Braun, Sigismund

Sigismund Braun
Äbtegalerie Lilienfeld

Sigismund Braun

50. Abt des Zisterzienserstiftes Lilienfeld 1695–1716; Abt des Zisterzienserstiftes Zirc 1697–1699; Generalvikar für Ungarn 1705–1706

* 15. März 1660 Herzogenburg
04. April 1716 Kreisbach bei Wilhelmsburg

Sigismund Braun, Taufname Johann Valentin, wurde am 15. März 1660 in Herzogenburg geboren. Seine Eltern waren Valentin Braun, der Hofrichter des Stiftes Herzogenburg, und dessen Frau Anna Katharina. 1679 wurde Braun im Zisterzienserstift Lilienfeld eingekleidet und legte am 15. August 1680 die Profess ab. 1676 inskribierte er sich an der Wiener Universtität für ein Studium der Theologie und Philosophie. Am 22. Februar 1687 empfing er die Priesterweihe im Wiener Stephansdom durch Fürstbischof Ernest Graf Trautson von Falkenstein. Nach seiner Priesterweihe war er als Vikar in den Stiftspfarren Lilienfeld und Eschenau tätig. Im April 1692 wurde er von Abt Matthäus Kolweiß zum Subprior ernannt.

Abt des Stiftes Lilienfeld

Am 20. März 1695 wurde er unter dem Vorsitz von Abt Alan Matt von Stift Rein in der Nachfolge des dem verstorbenen Matthäus Kolweiß zum Abt gewählt und am folgenden Tag benediziert. Die Wahl Brauns erfolgte, nachdem der ursprünglich gewählte P. Joseph Jörger[1] die Wahl abgelehnt hatte. Außerdem wurde er von Kaiser Leopold I. zum kaiserlichen Rat ernannt.

Die wirtschaftlich und personell günstige Amtsführung seiner Vorgänger Ignatius Krafft (1622–1638), Cornelius Strauch (1638–1650) und Matthäus Kolweiß (1650–1695) ermöglichte ihm eine rege Bautätigkeit. So wurde nur kurze Zeit nach seinem Amtsantritt der marode steinerne Dachreiter der Abteikirche abgetragen und durch einen Turm mit 55 Metern Höhe über dem Eingang am westlichen Ende der Kirche ersetzt. In diesem ließ er fünf Glocken anbringen.

Über dem Westeingang ließ er eine Empore errichten, auf der Platz für eine Orgel und ein barockes hölzernes Chorgestühl war. Das Chorgestühl war intarsiert und stammte aus der stiftseigenen Schreinerei. Im Südwesten der Kirche ließ er eine Verbindung zum Kaisertrakt anbauen, die jedoch beim Brand 1810 zerstört und nicht mehr aufgebaut wurde. In älteren Stichen ist der Trakt jedoch deutlich erkennbar. Er dürfte zweistöckig gewesen sein und einen Ausgang direkt am Chor gehabt haben. Er diente später unter anderem als Noviziat und Sängerknabenkonvikt.

Eine weitere Maßnahme war die um 1704 erfolgte Einrichtung der barocken Bibliothek im Südtrakt, in der Nähe der Prälatur. Ob sich an dieser Stelle auch schon beim Erbauen des Traktes unter Abt Ignatius Krafft eine Bibliothek befand ist nicht mehr rekonstruierbar, gilt jedoch als wahrscheinlich. Er ließ den Hauptraum einwölben, was als Präventionsmaßnahme gegen Brände diente und von Laienbrüdern des Stiftes intarsierte Bücherschränke anfertigen. An der Decke wurden prächtige Stuckaturen und Fresken angebracht. Diese zeigen wichtige Heilige der Zisterzienser, darunter etwa Bernhard von Clairvaux oder Otto von Freising. Für die neue Bibliothek schaffte der gelehrte und an Wissenschaften interessierte Abt Sigismund viele Bücher an, die jedoch während der späteren Aufhebung 1789–1790 verlorengegangen sind. Einige gingen auch an die Hofbibliothek in Wien. Er förderte die Wissensbildung unter den Mönchen, spornte sie zum Lesen an und ließ öffentliche Disputationen abhalten.[2]

Dadurch fielen hohe Kosten an, die das Stift nicht mehr mit Eigenmitteln decken konnte. So kam es, dass im Jahr 1699 die ungarische Abtei Zirc an die Abtei Heinrichau unter Abt Heinrich Kahlert verkauft werden musste. Diese Abtei war 1659 zum Stift Lilienfeld gekommen, als Abt Matthäus Kolweiß die Ruinen des ungarischen Klosters überommen und eine Restaurationsbewegung gestartet hatte. Abt Sigismund war 1697 zum Abt von Zirc ernannt worden. Die Abtretung war jedoch auch deswegen notwendig, weil das weit entfernt liegende Zirc ohne nennenswerten Nachwuchs geblieben und sich die Versorgung durch das Stift Lilienfeld als äußerst mühsam erwiesen hatte.

