Pfalz, Luise Hollandine

Luise Hollandine von der Pfalz als Zisterzienseräbtissin, unbekannter zeitgenössischer Maler

Luise Hollandine von der Pfalz

Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters Maubuisson 1664–1709; Porträt- und Landschaftsmalerin

* 18. April 1622 Den Haag
† 14. Jan./11. Feb. 1709 Saint-Ouen-l’Aumône

Louise Hollandine, Prinzessin von der Pfalz, Pfalzgräfin bei Rhein, war eine Tochter des pfälzischen Kurfürsten und böhmischen »Winterkönigs« Friedrich V. von der Pfalz (1596–1632) aus dessen Ehe mit der englischen Prinzessin Elisabeth Stuart (1596–1662), Tochter König Jakobs I. von England. Ihre älteste Schwester Elisabeth (1618–1680) wurde 1667 Äbtissin des Reichsstifts Herford in Westfalen, ihr Bruder Karl I. Ludwig Kurfürst von der Pfalz. Eine andere Schwester war die Kurfürstin Sophie von Hannover.

Geboren als erstes der Kinder nach der Flucht ihrer Eltern aus Böhmen im holländischen Exil, wurde sie, wahrscheinlich weil die Generalstaaten die Patenschaft übernahmen, Hollandine genannt (Taufe am 30. April 1622 in Den Haag). Den Vornamen Louise erhielt sie nach ihrer Großmutter Luise Juliana von Oranien-Nassau. Sie wuchs in der Obhut von Erziehern in Leiden auf und kehrte dann an den Hof ihrer Mutter in Den Haag zurück. Einen großen Skandal verursachte sie, als sie am 19. Dezember 1657 nach Antwerpen floh, wo sie – unterstützt von ihrer in Frankreich lebenden Tante, der Königin Henriette Marie von England, und ihrem Bruder Eduard – einen Monat später, am 25 Januar 1658, im Kloster der englischen unbeschuhten Karmelitinnen zum katholischen Glauben übertrat. Flucht und Konversion erregten in Den Haag großes Aufsehen und führten zum endgültigen Bruch mit ihrer Mutter.

Nach einem Aufenthalt in der Benediktinerabtei St. Amand in Rouen und im Visitandinnenkloster Chaillot in Paris[1] wurde sie am 25. März 1659 in der königlichen Zisterzienserinnenabtei Maubuisson (Notre-Dame-La-Royale) in Saint-Ouen-l’Aumône nördlich von Paris eingekleidet und legte am 19. September 1660 ihre Profess ab, anwesend waren ihr Bruder Edward mit seiner Gemahlin, der Prinz von Condé und weitere hohe Adlige. Der Bischof von Amiens, François Faure, hielt die Festpredigt.

Trotz der Konversion zahlten die Generalstaaten ihr ein Gnadengehalt auf Lebenszeit, ebenso gab ihr König Ludwig XIV. eine jährliche Pension von 6000 Livres. Ihre hohe Geburt und die Gunst des Königs hätten Louise Hollandine einen Sitz als Äbtissin einer der großen Abteien des Landes oder in Maubuisson selbst einbringen können, doch scheinen ihre Motive für den Klostereintritt andere gewesen zu sein.[2] Ihr Leben im Kloster zeigt deutlich, dass ihre Berufung aufrichtig war und sie kein sorgloses Leben ’in Prunk und Protz’ suchte, wie es damals in vielen Klöstern üblich war, in denen die überzähligen Töchter des Adels Zuflucht suchten, ohne eine monastische Berufung zu haben. Vier Jahre lang blieb Sr. Louise Marie, wie sie im Kloster genannt wurde, einfache Chornonne und wurde dann mit verschiedenen Klosterämtern betraut.

