Christian Hirschmentzl
tschechisch: Kristian Bohumír Hiršmencl
Zisterzienser der Abtei Velehrad, Historiker, Autor und einer der bedeutendsten Repräsentanten des schlesischen und bömischen Barocks
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† 26. Feb. 1703 Velehrad, Mähren
Christian Gottfried Hirschmentzl (Hirschmentzel) wurde am 7. Januar 1638 in Friedek im Herzogtum Teschen geboren und am 12. Januar in der dortigen Pfarrkirche getauft. Sein Vater Martin Hirschmentzl stammte aus Liegnitz in Niederschlesien. Lutherisch getauft, hatte er evangelische Theologie und Hebräisch in Breslau studiert, war aber als Sekretär bei der Fridecker Herrschaft zur katholischen Kirche konvertiert und hatte die Bürgerstocher Hedwige Bohmann geheiratet.[1] Er wurde Syndikus und Kaufmann, als der er sein gesamtes Vermögen verlor. Er scheint sich aber wieder erholt zu haben, denn bei seinem Tod am 7. Juni 1657 hinterließ er seinen vier Söhnen und vier Töchtern ein ansehnliches Vermögen. Die Witwe, Christian Hirschmentzls Mutter, starb am 10. November 1671 in Mistek.
Bis zum Alter von zwölf Jahren zuhause unterrichtet, studierte Hirschmentzl später wohl in Breslau und absolvierte das Gymnasium in Brünn. Am 9. März 1656 trat er als Novize in die Zisterzienserabtei Wellehrad (Velehrad) ein, wurde nach einem Jahr zur Profess zugelassen, konnte sie aber nicht ablegen, da der von Generalvikar Hilger Burghoff abgesetzte, vom Landesherrn aber wieder eingesetzte Abt Johann Salix, ein gebürtiger Ungar, wegen der internen Streitigkeiten alle nicht-ungarischen Kandidaten aus dem Kloster entfernte. Vom Prior, einem schlesischen Landsmann, zunächst in das Kloster Saar geschickt, kam Hirschmentzl dann in das Mutterkloster Plass in Böhmen, wo er endlich am 9. März 1658 die Profess ablegte. Unter Salix’ Nachfolger Bartholomäus Ferreus (1657—1672) nach Velehrad zurückgekehrt, wiederholte er dort die Profess und erhielt von Abt Bartholomäus am 29. Juli 1660 die vier niederen Weihen. Im nächsten Jahr wurde ihm das Stiftsarchiv anvertraut, das er ordnete und katalogisierte. 1662 und 1663 studierte er Philosophie im Stift, mit mäßigem Erfolg, wie er in seiner Autobiographie selbst sagt.
Wegen des Einfalls der Türken in Mähren im August 1663 floh er mit den übrigen Stiftsmitgliedern nach Buchlau und im September d. J. in das Mutterhaus Plass nach Böhmen. Am 9. März 1664 erhielt er in Prag von Erzbischof Ernst Adalbert von Harrach die Subdiakonatsweihe und kehrte nach einjährigem Exil im September 1664 wieder nach Velehrad zurück. Moraltheologie hörte er 1665 im Kloster Saar, spekulative Theologie und Kirchenrecht von 1666 an am Collegium Bernardinum in Prag, dessen Vizesuperior er war. Am 13. August 1668 verteidigte er öffentlich seine dem damaligen mährischen Landeshauptmann Franz Karl Graf Kolowrat gewidmeten und im Druck erschienenen Thesen über sämtliche Lehrsätze der Theologie. Am 21. September 1669 wurde er von Weihbischof Andreas Dire zum Diakon und am 31. Mai 1670 von Bischof Karl Graf von Liechtenstein-Kastelkorn zum Priester geweiht.
Am Magdalenentag 1670 (22. Juli) feierte er in Velehrad seine erste hl. Messe und wurde nach überstandener schwerer Krankheit 1671 zum Subprior ernannt. Im Herbst 1671 bestellte ihn Abt Bartholomäus Ferreus zum Kurator von Borschitz und im Oktober 1674 von diesem Pfarramt weg zum Wirtschaftsadministrator des Stiftsgutes Bolatitz bei Troppau in Schlesien, wo Hirschmentzl 18 Jahre blieb (bis 1692). Dort sollte er die nach dem Dreißigjährigen Krieg noch immer nicht erholte Wirtschaft wieder empor bringen und bei der religiös-moralischen Erneuerung der Umgebung mitwirken. 1676 erreichte er beim Olmützer Konsistorium, dass das Fest der Slawenapostel Kyrillus und Methodius auch im schlesischen Anteil der Erzdiözese gefeiert wurde. Zu Ehren dieser Heiligen ließ er eine Kapelle bauen, die aber nicht erhalten ist. 1688 gründete er eine Rosenkranzbruderschaft.
