge des Abtes hatte er nur verzweifelte Antworten. Schließlich ging er doch nach St. Stephan bei Leoben, wo P. Paul Meggenhauser die Seelsorge versah, wie man ihm nahegelegt hatte. Die Dimissorien, die ihm der Abt für den Aufenthalt außer dem Kloster erteilte, zerriß er, als er sie bekam, und äußerte die Absicht, gänzlich vom Orden abzufallen. P. Paul wußte ihn jedoch dahin zu bringen, |[41]daß er bereit war, sich zu unterwerfen, wenn man ihm nur sagte, was für Vergehen man ihm eigentlich zur Last lege. P. Paul fragte auch beim Abte an, ob er ihn ins Kloster zurückrufen werde.

In dieser schwierigen Lage sandte Abt Ludwig am 22. September seinen Prior zum Vaterabt Klemens, um sich über das einzuschlagende Verfahren Rat zu holen. Als Vaterabt bildete er die nächsthöhere Instanz und in dieser Eigenschaft zitierte er P. Anselm, vor ihm zu erscheinen und sich zu verantworten. Die ihm zur last gelegten Vergehen gab er ihm genau bekannt. P. Anselm wies jedoch auch diese Möglichkeit der Rechtfertigung von sich. Zum Vorwand nahm er, daß er aus dem Schreiben seines Abtes erkenne, daß ihn dieser nicht mehr im Kloster haben wolle. Darum teilte er diesem seinen Entschluß mit, den Ordensstand zu verlassen.

Abt Ludwig wurde durch die unerwartete Zurückweisung der Zitation wieder schwankend und nachgiebig. Er wollte ihm schon den Weg ins Kloster ebnen oder wenigstens Dimissorien ausstellen, um für Neuberg die Schande eines Austrittes zu ersparen. Abt Klemens sah aber in dieser Widersetzlichkeit ein Zeichen, daß P. Anselm seiner Sache mißtraute. Der Abt sollte ihn ruhig gehen lassen, war sein Rat, wenn er auf die väterlichen Ermahnungen nicht hören wolle.

Da erschien P. Anselm am 18. Oktober im Kloster, innerlich gänzlich umgewandelt. Er beklagte seinen Irrtum und seine Hartnäckigkeit, versprach Besserung und bat, wieder in das Kloster aufgenommen zu werden. Der Beichtvater der Nonnen von Göß hatte diese ernste Bekehrung und die Einsicht |[42]in die eigenen Fehler in die Wege geleitet. Der Abt brachte P. Anselm in eine Gastzelle; von Chor und Tisch blieb er getrennt. Abt Ludwig fragte nun wieder bei Abt Klemens an, was er jetzt mit dem reuig Zurückgekehrten beginnen solle. Er schien bereits wieder zu größter Milde geneigt; Klemens aber war der Ansicht, hier zeige sich die Liebe in einer strengen Bestarfung und bestimmte als Buße: durch acht oder wenigstens drei Tage soll er bei Wasser und Brot in den Karzer kommen (die eine oder andere Speise darf ihm gegeben werden); beim Kapitel ist er während des Psalmes Miserere mit der körperlichen Diziplin zu strafen. Durch einige Monate soll er der letzte, wenigstens der Priester, sein, um seine Demut zu erproben. Ihm selbst möge er durch schriftliche Abbitte für die Verachtung Genugtuung leisten.[91]

Die Buße wurde genau erfüllt; am 8. dezember leistete er Abt Klemens die gewünschte Bitte um Verzeihung.[92] Damit vollzog sich seine Wiederaufnahme in die Gemeinschaft.

P. Simon Lechner, dem P.Anselm jetzt besonders die Schuld an seiner Auflehnung gab, hatte schon früher den Wunsch geäußert, in anderen Klöstern hospitieren zu können. Abt Klemens war damit einverstanden. Mitte November 1668 verließ er Neuberg und ging nach Heiligenkreuz. Er weilte auch in Zwettl und Säusenstein und kehrte erst nach dem Tode des Abtes (1672) in sein Kloster zurück.[93]

|[43] V. Klemens Scheffers Tätigkeit in Baumgartenberg.

