Tibor Hümpfner OCist
Zisterzienser der Abtei Zirc; Generalatssekretär, Ordenshistoriker
* 21. Feb. 1885 Katymár, Komitat Bács-Kiskun
† 12. April 1966 Felsőörs, Komitat Veszprém
Tibor (Tiburtius) Hümpfner, Taufname Antal (Anton), entstammte der deutschsprachigen Minderheit im Süden Ungarns und war eines von neun Geschwistern, das fünfte Kind von Anton Hümpfner und Zsuzsanna Temmer. Er besuchte das Jesuitengymnasium in Kalocsa (Kollotschau) und absolvierte die sechste Klasse am Zisterziensergymnasium in Baja (dt. Frankenstadt). 1901 als Novize in die Zisterzienserabtei Zirc eingetreten, legte er, wie es damals üblich war, nach dem Noviziatsjahr noch nicht sofort die Profess ab, sondern beendete von 1902 bis 1904 seine Gymnasialstudien am Zisterziensergymnasium in Eger (dt. Erlau).
1904 begann er mit dem Studium der Theologie am Collegium Pazmanianum in Wien und wechselte 1906 an die Universität Innsbruck, wo er bis 1909 Mitglied des Collegium Canisianum war. Am 12. September 1905 legte er die zeitliche und am 25. Juni 1908 die feierliche Profess ab. Die Priesterweihe empfing er am 2. Juli 1908 in Zirc durch Bischof Károly Hornig von Veszprém.
Nach dem Studienabschluss 1909 war er bis 1910 Notar des Abtes Ödön Vajda und Pfarrer in Porva, einem kleinen Ort bei Zirc, dann von September bis Oktober 1910 Religionslehrer in Székesfehérvár (dt. Stuhlweißenburg). Von Oktober 1910 bis Dezember 1911 war er Theologiedozent am Bernardinum in Budapest, dem theologischen Kolleg der Abtei, von 1912 bis 1915 Sekretär des Abtes Remig Békefi und zugleich 1913 für drei Monate Novizenmeister. 1911 wurde er in Innsbruck mit einer Arbeit über Die vier Evangelien der Bibel des Hl. Stephan Harding zum Doktor der Theologie promoviert.
Von 1915 bis 1917 lehrte er wieder Theologie an der Zisterzienserhochschule in Budapest (Bernardinum), unterrichtete von 1917 bis 1923 Religion in Székesfehérvár und Budapest (St. Imre) und war erneut Pfarrer in Porvá bei Zirc (1923–1924). Danach war er in Mehrerau Sekretär des Generalabtes Kassian Haid und von 1924 bis 1926 wieder Religionslehrer in Budapest. Nach Haids Rücktritt 1927 war er bis 1936 Sekretär des Generalabtes Franciscus Janssens in Rom. Beim Generalkapitel 1933 in Rom war er neben Matthäus Quatember, Aelred Pexa und Karl Kreh einer der Kapitelnotare.
Nach der Absetzung Janssens wegen Misswirtschaft 1936 ging Hümpfner nach Zirc zurück und wurde von Abt Adolf Werner zum Cellerar bestellt. Nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers übernahm er im Februar die Pfarrei Tósokberénd[1], die er bis 1952 als letzter dem Zisterzienserorden entstammender Pfarrer leitete, und ging dann in selber Position nach Fűzfőgyártelep (1953–1959). 1959 zog er nach Felsőörs, wo er seine letzten Jahre in den bischöflichen Weinbergen verbrachte, und am 12. April 1966 starb. Dort ist er auch begraben.
Bereits in seiner Studienzeit hatte sich Hümpfner mit der Geschichte des Zisterzienserordens beschäftigt. 1912/13 beauftragte ihn Abt Remig Békefi mit der Ausgrabung der Fundamente des Klosters Zirc aus der Árpádenzeit. Von da an wandte er sich der Architektur und Kunst der Zisterzienser zu. Als Sekretär des Generalabtes reiste er durch Europa und nach Kanada, wo er ein Jahr lang als Missionar arbeitete und zum Ehrenhäuptling ernannt wurde. Er besuchte viele zisterziensische Architekturdenkmäler und sammelte Literatur und Postkarten darüber.
1932 gab er auf Bitte von Alexis Presse die von dem 1930 verstorbenen Auguste Trilhe aufgefundene sog. Summa Cartae Caritatis (SCC) heraus, Vorläufer der bis dahin einzig bekannten Überlieferung der Carta Caritatis. Er war korrespondierendes Mitglied der Académie des Sciences, Arts et Belles-Lettres von Dijon (1933). Er sprach und schrieb mehrere Sprachen (Latein, Französisch, Italienisch, Deutsch, Serbisch, …). Seine Studien zur Ordensgeschichte erschienen in der Cistercienser Chronik (1907–1934).
gge, Nov. 2020, rev. Feb. 2022
- ↑ Tósokberénd war eine der 15 von der Abtei Zirc betreuten Pfarreien.
Daten:
Vest.: 28. Aug. 1901; Prof.: 12. Sep. 1905, 25. Juni 1908; Sac.: 2. Juli 1908.Werke:
Die vier Evangelien der Bibel des Hl. Stephan Harding. Innsbruck, 1911. (Dissertation, in Handschrift) · A zirci apátsági templom ásatása. 1912–1913. 2 melléklettel. (In. A Veszprémi Múzeumok Közleményei, 1964) · als Hrsg.: Der bisher vermisste Teil des Exordium Magnum S.O.C., in: Cistercienser Chronik 20 (1908), S. 97–106 · Cistercienser Reise durch die Schweiz, in: Cistercienser Chronik, 27 (1915), S. 113–122 · Die Bibel des hl. Stephan Harding, in: Cistercienser Chronik 29 (1917), S. 73–81 · Ikonographie des hl. Bernhard von Clairvaux. Im Auftrag Seiner Gnaden des Hochwürdigsten Herrn Dr. Cassian Haid, Generalabt des Cistercienser-Ordens, Abt von Wettingen Mehrerau, gesammelt und veröffentlicht. Filser, Augsburg 1927 · Les fils de S. Bernard en Hongrie, Elet, Budapest 1927 („Die Söhne des hl. Bernhard in Ungarn.“ Vortrag auf dem Congrès de l'Association Bourguignonne des Sociétés Savantes, Dijon, Juni 1927) · als Hrsg.: Exordium Cistercii dum summa Cartae caritatis et fundatio primarum quattuor filiarum Cistercii. Kapisztran Nyomda Vác 1932 (entdeckt von Auguste Trilhe) · Archivum et bibliotheca Cistercii et quatuor primarum filiarum Eius, Rom 1933, in: Analecta Cisterciensia 2 (1946), S. 119–145.Literatur:
Korrespondenzblatt des Canisianum 101.1/2, 1966/1967, S. 55 · Beáta Vida: Fundačný proces rehole cistercitov v Uhorsku („Gründungsgeschichte des Zisterzienserordens in Ungarn“), in: Kultúrne Dejiny, Band 1, 2011, S. 7–32 (slowakisch) · Endre Tilhof: Ajkai életrajzi lexikon. Ajka 2003.weitere Quellen:
Mitteilung aus der Abtei Zirc · Todesanzeige.Vorlage:Page.name: HÜMPFNER, Tibor OCist (1885–1966) – Biographia Cisterciensis