Hervay, Levente

Levente Hervay

Levente Hervay OCist

ungar. Hervay Ferenc Levente, lat. Leontius Hervay

Bibliothekar der Abtei Zirc, Historiker, Lexikograph

* 07. Jan. 1919 Pressburg/Pozsony, Ungarn
08. Feb. 2016 Zirc

Levente Hervay, Taufname Ferenc, wurde am 7. Januar 1919 in Pressburg in Ungarn, dem heutigen Bratislava in der Slowakei geboren. Er besuchte die Schule in Debrecen und von 1929 bis 1937 das Zisterziensergymnasium in Pécs. Noch vor der Matura trat er in die Zisterzienserabtei Zirc ein (29. August 1937) und erhielt den Ordensnamen Levente (Leontius). Nach drei Jahren Philosophie- und Theologiestudium in Zirc studierte er Geschichte und Geographie (für das Lehramt) an der königlichen Universität Budapest. Am 14. Januar 1944 legte er die feierliche Profess ab und wurde am 16. Mai 1944 in der Abteikirche von Bischof József Mindszenty von Veszprém zum Priester geweiht.

Die Ereignisse der letzten Kriegsmonate (das Gymnasium in der Budapester Trefortstrasse wurde Ende 1944 wegen der nahenden Kriegsfront geschlossen) zwangen ihn noch vor dem Abschluss des Referendariats nach Zirc zurück, wo er Assistent des Novizenmeisters und des Cellerars und Forstinspektor wurde. Dort erlebte er auch die Nacht, in der ein deutsches Flugzeug die Wände der Klosterbibliothek durchbohrte, und setzte sofort alles daran, die Bestände zu retten.

Von 1946 bis zur Beschlagnahmung der Konfessionsschulen 1949 lehrte er am Zisterziensergymnasium in Eger und leitete das Internat. Er war außerdem ein bekannter Pfadfinderführer. Er war noch außerdem von 1946 bis 1952 als Seelsorger in der Sankt-Bernhard-Gemeinde in Eger tätig. Nach seiner Entfernung aus dem Schuldienst durch die kommunistische Regierung war er als Kaplan an der ehemaligen Zisterzienserschule tätig, bis ihm die kommunistische Verfolgung 1952 schließlich auch die priesterliche Tätigkeit unmöglich machte.

Von 1953 bis 1955 war er Waldarbeiter in der Region Eger. Danach wurde er Privatgelehrter für Deutsch, Französisch, Englisch, Latein und Griechisch. Von 1959 an war er wieder Hilfsarbeiter in der staatlichen Försterei in Bélapátfalva (hier beschäftigte sich mit der Geschichte des Klosters) und von 1959 bis 1960 Bibliothekar an der erzbischöflichen Bibliothek in Eger, danach wieder Waldarbeiter und LKW-Fahrer. In dieser Zeit war er im Verborgenen auch als Seelsorger tätig, wurde entdeckt und zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. 1963 im Zuge der Verbesserung der Beziehungen mit dem hl. Stuhl amnestiert, erhielt er auf Vermittlung eines seiner früheren Hochschullehrer eine Forschungsassistentenstelle an der ungarischen Akademie der Wissenschaften. In der zur Akademie gehörenden Landesbibliothek „Széchenyi“ beschäftigte er sich mit der Erforschung der alten ungarischen Druckwerke gemeinsam mit Gedeon Borsa, Béla Holl, István Käfer und Ŕkos Kelecsényi. Er war einer von den Herausgeber der „Alten Ungarischen Druckwerke“ Band I und II (régi magyar kiadványok, 1971, 1983). Im Rahmen dieser Forschungstätigkeit arbeitete er das gesamte Material der Bernhard-, Bornemisza-, Debrecen-, Farkas-, Löcsei (Leutschauer)-, Manlius-, und der Mantskovit- Druckerei, die Wörterbücher von Calepinus und der ersten kyrillischen Buchdruckerei in Herrmannstadt (Nagyszeben, Sibiu) in Siebenbürgen vollständig auf. Seine Veröffentlichungen brachten ihm internationale Anerkennung.

1981 wurde er in Ruhestand versetzt, 1983 zum Sekretär der kirchengeschichtlichen Kommission der ungarischen Bischofskonferenz gewählt. Von 1983 bis 1990 war er Hilfspfarrer an der St.-Augustinus-Kapelle in Budapest. Als die Abtei Zirc nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1990 wieder geöffnet wurde und sich die Zisterzienser wieder organisierten, war Hervay einer der ersten Zisterzienser, die nach Zirc zurückkehrten und sich am Wiederaufbau beteiligten. Trotz seines Alters übernahm er die Aufgaben des Cellerars und Subpriors und richtete die Bibliothek neu ein. Von 1993 an unterrichtete er an der Theologische Hochschule Sankt Bernhard Kirchen- und Ordensgeschichte. 1998 wurde er zum verantwortlichen Leiter der neu organisierten Bibliothek in Zirc ernannt.

Mit Unterbrechungen arbeitete P. Levente mehr als sechzig Jahre an einer internationalen zisterziensischen Bibliographie. Nachdem es ihm wieder möglich war zu reisen, besuchte er über 400 Bibliotheken in ganz Europa. Er verfasste mehrere hundert Artikel für renommierte Lexika. Sein Hauptwerk Repertorium Historicum Ordinis Cisterciensis in Hungaria umfasst sämtliche ungarischen Zisterzienserklöster seit dem Mittelalter. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, ua.a. 2001 mit dem Fraknói-Preis und 2011 mit dem Ferenc-Széchényi-Preis, überreicht vom ungarischen Präsidenten.

Er starb am 9. Februar 2016 und wurde am 12. Februar 2016 in Zirc beigesetzt.

gge, April 2016, rev. Okt. 2017


Daten:

Prof.: 14. Jan. 1944; Sac.: 16. Mai 1944.

Werke:

Repertorium Historicum Ordinis Cisterciensis in Hungaria (Bibliotheca Cisterciensis 7, Rom 1984 · Notes and Additions to a Cistercian Bibliography. Analecta Cisterciensia 27 (1971) 310–321 · Die Geschwister der heiligen Hedwig in Ungarn. Archiv für schlesische Kirchengeschichte 40 (1982) 223–240 · 800 Jahre Abtei Zirc, 1182–1982. Ein kurzer historischer Überblick. Analecta Cisterciensia 38 (1982) 7–21 · Geschichte der Franziskaner in Ungarn bis zum Beginn der Reformation. In: 800 Jahre Franz von Assisi. Franziskanische Kunst und Kultur des Mittelalters. Wien, 1982. 312–317.

Literatur:

Nachrufe · Farkasfalvy, Denis: In Memoriam P. Levente Francis Hervay OCist (1919–2016), in: Analecta Cisterciensia 66 (2016), S. 494–495 (Nachruf, engl.) · Makovitzky, Josef Georg: In memoriam Hervay Ferenc Levente (Pater Levente,1919–2016), in: Kaleidoscope history, Bd. 8, No. 14 (2017), S. 269–274 <doi:10.17107/KH.2017.14.269-274>.

Normdaten:

GND: 120904578 · BEACON-Findbuch

Zitierempfehlung: Hervay, Levente, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 15.10.2017, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Hervay,_Levente

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