1. Die Visitation im Jahre 1667.

In Baumgartenberg bekleidete Bernhard Breil die äbtliche Würde seit dem 25. April 1649. Vorher hatte er schon neun Jahre das Neukloster in Wiener-Neustadt in bester Weise als Abt geleitet.[94] Auch Baumgartenberg erholte sich unter seiner segensreichen Regierung von dem geistigen und disziplinären Tiefstande der vorhergehenden Periode. Die Visitatoren, Michael Schnabel (1652), der Generalabt Claudius Vaussin (1654) und Matthäus Kolweiß (1659) sprachen sich mit Lob und Anerkennung über das Kloster aus, wenn auch kleinere Fehler abzustellen waren.[95]

Nach und nach gestalteten sich aber die Verhältnisse ungünstiger. Der Abt war von großer Liebe zum Orden und Eifer für die klösterliche Disziplin beseelt, hatte dabei jedoch eine gütige und nachgiebige Natur. Heiligenkreuz bewahrte er zeitlebens große Anhänglichkeit und richtete sich ganz nach dem Mutterkloster, mehr als manchem aus seinem Konvente lieb war. In diesem gab es einige, die den Charakter des Abtes kannten und auszunützen wußten und so im Kloster Unfrieden erregten.

Besondere Beachtung verdient die Persönlichkeit des P. Candidus Pfeiffer, der damals das Priorat bekleidete.[96]

|[44]Vor seinem Eintritt hatte er schon in Wien Philosophie gehört; am 11. November 1652 legte er in Baumgartenberg die Profeß ab, setzte die Theologiestudien in Wien fort und primizierte am 16. Mai 1656. 1657 (spätestens 1658) machte ihn Abt Bernhard zum Prior; nach glänzendem Examen wurde er am 9. Juni 1661 in Wien zum Doktor der Theologie promoviert.[97] Er besaß einen ungemein scharfen Verstand, geistreichen Witz und eine glänzende Beredsamkeit. Schattenseiten waren ein gewisser Stolz auf seine Fähigkeiten und Leistungen und Ehrgeiz, der ihn gerne Ehren anstreben ließ. Mit den Aebten Bernhard Breil, Klemens und Matthäus von Lilienfeld gehört er zu den bekanntesten und tätigsten Ordenspersönlichkeiten der damaligen Zeit.

Am 14. September 1667 teilte Klemens Scheffer dem Abte Bernhard von Baumgartenberg seinen Entschluß mit, seine erste Visitation als Vaterabt dort vorzunehmen. Am 25. September traf er in Begleitung des P. Kaspar Asam, seines Sekretärs und Priors von Heiligenkreuz, in Baumgartenberg ein, am 26. begann er die Skrutinien. Im Stiftsverbande standen unter Abt Bernhard 21 Priester, 4 Kleriker, 3 Novizen und 2 Laienbrüder. Seit Juni weilte P. Gerhard Königstorffer aus Säusenstein hier als Gast. Einige der Priester verwalteten außer der Stiftspfarre Pergkirchen noch andere Pfarrstellen, so |[44]halfen zwei auf Wilheringer Pfarren aus, drei auf Weltpriesterpfarren. Die ursache war die Dürftigkeit und Unterstützung ihrer Verwandten. Außer zweien waren alle zur Visitation erschienen.