Als Vertreter des Klosters besuchte Hirschmentzl die Fürstentage in Troppau, wo er den zweiten Platz auf der Prälatenbank hatte, und begrüßte 1683 als Deputierter der schlesischen Stände den polnischen König Jan III. Sobieski, der mit seinem Heer zum Entsatz der Stadt Wien durch Schlesien zog. Nach der glücklichen Befreiung Wiens überbrachte er dem Kaiser die Glückwünsche seines Hauses. 1684 wurde er von Abt Petrus Silawetzky zum Bevollmächtigten für den Ankauf der Herrschaft Groß-Polom bestellt, was jedoch für Hirschmentzl wegen der aus der nicht eingeholten päpstlichen Erlaubnis resultierenden Verwicklungen eine Quelle großer Sorgen und bedeutender Auslagen wurde. Ihm wurde, obwohl er selbst nach Wien gereist war, um dort 1500 Taler zu zahlen und die Konfiszierung des Gutes aufheben zu lassen, die Schuld dafür angelastet und er erfuhr vielfältige Anfeindungen. Es wurde sogar die Forderung erhoben, ihn lebenslänglich einzusperren (Näheres dazu bei Richter, S. 694f.).
Seine Ordensbrüder betrachteten den intelligenten und eifrigen Hirschmentzl, da er immer auf der Administration lebte, als der Gemeinschaft entfremdet und obwohl er bei drei Prälatenwahlen als einer der stärksten Kandidaten angesehen wurde, gelangte er niemals zur Abtwürde. Nach 24 Jahren Abwesenheit (zuletzt als Pfarrer in Nennowitz bei Brünn), auf eigenen Wunsch in das Stift zurückberufen, widmete er als Spiritual des Hauses seine übrige Lebenszeit meist dem Studium und dem Bücherschreiben. Er starb als Konventsenior am 26. Februar 1703, 65 Jahre alt.
Christian Hirschmentzl gilt als einer der wichtigsten und bedeutendsten Repräsentanten des schlesischen und bömischen Barocks. Außer zwei 1667 gedruckten Jugendschriften – eine Vita der heiligen Kyrill und Method und eine Fastenpredigt unter dem Titel Rex dolorum – hinterließ er mindestens 46 weitere Werke im Manuskript, die sich heute in der Wissenschaftlichen Bibliothek in Olmütz befinden (Signaturen M I 396 bis 424 und M II 234 bis 241). Warum sie nicht gedruckt wurden, ist unklar; Richter vermutet die Eifersucht („Schelsucht“) seiner Mitbrüder als Ursache. Hirschmentzls Hauptinteresse lag in der Landesgeschichte, mit der er sich nach eigener Aussage 30 bis 40 Jahre beschäftigt hatte. Sein diesbezügliches Hauptwerk ist die nur in einer Abschrift erhaltene Historia quadripartita de regno, de marchionatu Moraviae et de monasterio Wellehrad, eine vierteilige Geschichte des Böhmischen Königtums, der Markgrafschaft Mähren und des Klosters Welehrad, die von dem Raigerner Benediktiner und Historiografen Béda Dudík jedoch schon im 19. Jahrhundert für überholt erklärt wurde. Ebenfalls von Interesse sind die Abhandlung Zänkerei eines Landwirts mit einem Städter um die Vorteile des Standes und eine Sammlung anekdotischer Geschichten unter dem Titel Feriae Christiano Bacchanales. Daneben trat er auch als Komponist in Erscheinung.
gge, März 2020
- ↑ Die Stadt Friedek, die wegen ihrer katholischen Herren (Johann Georg und Ludowika Maria von Oppersdorf) katholisch geblieben war, hatte sich zu einem Wallfahrtsort entwickelt. Die Pilger waren vor allem tschechischsprachig und kamen aus Mähren. Die deutschen Eigentümer der Herrschaft zogen viele neue deutsche Bürger an, u.a. Handwerker und Künstler, für die der Wallfahrtsort Friedek neue Arbeitsstelle war. Grzegorz Chromik: Geschichte des deutsch-slawischen Sprachkontaktes im Teschener Schlesien, in: Forschungen zur deutschen Sprache in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, Band 7. Herausgegeben von Boris Blahak, Koloman Brenner, Ioan Lăzărescu, Jörg Meier und Hermann Scheuringer. Regensburg, 2019, S. 131.
Daten:
Vest.: 9. März 1656; Prof.: 9. März 1658; Subdiac.: 9. März 1665; Diac.: 21. Sep. 1669; Sac.: 31. Mai 1670; Prim.: 22. Juli 1670.Werke:
Rex dolorum sive Oratio de passione INRI. Prag 1667 · Vita SS. Cyrilli Et Methudii, Archiepiscoporum Moraviae, Sivé Vetus Wellehrad, Excudebat Urbanus Balthasar Goliasch. Prag 1667 · Bibliographie.Literatur:
Halusa, Tescelin: Zur wissenschaftlichen Thätigkeit der aufgehobenen Cistercienserabtei Wellehrad in Mähren (Oesterr.), in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 19 (1898), S. 39–51 (darin 41–44: Hirschmentzl, Christian Gottfried) · Richter, Franz Xaver: Christian Hirschmentzel. Ein Beitrag zu Mährens Literaturgeschichte, in: Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst 17 (1826), S. 505–507, 591–592, 638–639, 694–695, 751–752.Vorlage:Page.name: HIRSCHMENTZL, Christian OCist (1638–1703) – Biographia Cisterciensis