Geramb, Marie-Joseph

Ferdinand de Géramb als Freikorps-Oberst...

Marie-Joseph Géramb

Ferdinand Ritter von Géramb

Generalprokurator der reformierten Zisterzienser (Trappisten)

* 14. Jan. 1772 Lyon
† 15. März 1848 Rom

Kurzvita

Ferdinand von Géramb war ein österreichischer Glücksritter und eine der schillernden Gestalten des frühen 19. Jahrhunderts. Nach einer glänzenden Militärkarriere verbrachte er drei Jahre in französischer Festungshaft, trat danach in ein Trappistenkloster ein und brachte es als Dom Marie-Joseph auch hier zum General seines Ordens in Rom. Von einer kaum zu durchdringenden Aura geheimnisvoller Geschichten umgeben, ist Gerambs historische Gestalt nur schwer zu fassen.

Leben

Ferdinand Ritter von Geramb war ein Sohn des 1770 in den Ritterstand erhobenen Oberhüttenverwalters Franz Xaver Geramb zu Schemnitz (ungar. Selmecbánya, heute Banská Štiavnica, Slowakei). Während eines vorübergehenden Aufenthaltes seiner Eltern in Lyon geboren, wurde er in Wien erzogen und unternahm als junger Mann mehrere Bildungsreisen. Sein Bruder war der k.k. General der Kavallerie Leopold von Geramb (* 12. Feb. 1774 Schemnitz; † 3. Dez. 1845 Meran). 1796 heiratete Geramb Teresa d'Adda († 8. Dez 1808 in Palermo), mit der mehrere Kinder hatte, und lebte als Kammerherr in Wien.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trug der hitzköpfige Geramb zwei Duelle aus, das erste um 1800 mit einem englischen Offizier[1], das zweite ein paar Jahre später mit dem Franzosen Valabregue, dem Ehemann der berühmten Sängerin Angelica Catalani. Der Anwendung der strengen österreichischen Duellgesetze entging er nur dank der Fürsprache des französischen Gesandten und der Gnade der Kaiserin Maria Theresia.

...und als Trappist

Geramb war nicht nur ein abenteuerlustiger Glücksritter, sondern auch ein glühender Patriot und erbitterter Gegner Napoleons. Mit heftigen Pamphleten brachte er die Wiener Jugend dazu, einen Aufstand gegen Napoleon zu organisieren, der aber ohne Wirkung blieb. Dann stellte er ein Freikorps mit dem Namen seiner Gönnerin Maria Theresia auf, das er bis zum Frieden von Tilsit (9. Juli 1807) führte. Auch an der Schlacht bei Wagram 1809 nahm er mit einem Kroatenregiment teil. 1810 reiste er zunächst nach Cadiz, später nach Großbritannien, um als »Lagermarschall Ferdinands VII.«, wie er sich nannte, mit Hilfe der britischen Regierung ein Regiment aus den damals in großer Zahl entlassenen österreichischen Soldaten anzuwerben. Er hatte aber wenig Erfolg und wurde schließlich zu Beginn des Jahres 1812 wegen übermäßiger Verschuldung[2] ausgewiesen und im Hafen von Husum an Land gesetzt. Von französischen Spionen entdeckt, verbrachte er die nächsten Jahre in der Festung Vincennes. Im Feb. 1814 wurde er in das Schloss La Force verlegt und entschloss sich wohl dort – vielleicht im Gespräch mit seinem Mitgefangenen, Etienne-Marie de Boulogne, Bischof von Troyes – zu einem radikalen Lebenswandel. Im April 1814 durch die alliierten Truppen befreit, hielt er sich einige Zeit in Darfeld auf, bat aber schon bald im neugegründeten Trappistenkloster Port-du-Salut bei Laval um Aufnahme. Am 15. Januar 1816 wurde er, der in voller Generalsuniform mit sämtlichen Orden und Ehrenzeichen zu der Zeremonie erschienen war, unter dem Namen Frère Marie-Joseph dort eingekleidet, am 15. Januar 1817 legte er die Profess ab.

Cette nuit peut-être – diese Nacht vielleicht…

In seinem Kloster übernahm der ehemalige Oberst schon bald wichtige Aufgaben, u.a. als Gastmeister. 1823 reiste er durch Frankreich, um Spendengelder für eine neue Klosterkirche zu sammeln. Während der Julirevolution 1830 hielt er sich in der Abtei Ölenberg im Elsass auf und konnte dort durch sein entschlossenes Auftreten die Plünderung verhindern. Ein von ihm mit eigener Hand am Eingang zum Dormitorium angefertigtes Memento-Mori-Gemälde, von dem im Elsass und jenseits der Grenzen Reproduktionen erschienen sind, hat die Bombardierungen des 1. Weltkriegs überstanden und befindet sich noch heute dort.