Der Abt konnte vielen seiner mönche das zeugnis eines lobenswerten klösterlichen Betragens ausstellen. Gegen den Prior Candidus Pfeiffer aber hatte er, wie schon bei der vorigen Visitation 1659, manche Klage vorzubringen. Anscheinend war er mit der strengen Ordnung, wie sie die Heiligenkreuzer Aebte in Baumgartenberg durchführen wollten, nicht einverstanden; er machte selbst viele Ausnahmen und gewährte sie seinen Freunden. Er mischte sich auch zuviel in die Temporalienverwaltung, brachte überhaupt dem Abte nicht die gebührende Achtung entgegen und traf seine eigenen Anordnungen nicht nach dessen Willen. Er liebte auch die Gesellschaft und einen guten Trunk; wenn von auswärts Mitbrüder kamen, unterhielt er sich mit ihnen oft lärmend bis in die tiefe Nacht. Diese Verletzung der Klosterruhe nahmen ihm Abt und Konvent besonders übel. Doch hatte er sich seit der Rückkehr von Säusenstein im Jänner 1667[98] im allgemeinen der Ordnung eingefügt.

Der Abt und andere bezeichneten aber p. Nivard Göz als Anstifter und bösen Ratgeber des P. Prior und verlangten dessen Entfernung, um die Zwietracht im Keime auszurotten.

Die vielen kleinen Beschwerden und Anfragen, die der Abt noch vorbrachte, beweisen, daß er es mit allen Vorschriften genau nahm, daß im allgemeinen eine gute Ordnung und eifrige Feier des Chorgebetes in Uebung war.

|[46]Wie der Prior es selbst gewünscht hatte, teilte ihm Abt Klemens die vorgebrachten Klagen mit. In Bezug auf die Unterhaltung mit den Gästen verteidigte er sich mit der alten Gewohnheit; er sei deshalb noch nie vom Abte getadelt worden, obwohl er sonst auch kleine Fehler tadle. Abt Bernhard hatte dies tatsächlich nur allgemein im Kapitel verboten. Einige hatten sich auch über sein liebloses Benehmen beschwert, doch trügen sie selber Schuld daran.

Klemens kannte die Abneigung des Priors gegen Heiligenkreuz; er schlug darum seine Absetzung vor. Abt Bernhard trat für sein Bleiben ein, wenn er zur Unterordnung ermahnt werde. Der endgültige Bescheid des Visitators an P. Candidus lautete nun dahin, daß er aus besonderer Gnade noch Prior bleibe. Legt er aber seine tadelnswerten Gewohnheiten nicht ab, so möge er resignieren, da man sonst gegen ihn vorgehen werde. Seine Mitbrüder soll er gleichmäßig behandeln und nichts ohne Wissen des Abtes unternehmen.

Im Schlußkapitel am 29. September übergab er dem Konvent die Charta visitationis. Darin betonte er vor allem, den Abt zu lieben und seine Anordnungen auszuführen. Dann kam gleich die Nüchternheit und Mäßigkeit sowie das Verbot nächtlicher Trinkrunden unter strengster Strafe. Er schärfte weiter das wöchentliche Schuldkapitel ein, das öfter vernachlässigt worden war. Die studierenden Fratres unterstellte er der Leitung des P. Subprior. Das Tragen der Tonsur für alle und das Stillschweigen brachte er wieder in Erinnerung. Soweit ergänzte er die Vorschriften der früheren Visitatoren, die auch in Kraft blieben.

Im Einverständnis mit dem Abte nahm der Visitator auch |[47]einige Personalveränderungen vor. An die Stelle des Subpriors P. Robert Müller, der freiwillig resignierte, trat P. Theobald Hebenstreit; das Vestiariat übernahm für ihn P. Stephan Wisperger; der frühere Subprior erhielt das Küchenamt und den Schüttboden. Für P. Nivard Göz wurde ein längerer Aufenthalt in Heiligenkreuz bestimmt[99] Den Baumgartenberger Professen P. Benedikt Walter, der sich um eine Pfarrstelle bewerben wollte, brachte Abt Klemens auf der Rückreise, die ihn über das Kloster Säusenstein führte, einstweilen in dieses Stift.[100]

2. Der Besuch in Baumgartenberg 1669

Im Frühjahr 1668 bat Klemens Scheffer den Abt von Baumgartenberg, für den P. Nivard, der in Heiligenkreuz weilte, seinen Professen P. Franz Radler zur Erholung von schwerer Krankheit hinaufschicken zu dürfen. Ende Mai 1668 fuhr dieser mit den Klerikern, die zum Empfang der Weihen nach Wien gekommen waren, in das Kloster Baumgartenberg.[101]

Hier beobachtete er scharf die Schwächen und Mißstände im Konvent, besonders die wachsende Abneigung gegen das Mutterkloster. Charakteristische Aussprüche schrieb er sich auf, um sie Abt Klemens bei Gelegenheit mitzuteilen.

