Otto, Gabriel

Gabriel Otto, Wappen, 1799

Gabriel Otto

letzter Abt des Zisterzienserklosters Leubus in Schlesien 1794–1810

* 1741 Neumarkt in Schlesien [Środa Śląska, Polen]
† 17. Feb. 1811 Leubus, Niederschlesien [Lubiąż, Polen]

Gabriel Otto, ein geborener Neumarkter und Sohn eines Kürschners[1], trat im Alter von 22 Jahren in die Zisterzienserabtei Leubus ein (3. Okt. 1763), legte am 9. November 1764 die Profess ab und wurde an Pfingsten 1770 zum Priester geweiht. Zuletzt war er Stiftsprovisor. Die Wahl zum Abt erfolgte am 18. März 1794 unter der Leitung der Äbte von Kamenz (Raphael Rösler), Heinrichau (Konstantin Gloger) und Grüssau (Petrus Keylich). Die Wahl wurde in der damals in Preußen üblichen Weise getätigt, dass der Konvent drei Ordensmitglieder wählte, von denen der König einen zum Abt ernannte. Königlicher Kommissar war der Glogauer Kriegs- und Domänen-Kammerdirektor v. Massow, der mit seinem Sekretär das Ergebnis im Priorat abwartete. Aus der Wahl gingen als Nominationskandidaten hervor: P. Matthias Knecht, P. Raphael Matern und der Provisor P. Gabriel Otto. Durch Kabinettsorder vom 29. März 1794 wurde Gabriel Otto zum Abt von Leubus ernannt Der Wahlkommissar v. Massow hatte ihn in seinem Schreiben an den Etatsminister v. Hoym als „von allen dreyen Subiectis der helleste Kopf“ beurteilt.

Der neue Prälat scheint das günstige Urteil v. Massows bestätigt zu haben, denn der Geheime Justizrat Baumann sagte in seinem Personalbericht vom 1. Dezember 1810 über Gabriel Otto, dass er „das Verdienst hätte, durch eine emsige Sparsamkeit das Vermögen des Stifts erhalten und durch eine strenge Aufsicht auf die ihm unter geordneten Geistlichen einen moralischen Wandel unter denselben erhalten zu haben.“ Am 12. August 1804 weihte er in besonderem Auftrag des Fürstbischofs von Breslau die vom König der katholischen Gemeinde geschenkte und wiederhergestellte St.-Johanneskirche in Liegnitz ein. Allerdings verblich während seiner Regierung der alte Glanz des Stiftes immer mehr, da die Koalitionskriege den Wohlstand von Jahr zu Jahr verringerten, die kulturelle Wirksamkeit hemmten und kirchenfeindliche Tendenzen nährten. Abt Gabriel scheint auch innerklösterliche Feinde gehabt zu haben, denn P. Friedrich Au schrieb als Senior des Konventes am 2. Mai 1806 an den Etatsminister v. Hoym einen Beschwerdebrief, in dem er dem Abt ungeeignete Personalauswahl, unsittlichen Lebenswandel und unnötige Ausgaben vorwirft, wie etwa die Anschaffung von sechs Kutschpferden aus Frankfurt und den Neubau einer Abteiwohnung. Die Verwaltung der Stiftsgüter habe er seinen Verwandten oder ihm ergebenen Kreaturen anvertraut, die nach Willkür schalteten und walteten. Der Prälat selber disponiere ganz unumschränkt und eigenmächtig ohne Zuziehung des Konventes.

Prälat Gabriel Otto war zu klug, um die drohenden Zeichen der kommenden Auflösung des Stiftes nicht zu erkennen. Er unterwarf sich ihr – wie der Justizrat Baumann in seinem Bericht festhielt – mit „einer seltenen Resignation“, die auch nicht frei war von Selbstkritik. Am 20. November 1808 schrieb er in einem vertraulichen Brief an Abt Ildefons Reuschel von Grüssau: „Allein man muß denken, daß er [Gott] Ursache hat, die leider ! von uns selbst herkömmt, uns auszulöschen. – Denn ach! Es geht jetzt nicht nur im Staate, sondern auch daß Gott erbarm! in der Kirche böse zu! – Keine Religion, keine Sitten, kein Gehorsam!“ 1807 musste der Kirchenschatz an den Staat abgeliefert werden. 1808 gab Gabriel Otto aus seinem Privatvermögen 17.000 Reichstaler zur Bezahlung der Kriegsschuld. Im Herbst 1810 (Dekret vom 30. Okt. 1810) hörte die Abtei Leubus nach 640 Jahren auf zu existieren. Ein königlicher Aufhebungskommissar, der schon erwähnte Geheime Justizrat Theodor Baumann als Beauftragter des Regierungspräsidenten in Liegnitz, übernahm am 21. November des Jahres das gesamte bewegliche und unbewegliche Eigentum des Stiftes. Der Abt musste nach der Verlesung des Aufhebungsedikts die Amtsinsignien – Infulien, Stab und Siegel – abgeben; das Pektorale (Brustkreuz) durfte er behalten. Die Laienbrüder wurden entlassen, die Priester mit einer Pension abgefunden und die als Seelsorger angestellten Konventualen auf ihren Posten belassen. Die Besitzungen bei Leubus wurden zur Staatsdomäne erklärt, die übrigen Güter zum Spottpreis verschleudert, insgesamt 59 Dörfer und zehn Domänen, ein Gebiet, das sich über zwölf schlesische Kreise erstreckte.

Der als Privatmann in Leubus gebliebene Abt Gabriel Otto überlebte die Aufhebung seines Klosters nicht lange. Er starb am 17. Februar 1811, im Alter von 70 Jahren.

gge, Dez. 2016, rev. Sep. 2023

  1. Sein Bruder Karl Otto war bis zur Aufhebung Stiftsrat und Stiftskanzler (Leiter des Stiftsjustizamts).

Daten:

Vest.: 3. Okt. 1763; Prof.: 9. Nov. 1764; Sac.: 3. Juni 1770; Abbas: el. 18. März 1794.

Literatur:

Wintera, Laurentius: Leubus in Schlesien, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 25 (1904) S. 502–514, 676–697, hier: 696 · Grüger, Heinrich: Schlesisches Klosterbuch: Leubus, in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Band 22, 1981, S. 1–32 · Bollmann, Aloysius: Die Säkularisation des Zisterzienserstiftes Leubus (= Einzelschriften zur Schlesischen Geschichte ; 9). Breslau: Ostdeutsche Verlagsanstalt, 1932, S. 47–52.

Zitierempfehlung: Otto, Gabriel, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 21.09.2023, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Otto,_Gabriel

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