1698 ließ Abt Sigismund entgegen der Meinung seiner Mitbrüder in der Schmelz bei Annaberg ein Eisenerzbergwerk und -schmelzerei errichten, das 1703 noch erweitert wurde. Aus dem angeschlossenen Gusswerk stammen die im Turm angebrachten Glocken. Die vom Kaiser geforderte Kanonenproduktion für den Spanischen Erbfolgekrieg jedoch verlief äußerst verlustreich. Die hergestellten Kanonen nämlich wurden vom Staat als unbrauchbar zurückgewiesen. 1712 wurde die gesamte Produktion vom Fiskus stillgelegt. Die Kanonen selbst, die mit Lilien verziert waren, wurden danach nur noch bei wichtigen Anlässen repräsentativ geschossen. 1809 wurden sie von den Franzosen mitgenommen.

Krankheit und Tod

Zwischen Juli 1705 und Jänner 1706 war Abt Sigismund für ein knappes halbes Jahr Generalvikar des Zisterzienserordens für Ungarn. Zu dieser Zeit dürfte er aber schon an einer psychischen Erkrankung gelitten haben, die sich in schizophrenen Phasen zeigte, die oft ausarteten. Einmal fand man den Abt beispielsweise als Holzhacker durch die Wälder Lilienfelds ziehen. Bestärkt wurde diese dadurch, dass er in klaren Momenten die Konsequenzen der eigenen misslungenen Wirtschaftsführung und die Zerrissenheit, sowie den geistlichen Verfall des Konvents mit voller Härte zu spüren bekam. Diese Erkrankung war es auch, die dazu führte, dass Abt Sigismund 1708 die Administration des Stiftes an Temporaladministratoren abgeben musste. Erst übernahmen dies 1708 der Prior P. Amand Steinsberg und Hofrichter Franz Hofer, 1714 schließlich eine Vierergruppe, darunter der Prior und spätere Nachfolger Brauns, P. Chrysostomus Wieser.

Wegen seiner Krankheit hielt sich Abt Sigismund in den späten Jahren seines Lebens nur noch in der stiftlichen Besitzung Kreisbach bei Wilhelmsburg auf. Dort starb er am 4. April 1716 mit 56 Jahren. Die Predigt zur Beisetzung hielt der Propst des Chorherrenstiftes St. Pölten Prälat Johannes Michael Führer mit dem Titel „Wappenänderung eines Herrn Prälaten“. Beigesetzt wurde er im Nordteil des Querhauses der Abteikirche.

Nikolaus Kastenberger, März 2020

  1. Jörger entstammte dem protestantischen Lokaladel und war zur katholischen Kirche konvertiert. In der Reformation hatten die Jörger und das Stift Lilienfeld konkurriert. Nach einem erfolglosen Attentat auf Kaiser Ferdinand hatte sich das Stift mit Hilfe des Staates durchgesetzt.
  2. Die Bibliothek wurde später u.a. von den Äbten Ambros Becziczka (1825–1861) und Matthäus Nimmervoll (1993–2019) erweitert. Mittlerweile umfasst sie fünf Räume und weit mehr als 40 000 Bände, darunter 120 äußerst wertvolle Inkunablen.

Daten:

Vest.: 1679; Prof.: 15. Aug. 1680; Sac.: 22. Feb. 1687; Abbas: el. 20. März 1695, res. 20. März 1695.

Literatur:

Becziczka, Ambros: Historische und topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgebung, (Historische und topographische Darstellung der Pfarren, Stifte, Klöster, milden Stiftungen und Denkmähler im Erzherzogthume Österreich 6), Wien 1825 · Hauptmann, Othmar: Stift Lilienfeld: Ein Führer durch seine Sehenswürdigkeiten, Lilienfeld 1928 · Führer, Johannes Michael: Wappenänderung eines Herrn Prälaten. Predigt zur Beisetzung des Abt Sigismund Braun, ÖNB, online · Maurer, Pius: Die Geschichte des Stiftes Lilienfeld, in: Campililiensia. Geschichte, Kunst und Kultur des Zisterzienserstiftes Lilienfeld, Lilienfeld 2015, S. 25f. · Müller, Eugen: Geschichtlicher Abriss des Stiftes Lilienfeld seit 1700: Mit besonderer Berücksichtigung äußerer Einflüsse auf das Leben im Konvent, Lilienfeld 1979, S. 48–96 · Müller, Eugen: Profeßbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld, (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 38), Sonderausgabe, St. Ottilien 1996 · Mussbacher, Norbert: Das Stift Lilienfeld, Wien 1976.

Zitierempfehlung: Braun, Sigismund, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 16.03.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Braun,_Sigismund

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