Die Zustände hatten sich seit der Visitation nicht gebessert. P. Prior war vielmehr durch sie in seiner Abneigung gegen das Mutterkloster bestärkt worden. Durch seine Beredsamkeit und Agitation brachte er immer mehr Konventualen zu seiner Ansicht, sodaß auch sie in der Abhängigkeit von Hei|[48]ligenkreuz nur ein lästiges Joch und die Unterdrückung ihrer Freiheit sahen.


  1. Pexa, M. Schnabel, S. 110–114. (Diss.) 1927.
  2. Geb. am 27. Februar 1629 zu Wien in der "Neuen Welt" (heute I., Kumpfg.); Lebensdaten nach Höffner, Cor. fratr., S. 51; Memor., S. 59 f.
  3. Dieses Amt versah er (mit Unterbrechungen) 1639–1672; er war mehrmals Subprior, einmal Prior in HL+. Watzl, Nr. 465.
  4. Aebtl. Sekretär v. 30. Sept. 1654 – 3. Mai 1656; seit 12. Nov. 1655 Subprior.
  5. "...den Convent in Abwesenheit des Herrn Prelaten in guter Disciplin und Ordnung dergestalt erhalten, daß der Prelat selber gegen ihme Priorem eine sonderbare Lieb gefaßt..., auch..seine Mitbrüder gegen ihme... ein gutes Vertrauen tragen.." Bericht der Kömmissäre, Klosterratsakten, Archiv f. Niederösterr.; Ct. 140, Fasc. 6, Nr. 8.
  6. Bericht d. Kommissäre v. 8. April 1658, Archiv f. N. Oest., Ct. 140, F. 6, Nr. 8.
  7. Damals Clausius II. Briffault (1620–1662). 1135 war Heiligenkreuz von dort aus gegründet worden.
  8. Die landesfürstl. Kommissäre waren: Abt Petrus Heister v. Schottenkloster in Wien, Joh. Jakob Graf v. Brandis, Dr. Johann Suttinger zum Thurnhoff u. der Klosterratssekretär Joh. Pistorius. – Die Wahlangaben finden sich Memor. S. 3–17, C. A. , S. 164.
  9. Siehe S. 107.
  10. AH+ 60 III 17. (Perg.)
  11. Er starb am 31. März 1693 in Wien.
  12. 1659 gewann er das Gut Mönchhof wieder, 1686 kaufte er Wildegg.
  13. Vgl. Gsell, Benedikt: Das Stift Heiligenkreuz und seine Besitzungen im Jahre 1683. Stud. u. Mitt., IV. Jgg., 1883, 1. Bd., S. 284–94, 2. Bd. S. 81–89, 330–343.
  14. dt. 5. April 1659, AHl+ 13, III, 1.3.6.
  15. Memor., S. 98 u. 158.
  16. Carta car., cp. 2 u. 4. Omnem curam habeat ordinationis illius (scl. domus). Nom. Cist., S. 71.
  17. Bulle "Parvis fons" v. 6. VI. 1265. Nom. Cist. S. 369.
  18. Vgl. Müller Gregor, Studien über das Generalkapitel, XLIX. Generalvikare. Cist. Chr. 1907. 19. Jgg. S. 306–313.
  19. Die Daten sind entnommen: Janauschek, Origines Cisterc.
  20. Békefi, Remigius: Geschichte des Cistercienserordens in Ungarn. Cist. Chron. 1900, (12. Jgg.) S. 97.
  21. Tobner, Matthäus Kolweiß, S. 85/86.
  22. Vgl. S. 26–30.
  23. Siehe S. 9 f.
  24. Pangerl Mathias: Urkundenbuch des Cistercienserstiftes Goldenkron. Fontes rer. Austr. Bd. 37. Nr. 4.
  25. Das Generalkapitel, nach der Ordensverfassung die jährliche Versammlung der Aebte, bildete die gesetzgebende Körperschaft und oberste richterliche Instanz für den Orden.
