Bernhard Gemelich
26. Abt des Zisterzienserstiftes Stams 1638–1660; Generalvikar der Oberdeutschen Kongregation; Innsbrucker Hofkammerpräsident 1650–1659
* 15. Juni 1605[1] Innsbruck
† 10. Juli 1660 ebd.
Bernhard Gemelich, Taufname Johann[2], wurde als ältester Sohn des aus dem schwäbischen (1971 zu Kaisheim eingemeindeten) Gunzenheim gebürtigen und in Innsbruck 1592 von Erzherzog Ferdinand mit einem Wappen ausgezeichneten Orgelmachers Georg Gemelich (Gaemlich) und seiner Gattin Sabine geb. Yllmer (Ilmer) geboren und in der Pfarrei St. Jakob getauft. Er verlor früh seine Eltern: sein Vater starb am 20. Juli 1611 in Innsbruck an der „Pest“, vermutlich am Fleckfieber, wie schon kurz davor seine Mutter und bald auch alle Geschwister. 1624, noch vor seiner Profess, übereignete Johann Gemelich sein Elternhaus samt Stöckl und Garten in Innsbruck (Innstraße 9) dem Stift Stams, ebenso „zwei kunstvolle Uhren" aus der Werkstatt seines Großvaters, des Uhrmachers Andreas Yllmer († 1587 Innsbruck).
Unter Abt Thomas Lugga in die Zisterzienserabtei Stams eingetreten, legte er am 2. Februar 1624 die Profess ab und erhielt dabei, wie das Album Stamsense ausdrücklich vermerkt, als erster Konventuale einen Ordens- oder Klosternamen. Am 17. Dezember 1627 erhielt er in Brixen die Weihe zum Subdiakon, am 21. September 1629 die Weihe zum Diakon und am 19. September 1631 die Priesterweihe. Er war Doktor der Theologie, wurde 1635 Prior und am 11. August 1638 als Nachfolger des verstorbenen Paulus Gay zum Abt gewählt. Die Benediktion erhielt er noch im selben Jahr im Mutterkloster Kaisheim, vermutlich durch Abt Georg Müller, obwohl Bischof Wilhelm von Brixen bei Papst Urban VIII. ein Breve erwirkt hatte, dass Gemelich die Benediktion nur durch den Bischof zu erhalten habe.
Für den Zisterzienserorden war Gemelich zunächst als Vizepräses (1645), dann Generalvikar der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation tätig. Auch dem Innsbrucker Hof war er als (nach 1638) Erster Rat des Tiroler Landesfürsten Erherzog Ferdinand Karl, 1651 Mitglied in seinem Geheimen Rat und 1652 Präsident der Hofkammer, sehr verbunden. Im Auftrag König Philipps IV. von Spanien schlug er am 7. Juni 1646 in der Innsbrucker Hofkirche den Erzherzog zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. Außenpolitische Aufgaben nahm er als Begleiter des kaiserlichen Diplomaten Isaak Volmar (1528–1662) wahr. Dreimal besuchte ihn Kaiser Ferdinand III. im Kloster, mehrfach auch Erzherzog Ferdinand Karl, mit ihrem aus mehreren hundert Personen bestehenden Gefolge. Der Innsbrucker Hofkapellmeister Ambrosius Reiner widmete Gemelich 1655 mehrere Messen. Im Spätherbst 1659, als sich Gemelich in Mais befand, übertrug ihm der Bischof die Weihe des neuerrichteten Rosenkranzaltars in der Pfarrkirche in Meran, die am 29. Oktober vorgenommen wurde.
In Stams ließ Gemelich die neue Sakristei erbauen und führte 1645 den von seinem Vorgänger Paulus Gay begonnenen Neubau des Konventtraktes (Dormitorium) fort (Schließung des Quadrums um den Hof). 1656 ließ er den Bau der Martinskirche auf dem Friedhof bei St. Vigil in Mais beginnen, die aber erst 1671 unter seinem Nachfolger Augustin Haas geweiht wurde. Daneben erwarb Gemelich für das Kloster bedeutende Archivalien und Liegenschaften (1645 Tiergarten bei Mais, später Maretsch bei Bozen). Die Disziplin im Kloster war so hoch, dass z.B. von Lilienfeld mehrere Mönche aus Stams verlangt wurden, um dort die klösterliche Disziplin zu verbessern.