Am 20. August 1664, dem Fest des hl. Bernhard von Clairvaux, auf Empfehlung ihrer unerwartet früh verstorbenen Vorgängerin Catherine d’Orléans, von Ludwig XIV. zur Äbtissin ernannt und am 4. November 1664 von Abt Claude Vaussin von Cîteaux eingesetzt und benediziert, übernahm sie eine Abtei, in der die Turbulenzen der vergangenen Jahrzehnte, verursacht durch die Misswirtschaft der abgesetzten Äbtissin Angélique d’Estrée und ihrer Schwester Gabrielle, der Mätresse König Heinrichs IV., und die nachfolgenden Reformversuche durch Port Royal noch deutlich zu spüren waren. Die Schulden waren so hoch, die Klosterökonomie so vernachlässigt, dass Louise Marie ihr eigenes Tafelsilber einsetzen musste, um nur die wichtigsten Gläubiger zu befriedigen.

Nach und nach konnte sie die Schulden tilgen und die Gebäude instandsetzen lassen; 1680 begann sie mit der Restaurierung der großen Abteikirche (nach der Revolution abgerissen). Sie war sie sehr bemüht um die klösterliche Disziplin und die Einhaltung der Regeln und bewährte sich als kluge Verwalterin. Erleichterungen, die sie sich bisher gegönnt hatte, schaffte sie ab und fastete mehr und strenger, als es die Regel vorschrieb. Sie kleidete sich wie die gewöhnlichen Schwestern, aß das gleiche Essen am gemeinsamen Tisch mit gewöhnlichem Steingutgeschirr. Sie wohnte nicht in einem separaten Raum, sondern in einer gewöhnlichen Zelle ohne Ofen. Auch die Klausur beachtete sie: nur dreimal verließ sie das Kloster und auch das nur aus wichtigen Anlässen, die sich aus ihrem Amt ergaben.

Während ihrer Amtszeit wurden mehrere größere Bauarbeiten im Kloster durchgeführt. 1666 wurde ein neues Dormitorium (Schlafsaal) mit einer Kapelle gebaut; eine Mühle wurde auf dem Weg zum großen Teich errichtet; von 1668 bis 1670 wurden die Höfe instandgesetzt und das Gehege (Garenne) ummauert; 1680 wurde ein großes kunstvolles Gitter an der Rosenkranzkapelle angebracht; die Arkaden des Clos-du-Roi wurde geschlossen und ein Waschhaus errichtet. 1681 wurde der Glockenturm des Refektoriums restauriert. Ferner ließ sie im Kloster einen für die Nonnen erreichbaren Brunnen mit fließendem Wasser bauen. Für diese verschiedenen Arbeiten wurden fast 20.000 Livres verwendet. Mit der Verbesserung der finanziellen Lage stiegen auch ihre Almosen für die Armen und Bedürftigen, die sie im Hunger- und Elendswinter 1693 großzügig versorgte.

Tätigen Anteil nahm sie an den kirchlichen Wiedervereinigungsbestrebungen ihrer Zeit. Als sie bei einem Besuch ihrer Schwester Sophie von Hannover in Maubuisson von den Plänen der Lutheraner Molanus (Abt von Loccum), Leibnitz und Spinola (Bischof von Wiener Neustadt) für eine Wiedervereinigung mit Rom erfuhr, setzte sie alles daran, die drei mit Bischof Bossuet von Meaux in Verbindung zu bringen, wofür ihr Papst Alexander VIII. in einem Brief dankte.

Auch als Malerin tat Louise Hollandine sich hervor und war bis zu ihrem Lebensende künstlerisch tätig. Noch während ihrer Zeit in Den Haag Schülerin des Gérard van Honthorst, schuf sie vor allem zahlreiche Porträts von Verwandten und eine Auferstehung Christi. Es existieren auch mehrere Selbstbildnisse von ihr. Sie malte mehrere Bilder aus dem Leben der Muttergottes für die Marienkapelle, die sie wieder aufbauen ließ und zahlreiche Gemälde für die umliegenden Pfarrkirchen und andere Klöster. Staffelei, Pinsel und Palette, von den Nonnen zum Andenken aufbewahrt, wurden während der französischen Revolution versteigert, ebenso viele ihrer Gemälde. Bei dem Brandanschlag der Revolutionäre am 23. Mai 1871 wurde eine Justitia in der Kammer des Senats in Paris zerstört. In der Pfarrkirche von St. Ouen-l'Aumône bei Maubuisson befindet sich eine Auferstehung und in Breançon die Himmelfahrt von 1695.