  26. In Böhmen, nördlich von Pilsen, gegründet 1145, Orig. Cist.
  27. Die Uebertragung geschah "sine contradictione in perpetuum plano jure." Urk.-buch von Goldenkron, Nr. 6.
  28. Die Begründung entsprach nicht genau den Tatsachen. Das Generalkapitel handelte auf die Bitte des Königs hin in Würdigung seiner Verdienste um den Orden! Im 17. Jhdt. wurde daher die Bulle Bonifaz IX. als "sub- et obreptitia" und darum als ungültig bezeichnet. Originalperg. AHl+ 56 III 7. Urk.-buch Nr. 131.
  29. Z. B. 1408, 1472, 1481, 1526, 1553. Urk.-buch Nrr. 151 b, 225 a, 233, 256 a; Schmidt, Valentin: Goldenkrons Knechtung, Cist. Chr. 24. Jgg. 1912, S. 33 f.
  30. Schmidt, Val.: Die Goldenkroner Matrikel. Cist. Chr. 28. Jgg. 1916, S. 153–161.
  31. 1616 wurde Georg Huber vom Generalabte persönlich, 1623 Andreas Pachmann unter dem Vorsitz seiner Bevollmächtigten, der Aebte von Hohenfurt und Wilhering, zum Abte bestellt. AHl+ 65 I 10.
  32. Abt von Welehrad, Königssaal, Ossegg und Saar, + 18. III. 1650. Cist. Chr. 1927, 39. Jgg. S. 98.
  33. Profeß 1618; vor der Abtwahl Prior im Stifte Welehrad und Beichtvater im Cistercienserinnenkloster Tischnowitz in Mähren. Watzl. Nr. 437.
  34. AHl+ 65 I 3.
  35. Die meisten stiftlichen Güter hatte schon das Geschlecht der Rosenbergs als Schutzherren des Klosters an sich gebracht. Kaiser Ferdinand II. schenkte sie in Verbindung mit der Herrschaft Krumau am 23. XII. 1622 Hans Ulrich Eggenberg zugleich mit der Schutzherrschaft über Hohenfurt und Goldenkron. Zur Zeit führte Anna Maria Fürstin zu Eggenberg die Verwaltung für ihren minderj. Sohn Johann Christian. Im Herzogtum Krumau vertrat sie der Oberhauptmann Dietrich von Germersheim.
  36. Profeß von Lilienfeld, um 1650 Professor am Collegium Bernardinum in Prag, Abt 1654 – 6. IX. 1666. Am 15. XI. 1655 wurde er Generalvikar. Tobner, Katal. Nr. 342.
  37. Briefe des P. Bernhard Paccmann v. Goldenkron an Abt Bernhard Breil von Baumgartenberg v. 13. u. 16. Juli, die letzterer Abt Klemens zukommen ließ. AHl+ 65 I 4.
  38. Profeß von Hl+, Abt von Neukloster in Wr. Neustadt 1640–1649, dann Abt in Baumgartenberg. Vgl. Pexa, Abt Bernhard Breil, Cist. Chron. 1933 (45. Jgg.) S. 291–314.
  39. Sein Name ist auch Baccman oder Pachmann geschrieben. Er war Heiligenkreuz treu ergeben.
  40. Später machte man deshalb dem Vorsitzenden schwere Vorwürfe, er habe dadurch den Freiheiten des Klosters geschadet.
  41. dt. 30. Sept. 1661 aus Saar, in Goldenkron am 7. X.; AHl+ 65 I 4.
  42. Dem Abte Bernhard Breil schlug er dazu eine Zusammenkunft aller Beteiligten in Wien vor. Br. v. 7. Okt. 1661. AHl+ 65 I 4.
  43. Siehe Seite 13.
