Kloster Maulbronn
Maulbronn, ehemalige Zisterzienserabtei in Maulbronn, Baden-Württemberg, gegründet 1138, 1147 an den heutigen Standort verlegt; Mutterabtei Neuburg (Elsass), Linie Morimond, aufgelöst 1534 im Zuge der Reformation.
Maulbronn gilt als die am besten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage der Zisterzienser nördlich der Alpen und gehört deshalb seit Dezember 1993 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Geschichte
Aus einer „Gründungsurkunde“ des Speyerer Bischofs Gunther (1146–1161) von 1148 erfahren wir einiges über die Entstehung der Zisterze Maulbronn. Initiator der Gründung war ein Edelfreier namens Walter von Lomersheim, auf dessen Bitten Abt Ulrich vom Neuburger Zisterzienserkloster auf Walters Erbgut in Eckenweiher eine Mönchsgemeinschaft gründete (1138/39). Doch genügte Eckenweiher den Erfordernissen eines Klosters nicht, so dass die Mönchsgemeinschaft mit Unterstützung des Bischofs von Speyer nach Maulbronn verlegt wurde (1147). Eine Bulle Papst Eugens III. (1145–1153) vom 29. März 1148 privilegierte schon bald das Kloster, das sich in der Folgezeit trotz angespannter Wirtschaftslage und trotz eines bestehenden Gegensatzes zwischen staufischen und welfischen Parteigängern etablieren konnte. Die defensio, die „Verteidigung“ des Klosters kam dabei in bischöfliche Hand, die geistliche Gemeinschaft fand sich eingebunden in das Netzwerk der Stauferanhänger nördlich der Enz, von denen Bischof Gunther der prominenteste war. Die Schutzurkunde Kaiser Friedrichs I. (1152–1190) vom 8. Januar 1156 kann dann als vorläufiger Endpunkt der Integration Maulbronns in das staufische Herrschaftssystem gelten. Besitzvergrößerung und Rodungstätigkeiten verbesserten unterdessen die wirtschaftliche Situation der Zisterze, die beispielsweise 1159 massiv gegen die Bewohner des Dorfes Eilfingen vorging, um dort eine Grangie zu errichten.
Mit dem Tod Bischof Gunthers hörten die engen Beziehungen Maulbronns zum Speyerer Bistum auf, das Kloster stand während des alexandrinischen Papstschismas (1159–1177) auf staufischer Seite, der Bischof übte wohl im Auftrag des Kaisers die defensio über die Mönchsgemeinschaft aus. Nach dem Frieden von Venedig (1177) erlangte das Kloster zwei Papstprivilegien vom 21. Dezember 1177 und April 1179. Maulbronner Äbte standen in der Folgezeit weiterhin in Verbindung mit den staufischen Kaisern und Königen, die deutschen Herrscher übten die Schirmvogtei über das Kloster aus, als diesbezügliche Amtsträger sind wohl ab 1236 die Herren von Niefern-Enzberg, ein staufisches Ministerialengeschlecht, neben dem Reichsvogt von Wimpfen (1240/43) bezeugt. In spät- und nachstaufischer Zeit gerieten die Reichsrechte gegenüber Maulbronn bald ins Hintertreffen. Gemäß einem Diplom König Wilhelms von Holland (1247–1256) vom 23. März 1255 durfte der Bischof von Speyer den Schirmvogt über die Zisterze einsetzen, doch konnten die Herren von Enzberg, die die Schutzvogtei rücksichtslos ausübten, erst 1270 aus der klösterlichen defensio verdrängt werden. 1273 gelangte die Vogtei nochmals ans Reich, ab 1280 übte der Speyerer Bischof die defensio in königlichem Auftrag aus. Die Vogtei wurde in den 1360er-Jahren kurpfälzisch, 1504 württembergisch. Das 1554 endgültig evangelisch gewordene Kloster ging in der Landesherrschaft der württembergischen Herzöge auf.
Klosterkultur
Die Klosterkultur Maulbronns bewegte sich mit Skriptorium und Büchern im Umfeld der Kultur des Zisterziensertums. Das zisterziensische „Grundgesetz“ der charta caritatis („Urkunde der Liebe“, endgültige Redaktion in den 1160er-Jahren) schrieb so einen gewissen Mindeststandard in Quantität und Qualität der im Kloster zu benutzenden (liturgischen) Bücher vor, die damit klösterliche Lebenspraxis untermauern halfen. Das Maulbronner Antiphonar des Jahres 1249 aus dem Kloster Lichtenthal verweist dann direkt auf die damalige zisterziensische Buchkultur in Südwestdeutschland. Danach war diese beeinflusst vom überragenden Kultur- und Kunstzentrum von Ile-de-France und Paris, Letzteres auch die Residenz des kapetingisch-französischen Königtums und Sitz der wichtigen Universität. Südwestdeutsche Zisterzienser studierten in Paris, Pariser Handschriften gelangten in deutsche Zisterzen, liturgische Bücher orientierten sich am französischen Vorbild, z.B. bei der Notenschrift mit den Linien. Damit war die klösterliche Buchkultur Südwestdeutschlands, soweit sie die Zisterzienser betraf, eingebunden in größere, europäische Zusammenhänge. Das genannte Maulbronn-Lichtenthaler Antiphonar sowie zwei wohl von einem Maulbronner Mönch Bertolf geschriebene Graduale aus der Zeit um 1175 beleuchten dann die Situation von Skriptorium und Buchproduktion in der Zisterze Maulbronn im hohen Mittelalter, wenn auch kaum mehr über die Maulbronner Bücher des 12. und 13. Jahrhunderts in Erfahrung zu bringen ist.
Bauten und Anlage
Erhalten geblieben ist immerhin die hoch- bis spätmittelalterliche Klosteranlage Maulbronns: die schmucklose romanische Pfeilerbasilika als Klosterkirche (1147/78) mit dem Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert, das Paradies (ca.1215), das Winterrefektorium (ca.1230), der Kapitelsaal, der unterschiedlich gestaltete Kreuzgang (13.–15. Jahrhundert) sowie die zahlreichen Wirtschaftsgebäude (Küferei, Schmiede, Fruchtkasten) und die Klostermauer mit den Wehrtürmen. Im sog. Faustturm des Klosters wohnte der 1509 an der Heidelberger Universität zum Doktor der Theologie promovierte Alchemist Johann (Georg) Faust (ca.1480–1540) im Jahr 1516.
Michael Buhlmann