Kranicher, Vigilius

Vigilius Kranicher
Portrait von Josef Schöpf, 1785/86, Museum Stift Stams

Vigilius Kranicher von Kranichsfeld

34. Abt des Zisterzienserstiftes Stams 1766–1786

* 7. Feb. 1722 Innsbruck
† 7. Mai 1786 Innsbruck

Vigilius Kranicher von Kranichsfeld (Granicher von Granichsfeld), Taufnamen Johann [Baptist] Franz Josef, wurde am 7. Februar 1722 in Innsbruck als Sohn des oberösterreichischen Regimentssekretarius Johann Ludwig „Gränicher“ und seiner Frau Franziska Anna Maria Loferer geboren. Sein Taufpate, der Regimentsrat Graf Spaur, war der Vater des späteren Brixener Fürstbischofs Joseph von Spaur. In seinem (von seinen Sekretären Kassian Primisser und Roger Schranzhofer geführten) Diarium nennt Kranicher zwei Geschwister, einen drei Jahre älteren Bruder Oswald Sigismund Kranicher (1719–1776), Guardian des Franziskanerklosters in Reutte von 1766 bis 1769, und eine Schwester Maria Anna.

Am 13. August 1741 legte Kranicher im Zisterzienserstift Stams die Profess ab und erhielt am 24. September 1746 in Brixen die Priesterweihe. Die Primiz feierte er am 30. Oktober 1746. Als Kandidat des kirchlichen und weltlichen Rechts (Universität Innsbruck) war er Theologieprofessor an der Hauslehranstalt und ab 1752 Sekretär und Archivar des Abtes Rogerius Sailer (1694–1766). Von 1754 bis 1764 war er zehn Jahre Prior und danach wieder Theologieprofessor, außerdem Novizenmeister. Am 26. Mai 1766 zum Abt gewählt, wurde er am 27. Juli im Mutterkloster Kaisheim von Abt Cölestin Mermos (reg. 1739–1771) benediziert.

Die Regierungsszeit des gelehrten und kunstsinnigen Abtes Kranicher fällt in die politische und kulturelle Blütezeit des Klosters in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Unter ihm erreichte das Kloster einen Personalhöchststand. Er baute die Stiftsseelsorge aus, errichtete den Krankentrakt (»Vigiliustrakt«) und 1778 ein Knabenseminar, um Singknaben und Instrumentalisten für den Figuralchor in Stams selbst ausbilden zu können. Die Schüler wurden in den Fächern der ersten drei Gymnasialklassen und der Musik unterrichtet, u.a. von den Stamser Konventualen Stefan Paluselli und Benno und Thomas Aquinas Voglsanger.

Die Stiftskirche und die Heiligblutkapelle ließ er u.a. mit neuen Orgeln ausstatten. 1771 ließ er durch die St.-Martinskapelle einen neuen Zugang auf den Figuralchor der Stiftsbasilika schaffen, auf die um 1731 errichtete Westempore. Auch der Chor der Heiligblutkapelle erfuhr eine Erweiterung, was den Musikern günstigere Verhältnisse für ihre Tätigkeit brachte. (Hermann-Schneider, S. 344–345). Kranicher liebte persönlich das Singen im Chor, wie die Totenrotel hervorhebt, und ließ sich auch durch seine Kränklichkeit nicht davon abhalten.

1766 kaufte Kranicher das von den Freiherren von Voglmayr gepachtete Anwesen Mair am Ort in Mais als neues Pfarrwidum zurück und sorgte für eine Neuordnung der Verwaltung des Südtiroler Stiftsbesitzes. Mehrere Pfarrkirchen, die von Stams betreut wurden, ließ er neu ausstatten, darunter die Pfarrkirche von Sölden (Gewölbefresken von Josef Anton Puellacher aus Telfs, 1779).

Zu Kranichers Zeit musste das Stift 1785 die ehemalige Augustinerpfarrei Seefeld übernehmen, die mit dem späteren Abt Sebastian Stöckl besetzt wurde. In der zum Kloster gehörenden Pfarrei Wertach wurde in der Filiale Jungholz eine sog. Lokalkaplanei eingerichtet. 1785 konnte Abt Kranicher die Klosteraufhebung unter Kaiser Joseph II. verhindern; das schon erlassene Aufhebungsdekret wurde wieder zurückgenommen.

Kranicher starb am 7. Mai 1786 im Alter von 64 Jahren in Innsbruck, wo er sich aus geschäftlichen Gründen aufhielt. Nach seinem Tod 1786 kam das Stift unter die Leitung eines Kommendatarabts bis 1790 mit Sebastian Stöckl wieder ein regulärer Abt gewählt werden konnte.

gge, Aug. 2011‎, rev. Nov. 2020


Daten:

Prof.: 13. Aug. 1741; Sac.: 24. Sep. 1746; Prim.: 30. Okt. 1746; Abbas: el. 26. Mai 1766, ben. 27. Juli 1766.

Literatur:

700 Jahre Stift Stams 1273–1973. Stams 1973 · Album Stamsense · Anderl, Michael: Das Diarium Vigilii Abbatis (1766–1776). Diplomarbeit, Universität Innsbruck, April 2017 · Herrmann-Schneider, Hildegard: Wo die Engel musizieren. Musik im Stift Stams. Brixen, A. Weger 2020, ISBN 978-88-6563-263-5 (passim) · Totenrotel.

Zitierempfehlung: Kranicher, Vigilius, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 18.11.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Kranicher,_Vigilius

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