  44. Dies dürfte die beste Erklärung der widersprechenden Angaben sein, die bald von Wahl (Hilger), Konfirmation (Konvent) oder lächerlichem, ungültigem Akt sprechen (Oberhauptmann). Ueber den eigentlichen Vorgang findet sich keine Andeutung.
  45. dt. 25. Okt. 1661. AHl+ 65 I 4.
  46. Sämtlich AHl+ 65 I 4.
  47. Schrift vom 3. März 1661. AHl+ 65 I 4. P. Heinrich brachte sie persönlich Mitte März nach Goldenkron.
  48. Die Begründung überließ er dem Abt von Plaß, der sonst wenig hervortritt. Hauptpunkte waren: Ungültigkeit der Bulle wegen Sub- und Obreption und Präskription durch 2 1/2 Jahrhunderte.
  49. Siehe Seite 9.
  50. Ende Juni 1662. Damit blieb Heiligenkreuz wenigstens im Posseß des Rechtes, wenn auch die rechtsfrage selbst noch nicht entschieden war. AHl+ 65 I 4.
  51. Statuta Cap. Prov. Bohemiae, Cist. Chr. 1910 (22. Jgg.), S. 331 f.
  52. Des Abtes Laur. Scipio Reise zum Generalkapitel 1667. Cist. Chr. 1896, (8. Jgg.) S. 289–296. Ueber das Generalkapitel siehe auch Seite 67–70.
  53. AHl+ 65 I 4.
  54. dt. Krumau, 8. April 1668, AHl+ 65 I 15.
  55. dt. 12. april 1668, AHl+ 65 I 15.
  56. Die Inventur vorzunehmen, hatte der Konvent ihm bereits verweigert.
  57. dt. Hohenfurt, 17. April 1661, AHl+ 65 I 15.
  58. Geb. am 24. Febr. 1622, Profeß 1655, dann Pfarrer in Gojau. Nach einer segensreichen Regierung und einem Jahr sehr frommen Lebens starb er 1701. Nach Mitteilung des P. Alois Martetschläger, S. O. Cist., Hohenfurt.
  59. dt. 28. April 1661 an den Konvent und den Generalvikar; AHl+ 65 I 15.
  60. Siehe S. 73. ff.
  61. "Cap. Gen...contra bullam clarem D. Plassensi ..adjudicat. Quid juris?" C. A. Seite 205.
  62. Bulle vom 16. Sept. 1473. Anlaß bot eine Wahlstreitigkeit. Vgl. Pexa, M. Schnabel; S. 115 f.
  63. Tobner, Lilienfeld, S. 231.
  64. Pexa, M. Schnabel; S. 117–122. Der folgende prozeßverlauf ist aus dem Archive lilienfeld und Hl+ teilweise ergänzt.
  65. dt. Rom, 3. Dez. 1652. Orig. AHl+ 68 II.
  66. Geb. 1614 bei Aachen, Profeß von Lilienfeld am 6. Jänner 1631, 1649 Dr. Theol., wurde in verschiedenen Rechtsstritten des Klosters als Vertreter verwendet. Tobner, Katal. Nr. 322.
  67. Kurz vor dem 6. Dez. 1653. Brief des Prokurators v. 6. Dez. an Michael Schnabel, AHl+ 68 III 8.
  68. AHl+ 68 III 2.
  69. AHl+ 68 II.
  70. 25. Aug. 1657. Brief des Prokurators v. 2. Febr. 1658 AHl+ 68 III 8.
  71. AHl+ 68 III 8. Brief v. 2. Febr. 1658.
  72. Es war das dubium vorgelegt, an Abbati Runensi concedenda esset manutentio. "Manutentionem in quasipossessionem exercendi superioritatem in Monasterium Campililiorum Abbati Runensi concedendam fore, ... fuit resolutum." Arch. Lilienfeld, A III 48.
  73. Von Rom an einen unbekannten Empfänger, vielleicht P. Malachias Rosenthal. Arch. Lilienfeld A III 48.