Abt Bernard schrieb ein Jus canonicum und ein Buch de legibus. Nennenswert ist auch das im Archiv aufbewahrte Liber Epistolarum, ein Folioband mit 816 Seiten, enthaltend 277 Briefe von Abt Bernhard, der letzte datiert vom 16. Juni 1654, und Briefe von den Äbten der Klöster Lützel, Wettingen, Kaisheim, Ebrach, Aldersbach, Maulbronn, Eußerthal, Salem, Raitenhaslach, Fürstenfeld, Gotteszell, Fürstenzell, Heiligkreuz, Bebenhausen, Schöntal, St. Urban, Hauterive, Bronnbach, Langheim, Neuburg, Waldsassen und des D. Hiacynth Massa, römischer Agent der Erzherzogin Claudia. Ein Brief über gewisse Reformen des Generalabtes Claude Vaussin und des Generalprokurators Ilarione Rancati wurde 1916 in der Cistercienser Chronik veröffentlicht.[3]
Er starb am 10. Juli 1660 in Innsbruck an der Wassersucht und wurde in Stams begraben.
gge, Nov. 2020
- ↑ Taufbuch der Pfarre St. Jakob in Innsbruck, 1605–1608_MF 0967-2, fol. 7a.: „Den 15. Juni 1605 (wurde dem) Geörg Gemlich, orglmacher, (und der) Sabina Ylmerin ein Hänsl (Johannes) (geboren)“.
- ↑ In der Literatur, gestützt wohl auf das hier fehlerhafte Album Stamsense, wird sein Name oft als Tobias angegeben. Aus dem Tagebuch des Abtes Paulus Gay geht jedoch eindeutig hervor, dass er Johannes hieß: „Den 7. dito (Februar 1623) seindt ad Novitiatum aufgnumben und einklaidtet Joannes Gemelich et Joannes Georgius Frelich, uterque Oenipontanus, uterque annorum circiter 17“. (Eine Verwechslung mit einem anderen Gemelich ist ausgeschlossen, da nur ein Vertreter der Familie Gemelich in Stams eintrat). Kassian Primisser zitiert in seinen Additiones ad Annales Stamsenses, Add. 163, XL (zu Abt Thomas Lugga) aus einem Brief Gemelichs: „Ich Johannes Gemelich, weylandt Georgen Gemelich im Leben gewesten Bürgers und Orgelmacher zu ynnsbrugg ehelich hinterlassener Sohn bekhenn hiermit offenlich“ etc. (es geht um eine Schenkung, die er dem Kloster aus Anlass der Profess machte). Ausgestellt am 11. Februar 1624. (Tiroler Landesarchiv, Mikrofilm Nr. 1031–1034).
- ↑ Müller, Gregor: Eine Freudenbotschaft aus Cîteaux 1646. 28 (1916), p. 273–278.
Daten:
Prof.: 2. Feb. 1624; Sac.: 19. Sep. 1631; Abbas: el. 11. Aug. 1638, ben. 1638.Literatur:
Die Äbte von Stams, in: Stift Stams (Hrsg.): 700 Jahre Stift Stams. 1273–1973, o.O. 1973, S. 203–224 · Spielmann, Fortunat: Die Abtei Stams in Tyrol, in: Brunner, Sebastian: Ein Cisterzienserbuch. Würzburg, 1881, S. 421–452 · Album Stamsense seu Catalogus religiosorum sacri et exempti Ordinis Cisterciensis archiducalis Monasterii B. V. Mariae et S. Joann. Bapt. in Stams. 1272–1898, S. 37, Nr. 237 · Herrmann-Schneider, Hildegard: Wo die Engel musizieren. Musik im Stift Stams. Brixen, A. Weger 2020, ISBN 978-88-6563-263-5, S. 146–149, 335–336.Vorlage:Page.name: GEMELICH, Bernhard Cist (1600–1660) – Biographia Cisterciensis