Muff, Benedikta

Benedikta Muff

Benedikta Muff

41. Äbtissin von Rathausen(-Vézelise) 1844–1890

* 1. Febr. 1809 Neuenkirch
† 31. Jan. 1890 Vézelise bei Nancy

Anna Maria Elisabeth Muff wurde am 1. Februar 1809 in Neuenkirch, Kanton Luzern, dem Ehepaar Mauriz Muff und Anna Maria geb. Bättig geboren. Der Vater hatte aus erster Ehe bereits vier Kinder. Mit 17 Jahren, 1826, trat sie zusammen mit zwei weiteren Postulantinnen in die 1248 gegründete Zisterzienserinnenabtei Rathausen bei Luzern ein. Am 31. Mai 1827 wurden die Postulantinnen nach einer Ausnahmegenehmigung der Luzerner Regierung als Novizinnen eingekleidet. Die Profess legten sie am 1. Juni 1828 in die Hände des Vaterabtes Friedrich Pfluger von St. Urban ab.

Am 21. März 1844 wurde Sr. M. Benedikta unter dem Vorsitz von Abt Friedrich zur Äbtissin gewählt. Energisch führte sie mehrere Reformen durch und brachte die Wirtschaft des Klosters wieder ins Gleichgewicht. Da Rathausen während des Sonderbundkriegs 1847 im Aufmarschgebiet der Truppen lag, die Höfe und Dörfer niederbrannten, musste die Äbtissin mit ihrem Konvent über den Vierwaldstätter See zu den Benediktinerinnen nach Seedorf fliehen. Bald konnten sie zurückkehren, wurden aber von der neu installierten radikalen Luzerner Regierung zur Deckung der Kriegsschulden zu unerbringlichen Zahlungen verpflichtet. Am 13. April 1848 wurde das Schicksal der Klöster St. Urban und Rathausen durch das Aufhebungsdekret des Großen Rates endgültig besiegelt. Die Schwestern wurden angewiesen, sich mit dem nahe gelegenen Konvent von Eschenbach zu vereinen. Dort wurden sie aufgenommen und Äbtissin Benedikta sogar zur Priorin von Eschenbach bestellt. In der Hoffnung, das Kloster Rathausen zurückzubekommen, wollte Benedikta ihre Gemeinschaft aber nicht mit Eschenbach verschmelzen, sondern zusammenhalten. 1855 fand sie im ehemaligen Kapuzinerkloster St. Joseph bei Schwyz eine Unterkunft. Von dort aus machte sie immer wieder Eingaben um Rückgabe ihres Klosters an die Luzerner Regierung, aber vergeblich.

Als es ihr klar wurde, dass bei der politischen Lage in der Schweiz jede Hoffnung auf das Fortleben als kontemplatives Ordenshaus illusorisch war, wandte sie sich mit Erlaubnis ihres Ordensoberen Abt Leopold Höchle von Wettingen, der 1854 im österreichischen Mehrerau mit seinem Konvent eine neue Wirkungsstätte gefunden hatte, auf die Suche nach einer Niederlassung im Ausland. Mit Hilfe des begüterten Pfarrers von St-Epure in Nancy, Joseph Trouillet, konnte sie 1876 das ehemalige Klösterchen bei Vézelise (Frankreich) erwerben und für ihre Zwecke ausbauen. Abt Martin Reimann von Mehrerau, der Nachfolger des inzwischen verstorbenen Abtes Leopold Höchle, schickte den Schwestern als Spiritual P. Athanas Hanimann, der für die Äbtissin ein kluger und treuer Berater wurde. Bald meldeten sich Kandidatinnen aus Deutschland und der Schweiz. 1877 traten zehn Novizinnen ein. Bis zu ihrem Tod 1890 konnte Äbtissin Benedikta 25 junge Schwestern zur Profess aufnehmen. Es ist ein Zeugnis für den guten Geist des Konventes, dass während der ganzen Zeit der Vertreibung aus Rathausen und der Suche einer neuen Herberge nicht eine einzige Schwester austrat – wenn auch der Charakter der alten Äbtissin gelegentlich etwas schroff war.

Im französischen Klostersturm der Combes-Gesetze von 1901 wurden die Zisterzienserinnen, von denen keine einzige die französische Staatsbürgerschaft hatte, wieder aus Vézelise vertrieben. Unter der Führung von Äbtissin Juliana Füglister konnten sie in Thyrnau bei Passau Zuflucht finden und das Kloster St. Joseph einrichten. 1926 zählte die Gemeinschaft über 60 Schwestern und war in der Lage, in Apolo, Bolivien, eine Missionsgründung vorzunehmen.

Kassian Lauterer


Daten:

Vest.: 31. Mai 1827; Prof.: 1. Juni 1828; Äbtissin: el. 21. März 1844, ben. 21. April 1844 (Abt Friedrich Pfluger).

Quellen und Bibliographie:

 
  • Briefe von Benedikta Muff: Klosterarchiv Mehrerau, Abt. F, RV3.
  • Briefe von Athanas Hanimann: Klosterarchiv Mehrerau Abt. F, RV4.
  • P. Johann Bapt. Troxler: Geschichte des Cistercienserinnenklosters Rathausen, Manuskript, Klosterarchiv Mehrerau C 32.
  • Gregor Müller: Eine Cistercienserin des XIX. Jahrhunderts. In: Cist. Chron. 6 (1894) S. 97–106, 129–136, 161–169, 193–200, 225–233, 257–262, 289–296, 321–329.
  • Kassian Lauterer: M. Benedikta Muff (1809–1890), Eine starke Frau des 19. Jahrhunderts. In: Zisterzienserinnen und Zisterzienser, Hrsg. Alberich Martin Altermatt, Freiburg, Schweiz 1998, S. 127–143.
 

Zitierempfehlung: Kassian Lauterer: Muff, Benedikta, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 22.06.2011, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Muff,_Benedikta

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