  74. Arch. Lilienfeld A III 48; "... decernimus et definitive pronunciamus constitisse et constare de vera, legitima, reali, quieta ac titulata possessione dictae Superioritati et Paternitatis dicti Monasterii Campililiorum praefati Rmi Abbatis de Rhuna cum titulo literarum Apostolicarum et ideo molestationes vexationes et perturbationes eidem praestitas a dicto Rmo Abbate Sanctae Crucis de et super dicta possessione fuisse et esse illicitas et temerarias at tales esse declarandas prout declaramus manutentionemque et mandatum de manutenendo contra ipsum Rmum Dominum Sanctae Crucis in pacifica et quieta possessione Paternitatis et omnimodae superioritatis in favorem dicti Rmi Abbatis de Rhuna decernendum et declarandum fuisse et esse prout decernimus et declaramus..."
  75. Brief v. 9. März 1662. AHl+ 60 V 10.
  76. Tobner, Katal. Nr. 322; Notitia, S. 17–22.
  77. AHl+, 3 V und Notizen des P. Nepomuk Weiß.
  78. Tobner, Lilienfeld, S. 301.
  79. Siehe die Seiten 2, 43, 56, 196 f.
  80. Pexa, Schnabel, S. 46.
  81. Charta visitationis AHl+ 69 III 3.
  82. Watzl, Nr. 508. Geb. 1629, legte er am 29. Sept. 1652 Profeß ab. 1664 verließ er mit Erlaubnis das Stift, gelobte im Kloster Raitenhaslach Stabilität, kehrte aber 1675 reuig wieder zurück und starb in Hl+ am 4. April 1679.
  83. AHl+ 69 III 4.
  84. Brief an den Neuberger Abt, nach dem 22. Juli 1662. AHl+ 69 V 5.
  85. Brief v. 20. Febr. 1663. AHl+ 69 V 5.
  86. AHl+ 69 V 9.
  87. AHl+ II 2 g.
  88. P. Gregor sagte offen, "quod reformationis non sit finis." AHl+ 69 V 9.
  89. Der Abt wollte dies zwar schon vorher einführen, hatte es aber auf Beschwerde der Senioren wieder aufgegeben.
  90. AHl+ 69 V 9 und 10.
  91. AHl+ 69 V 10; Brief v. 22. Okt. 1668.
  92. AHl+ 69 V 11, 12.
  93. AHl+ 70 VIII 6.
  94. In Pfaffstätten, N.Oe., 1609 geboren, legte er am 23. April 1628 in Heiligenkreuz Profeß ab, wurde am 24. April 1640 als Prior von Hl+ nach Neukloster postuliert. Vgl. Pexa, Abt Berhard Breil, Cist. Chr. 1933 (45. Jgg.) S. 291–314.
  95. Pexa, Bernh. Breil: Cist. Chr. 1933, S. 299 f.
  96. Der Name wird oft auch Pfiffer oder Pfyffer geschrieben. Er war Adeliger, am 4. Sept. 1631 in Luzern in der Schweiz geboren. Die Angaben sind aus dem Ms.: Annales Cistercii Pomariensis von P. Ben. Hayder (AHl+). Pritz, Geschichte von Baumgartenberg, der daraus schöpfte, hat einige unrichtige Deutungen. Pfeiffer studierte nicht Theologie in Aldersbach, sondern trug sie dort später vor. Siehe die Seiten 115 f.
  97. Notitiae diversae von P. Benedikt Gsell, AHl+ 5.
  98. Siehe Seite 81.
  99. AHl+ 66 V 2a
  100. AHl+ 70 VIII 4a
  101. AHl+ 70 VIII 4a. Höffner gibt unrichtig den 27. Sept. 1667 an.