Jean Depaquy
53. und letzter Abt der Primarabtei Pontigny 1788–1790
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† 15. Okt. 1800 Troyes
Jean Depaquy, geboren in Villette bei Sedan, trat gemeinsam mit seinem Bruder, der später Prokurator wurde, in die Abtei Pontigny ein und legte am 8. September 1770 die Profess ab. Als Bibliothekar der Abtei Pontigny legte er 1778 ein Verzeichnis der Bestände der Klosterbibliothek an. Am 6. September 1788 zum Abt gewählt, erwies sich Depaquy als fähiger Verwalter, dem es innerhalb von zwei Jahren gelang, zwei Drittel der von seinem Vorgänger Nicolas Chanlatte übernommenen enormen Schulden abzutragen.
1790 musste Depaquy der Aufhebung der Abtei Pontigny durch den französischen Staat weichen. Er zog sich in das nahegelegene St. Florentin zurück, wo er mit weiteren Geistlichen im von ehemaligen Ordensschwestern betreuten Hospice d'humanité (Hôtel Dieu) wohnte. Wegen seines Verwaltungstalents wurde er schon bald zum zivilen Verwalter des Distrikts eingesetzt, welches Amt er aber 1795 niederlegte. 1794 zum – auf eigenen Wunsch ehrenamtlichen – Bibliothekar des Distrikts Mont-Armance ernannt, ordnete und katalogisierte er die in St. Florentin eingelieferten, während der Revolution von Exilanten, Priestern und aufgehobenen Stiften und Kirchen beschlagnahmten Bücher und Bibliotheken. Auf die ihm zustehende Bezahlung hatte er, wie auch auf die Pension als ehemaliger Abt, verzichtet, musste sie aber 1795 doch annehmen, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Am 19. Oktober 1795 zum Bibliothekar des Distrikts St. Florentin bestellt, katalogisierte und ordnete er auch dort alle nun dem Staat (der Nation) gehörenden Bücher, eine Aufgabe, die ihn, wie es heißt, 103 Tage in Anspruch nahm (Talbot S. 126).
Nachdem er 1795 seine öffentlichen Ämter niedergelegt hatte, wurde er 1797 denunziert, an einer (verbotenen) Versammlung von Priestern in Maligny teilgenommen zu haben. Daraufhin von seinem Amt als Mitglied des Hospiz-Kommitees von St. Florentin entbunden (20. Nov. 1797), nutzte er seine freie Zeit und unternahm die enorme Aufgabe („trés étendu et trés important“), alle Schriftstücke, Manuskripte und Urkunden des Hôtel Dieu, der Mairie und der Fabrik zu inventarisieren und zu transkribieren. Das fertige Verzeichnis füllte drei voluminöse Bände.
Im April 1799 wechselte Depaquy seinen Wohnsitz und übersiedelte nach Troyes, wo er am 23. Vendémiaire des Jahres IX (15. Okt. 1800) starb, nicht 1810 in St. Florentin, wie oft zu lesen.[1]
gge, Aug. 2012
- ↑ Bull Soc Yonne 63 (1909) 257.
Werke:
Catalogus librorum bibliothecae Pontiniacensis digestus a fratre Johanne Depaquy, Pontiniacensi religioso M D CC LXXVIII. 140 Seiten, 321 X 215 mm. Bibliothèque d'Auxerre, Ms. 226.Literatur:
Bell, David: Abbot Jean Depaquy and the Printed Books of Pontigny, 1778–1794, Citeaux 51.1–2 (2000) 117–147 · Cornat, Pierre: Notice sur Jean Depaquy, dernier abbé de Pontigny, Bulletin de la Société des sciences historiques et naturelles de l'Yonne 12 (1858), S. 240–247 · Hermelin, Camille: Saint-Florentin & Pontigny. in: Bulletin de la Société des sciences historiques et naturelles de l'Yonne 63, Auxerre 1909, S. 251–258 · Peyrafort-Huin, Monique, avec la collaboration de Patricia Stirnemann et une contribution de Jean-Luc Benoit: La bibliothèque médiévale de l’abbaye de Pontigny (XIIe–XIXe siècles). Histoire, inventaires anciens, manuscrits, Paris, 2001, S. 203–206 [La réorganisation due à Jean Depaquy], und 341–379 [Catalogue rédigé en 1778 par Jean Depaquy] · Talbot, Charles H.: Notes on the Library of Pontigny, in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis, 10 (1954), S. 106–168, hier S. 124–126.Vorlage:Page.name: DEPAQUY, Jean (1744–1800) – Biographia Cisterciensis