1831 unternahm Geramb eine Pilgerreise ins Hl. Land, von der er 1833 zurückkehrte. 1838 durch ein Motu proprio Papst Gregors XVI. zum Generalprokurator aller Trappistenobservanzen mit Sitz in Rom bestellt, erwarb er sich dort die Wertschätzung Gregors XVI., der Geramb, obwohl er nicht Priester war, zum Titularabt mit Brustkreuz und Ring ernannte.

Der britische Kardinal Nicholas Wiseman, der Géramb in Rom begegnet ist, beschreibt ihn in seinen römischen Erinnerungen als „einen Mann von erklecklichem Umfange, in das weiße Gewand der Zisterzienser gekleidet“ (Erinnerungen an die letzten vier Päpste und an Rom in ihrer Zeit, 1858, dt. 1859). Brockhaus' Conversations-Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1839) sagt Geramb einen »überspannten Charakter« nach und bemerkt, dass die von ihm „durchgehend vor sich hergetragene mönchische Demut von Eitelkeit und Schaustellung nicht immer freizusprechen sein dürfte“.

Werke

Ferdinand von Geramb war ein produktiver Schriftsteller. Zur Feier der Annahme der erblichen Kaiserwürde durch Franz II. von Österreich 1804 verfasste er das Gedicht Habsburg, das er dem Kaiser in einem Prachtexemplar überreichte. Es erschien später in einer einfachen Oktavausgabe sowie einer türkischen Übersetzung und wurde von Antonio Salieri vertont. Es folgten Gelegenheitsschriften wie Lettre au comte de Moira ... sur les Espagnols et sur Cadix (Paris und London, 1810), ein Schreiben an Lord Moira [3], den ehemaligen Anführer der französischen Emigranten, und Lettre à Sophie. Nach seinem Eintritt in den Orden verfasste Geramb religiös-asketische Schriften, von denen einige mehrere Auflagen erlebten und in viele Sprachen, u.a. ins Deutsche, übersetzt wurden. Die beiden wichtigsten sind Pélerinage à Jerusalem et au mont Sinaï en 1831–33 (Paris 1836, 4 Bde.; 12. Aufl. 1874; deutsch, 3. Aufl., Augsburg 1847) und Voyage de La Trappe a Rome (Paris : A. Le Clere, 1838; 3. Aufl. 1844; deutsch Reise von La Trappe nach Rom, Aachen 1839, Regensburg 1839, Augsburg 1839)<reprint A Journey from La Trappe to Rome, Cambridge Scholars Publishing, Dez. 2009>.

gge, März 2010

  1. Als Austragungsort wurde der Vulkan Ätna auf Sizilien gewählt. Der Sieger sollten den Unterlegenen, tot oder verwundet, in den Krater stürzen. Der siegreiche Engländer verzichtete auf die Ausführung der Vertragsbedingung.
  2. Er hatte sich im Landhaus eines Freundes verschanzt und auf dem Dach eine Flagge mit der Aufschrift My House is my Castle gehisst. Zwölf Tage, heißt es, hielt er der Belagerung durch die Gerichtsvollzieher stand, bis die Regierung eingriff.
  3. d.i. Francis Rawdon-Hastings, 2. Earl of Moira; später 1. Marquess of Hastings (1754–1826),

Literatur:

 
  • Conversations-Lexikon der Gegenwart, Band 2. Leipzig : Brockhaus, 1839
  • Wurzbach, Constantin: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Bd. 5. Wien, 1859.
  • Meyers Konversationslexikon Bd. 7, Leipzig und Wien, 1885–1892.
  • Obrecht, Edmond: Baron Ferdinand de Géramb. In: The Catholic Encyclopedia. Bd. 6. New York: Robert Appleton, 1909.
  • Notices biographique sur le R. P. Marie-Joseph, dans le monde baron de Gèramb, par M. abbé Marie-Léandre Babiche. In: Annales de l'abbaye d'Aiguebelle. Bd. 2. Valence 1863. S. 601–613.
  • Ingold, Augustin Marie Pierre: General et Trappiste. Le P. Marie-Joseph Baron de Geramb (1772–1848). Paris: Tequi, ¹1921, ²1921, 1935. (Digitalisat)
 

Normdaten:

GND: 117536334 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Geramb, Marie-Joseph, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 23.12.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Geramb,_Marie-Joseph

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