Stephan Geyer OCist
Abt von Seligenporten 1935–1954; Administrator des Stiftes Stams 1937–1939
* 23. Sep. 1880 Schaiblishausen [Ehingen]
† 2. Okt. 1955 Seligenporten
Martin Geyer wurde am 23. September 1880 in Schaiblishausen, Württemberg, geboren. Sein elf Jahre älterer Bruder Johannes (1869–1950) war als Pater Guido Mönch und Priester der Zisterzienserabtei Marienstatt, eine drei Jahre ältere Schwester Zisterzienserin in der Abtei Wurmsbach in der Schweiz.
Am 19. August 1900 trat Martin Geyer als Novize in die 1898 von Mehrerau aus wiederbesiedelte Zisterzienserabtei Sittich (Stična) in Slowenien ein und erhielt den Ordensnamen Stephan (Harding). Am 20. August 1901 legte er die ersten Gelübde ab und am 14. Juli 1905 wurde er durch Erzbischof Jeglič im Dom zu Laibach [Ljubljana] zum Priester geweiht. 1907 wurde P. Stephan Präses der Marianischen Kongregation und 1908 Cellerar des Klosters. Das Mitgliederverzeichnis des Konventes von Sittich weist 1920 neben neun Slowenen zwölf Württemberger und drei weitere deutsche Staatsbürger auf. Nach dem Zusammenbruch der Österr.-Ungarischen Monarchie 1918 sahen Abt Bernhard Widmann und mehrere deutsche Mitbrüder, darunter Stephan Geyer, im neuen Jugoslawien für sich keine Zukunft mehr und suchten im Einvernehmen mit der Ordensleitung in Deutschland eine neue Klosterheimat. 1921 bekamen sie im ehemaligen Zisterzienserkloster Bronnbach a/d Tauber durch Entgegenkommen des Besitzers Fürst Löwenstein eine Unterkunft, die sich aber bald als nicht entwicklungsfähig erwies. 1930 konnten sie das in der Reformationszeit aufgelöste Zisterzienserinnenkloster Seligenporten in der Oberpfalz erwerben. Bereits am 1. September wurde P. Stephan Geyer dort vom Bischof von Eichstätt als Pfarrer eingesetzt, der Umzug des Abtes Bernhard mit dem übrigen Konvent erfolgte 1931. P. Stephan bekam neben der Pfarrei die Aufgaben des Brüdermagisters und Infirmars zugewiesen.
Nach dem Tod von Abt Bernhard Widmann wurde P. Stephan Geyer am 5. November 1935 zum Abt gewählt und empfing am 21. November 1935 durch Generalabt Franziskus Janssens die Abtweihe (Benediktion). Trotz guten Nachwuchses hatte Seligenporten immer mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Abt Stephan war auch außerhalb seines Klosters ein gesuchter Prediger und Exerzitienmeister und vertrat öfters den Abtpräses Kassian Haid von Mehrerau, der sich nach 1933 nicht mehr nach Deutschland wagte, bei kirchlichen Anlässen.
Nach dem Tod des langjährigen Abtes Stephan Mariacher von Stams in Tirol wurde Abt Stephan Geyer am 21. November 1937 von der Ordensleitung zum Administrator des Stiftes Stams mit allen Rechten eines regierenden Abtes ernannt. Seither pendelte er zwischen Seligenporten und Stams, wohin er auch mehrere Mitbrüder von Seligenporten mitnahm. Seit dem „Anschluss“ Österreichs durch die Nationalsozialisten im März 1938 begann für ihn ein Leidensweg: Hausdurchsuchungen, Zwangsverkäufe von Stiftsliegenschaften, ständige Schikanen und Verhöre durch die Gestapo mündeten schließlich am 22. Juli 1939 in die Beschlagnahme des Stiftes, Ausweisung des Konventes und am 19. Oktober 1939 zur Einziehung des gesamten Stiftsvermögens zugunsten des Reichgaues Tirol. Im August 1939 wurde Abt Stephan Geyer mehrere Wochen im Gestapo-Gefängnis Innsbruck inhaftiert.
Nach der Entlassung kehrte er nach Seligenporten zurück, wo mit Kriegsbeginn mehrere Patres und Brüder zur Wehrmacht eingezogen wurden. Abt Stephan übernahm die Seelsorge der Pfarrei. Aber das Kloster wurde nicht aufgehoben. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches im Mai 1945 begann wieder mühsam der Aufbau des klösterlichen Lebens. Zur Sanierung der ökonomischen Verhältnisse entsandte Generalabt Sighard Kleiner im April 1954 P. Alberich Gerards nach Seligenporten.
Am 22. Juni 1954 legte Abt Stephan sein Amt als Abt nieder und begab sich zu den Schwestern der Abtei Mariastern-Gwiggen in Vorarlberg, wo er am 14. August 1954 den Dienst des Spirituals übernahm. Am 17. Juli 1955 feierte er, bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, mit dem Konvent und der Pfarrei Seligenporten sein Goldenes Priesterjubiläum. Bereits der folgende Tag war der Beginn des schmerzhaften Krankenlagers, von dem ihn der Tod am späten Abend des Rosenkranzsonntags (2. Okt. 1955) erlöste. Am 28. Oktober 1955 wurde der bisherige Administrator P. Alberich Gerards zum Abt gewählt.
Kassian Lauterer, Jan. 2013
Daten:
Vest.: 19. Aug. 1900; Prof.: (e.) 20. Aug. 1901; Sac.: 14. Juli 1905; Abbas: el. 5. Nov. 1935, ben. 21. Nov. 1935, res. 22. Juni 1954.Literatur:
Klosternachrichten in den Jahrgängen der Cistercienser Chronik seit 1900. · Kapitelprotokolle von Seligenporten. · Österreichs Stifte unter dem Hakenkreuz, Zeugnisse und Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus 1938 bis 1945, Hg. Österr. Superiorenkonferenz in: Ordensnachrichten 34. Jg., Wien 1995, Heft 4 A.Vorlage:Page.name: GEYER, Stephan (Martin) OCist (1880–1955) – Biographia Cisterciensis