Mit ihrer Familie, besonders ihrer Nichte Liselotte von der Pfalz, Herzogin von Orléans, blieb sie zeitlebens in brieflichem Kontakt. Nach einem Schlaganfall 1705 teilweise gelähmt, trotz ihres hohen Alters geistig aber unbeeinträchtigt, starb sie am 14. Januar (L’abbaye de Maubuisson, S. 66) oder 11. Februar (Epitaph) 1709, 86 Jahre alt. Die Herzogin von Orleans schreibt über den Tod ihrer Tante: „Sie ist gestorben wie ein jung mensch in dem redoublement vom fieber“. Die Totenpredigt, in Anwesenheit der Prinzessin von Condé, hielt Bischof Maboul von Aleth[3], das Requiem in der Abteikirche hielt der Bischof von Béziers, Alris de Rousset. Ihre Mitschwestern gaben eine kurze Lebensbeschreibung der Verstorbenen heraus[4], ihr einfaches Grabmal mit Inschrift wurde 1791 von der Revolution zerstört.

Der Herzog von Saint-Simon (Louis de Rouvroy) lobt Louise Hollandine als Nonne außerordentlich (siehe Mémoires complets et authentiques du duc de Saint-Simon (Paris 1862, IV, S. 300–301), stellt sie aber fälschlicherweise als Nonne von Port-Royal dar, die als Reformerin nach Maubuisson geschickt worden sei, und gibt falsche Daten an. Der Einfluss von Port-Royal in Maubuisson war jedoch schon vor der eigentlichen Epoche des Jansenismus 1618–1644 vorhanden (Fruytier).

gge, Dez. 2022

  1. 10. April 1658 kam sie im Kloster Chaillot in Paris an. Ihre Tante Henrietta Maria von Frankreich, die Witwe des unglücklichen Königs Karl I. von England hatte sich dorthin zurückgezogen.
  2. Die Äbtissin von Maubuisson, Catherine d’Orléans de Longueville, Tochter des Herzogs von Longueville, die 1653 die Regierung angetreten hatte, war nur fünf Jahre älter als Louise Hollandine, eine baldige Nachfolge also nicht zu erwarten. Diese Äbtissin war mit Louise Hollandines Familie verwandt; die drei Töchter von Louises Bruder Eduard wurden ihr zur Erziehung anvertraut.
  3. Oraison funèbre de Louise Hollandine, palatine de Bavière, prononcée dans l’église de l’abbaye royale de Maubuisson le 22 août 1709, par messire Jacques Maboul, évêque d’Aleth. Paris, Simart, rééditée chez le même et à Montpellier chez Martel en 1712.
  4. Mémoire sur la vie et les vertus de feue Mme la princesse électorale Louise Hollandine, palatine de Bavière, vingt-quatrième abbesse de Maubuisson, par les religieuses de cette abbaye (Paris 1709)

Daten:

Vest.: 25. März 1659; Prof.: 19. Sep. 1660; Abbatissa: el. Aug. 1664, ben. 4. Nov. 1664.

Literatur:

L’abbaye de Maubuisson (Notre-Dame-la-Royale), histoire et cartulaire: publiés d’après des documents entièrement inédits. 1882 · Fruytier, Amedeus: Louise Hollandine, in: Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek. Teil 7 (1927), S. 777ff. · Van Spilbeek, J.: Louise-Hollandine, Princesse Palatine de Bavière, Abbesse de Maubuisson, de I'ordre de Citéaux, in: Précis Historiques 34 (1885), S. 201–217 · Schmidt, Hans: Louise Hollandine, in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 259 · Wendland, Anna: Louise Hollandine, in: Allgemeine Deutsche Biographie 52 (1906), S. 102–104 · Von Rohr, Alheidis: „Peint par Madame l’Abesse“ Louise Hollandine Prinzessin von der Pfalz (1622–1709), in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte, Bd. 28 (1989), S. 143–160.

Zitierempfehlung: Pfalz, Luise Hollandine, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 7.04.2024, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Pfalz,_Luise_Hollandine

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