Stephan Rössler OCist
62. Abt des Zisterzienserstiftes Zwettl 1878–1923
* 16. Nov. 1842 Ganz, NÖ
† 16. März 1923 Zwettl
Stephan Rössler, Taufname Karl, wurde am 16. November 1842 in dem Dorf Ganz in der Pfarre Groß Haselbach als zweites Kind einer Bauernfamilie geboren. Er war drei Jahre alt, als seine Mutter nach der Geburt seiner jüngeren Schwester starb. Alleinstehend mit drei kleinen Kindern, heiratete der Vater noch im selben Jahr erneut.
Rössler war einige Jahre als Sängerknabe im Zisterzienserstift Zwettl, in das er 1861 nach der Reifeprüfung eintrat. Am 8. September 1865 legte er die feierliche Profess ab, wurde am 25. Juli 1866 zum Priester geweiht, und feierte seine Primiz in einer Zeit, in der nach der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 preußische Truppen durch das obere Waldviertel zogen. Seine Stiefmutter konnte seinen Ehrentag nicht mitfeiern, da sie im benachbarten Schwarzenau für die preußische Einquartierung kochen musste.
Von 1866 bis 1870 war er Aushilfspriester in Kautzen und Zuggers, 1871 Pfarrprovisor in Siebenlinden und von Oktober 1871 bis 1875 Kooperator an der Stiftspfarre. 1875 übernahm er als Stiftsökonom und Baudirektor die Leitung der Wirtschaftsbetriebe des Klosters. Am 15. Mai 1878 wurde er unter dem Vorsitz des Bischofs von St. Pölten, Matthäus Binder, zum Abt gewählt und am 6. Juni 1878 von diesem auch benediziert. Der Generalvikar der österreichisch-ungarischen Zisterzienserkongregation Leopold Wackarž war bei der Wahl nur anwesend und bestätigte den Neugewählten anschließend.
Noch im selben Jahr, 1878, begann Rössler mit einem umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsprogramm. Er ließ Renovierungsarbeiten an der mittelalterlichen Bausubstanz vornehmen, das Alters- und Pflegeheim renovieren und die Kanalisation und Wasserleitung erneuern, daneben auch einige Neubauten errichten (Stephaneum 1900). 1892 kam ein stiftseigenes Elektrizitätswerk dazu.
Neben der Bautätigkeit kümmerte sich Abt Stephan um Kunst und Wissenschaft im Stift. Er veröffentlichte selbst mehrere Arbeiten zur Stiftsgeschichte, vor allem zur Bau- und Kunstgeschichte, und erstellte ein Verzeichnis der Handschriften der Stiftsbibliothek. 1897 wurde er Konservator der Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale.
Ein besonderes Anliegen Rösslers war neben der äußeren (baulichen) auch die innere Erneuerung des noch von den geistigen Auswirkungen des Josephinismus geprägten Konventslebens hin zu einem Gemeinschaftsleben nach monastischen Idealen (J. Tomaschek in ÖBL).
gge, Okt. 2009, rev. März 2014, Nov. 2024
Daten:
Vest.: 20. Aug. 1861; Prof.: 8. Sep. 1865; Sac.: 25. Juli 1866; Abbas: el. 15. Mai 1878, ben. 6. Juni 1878.Auszeichnungen:
Komturkreuz des k. k. Franz-Josephs-Ordens (1890)Werke:
„Die Abtei Zwettl in Nieder-Oesterreich,“ in: Brunner, Sebastian: Ein Cisterzienserbuch. Würzburg 1881, S. 542ff. · Das Türkenjahr 1683 und das Stift Zwettl, in: StMBO 4:2 (1883) S. 383–388. · Die Stiftskirche und der Kirchthurm in Zwettl, in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereins zu Wien 25, 1889 · Verzeichniss der Handschriften der Bibliothek des Stiftes Zwettl, in: Die Handschriften-Verzeichnisse der Cistercienser-Stifte, Bd. 1 (Xenia Bernardina II,1), Wien 1891, S. 293–479. · Beitraege zur Geschichte des Cistercienser-Stiftes Zwettl, Separatdruck aus Xenia Bernardina III, Wien 1891. · Die innere Einrichtung der Zwettler Stiftskirche im 16. und 17. Jh., in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereins zu Wien, 28, 1892 · Das Stift Zwettl. Seine Geschichte und seine Sehenswürdigkeiten. Zwettl 1893, ²1929.Literatur:
Beiträge zur Geschichte der Cistercienser-Stifte. Wien : A. Hölder, 1891, S. 161. · CistC 15 (1903), S. 182 ff.; CistC 28 (1916), S. 219 ff.; CistC 30 (1918), S. 139 ff.; CistC 35 (1923), S. 84 ff. · ÖBL 1815–1950, Bd. 9 (Lfg. 43, 1986), S. 210.Vorlage:Page.name: RÖSSLER, Stephan (Karl) OCist (1842–1923) – Biographia Cisterciensis