Ratzenhofer, Eustachia

Eustachia Ratzenhofer

Eustachia Ratzenhofer

29. Äbtissin des Klosters Rathausen 1636–1653

* 1579/80
† 18. Juni 1653 Rathausen

Eustachia Ratzenhofer, Taufname Anna, von Luzern, war eine Tochter des Luzerner Bau- und Ratsherrn Nikolaus Ratzenhofer (1561–1621). Sie lebte schon als siebenjährige Tischtochter unter Äbtissin Verena Feer im Kloster Rathausen. Am 9. Oktober 1588 von Nuntius Paravacini eingekleidet, kehrte sie wenige Tage später, als der Konvent nach Friedensweiler aufbrach, zu ihren Eltern zurück. 1592 trat sie erneut in Rathausen ein. Das Datum ihrer Profess lässt sich nur grob auf die Jahre 1592 bis 1605 schätzen. Aus Dankbarkeit gegenüber ihrem Vater, der in der schwierigen Zeit des Klosterneubaus Amtmann daselbst gewesen war, wurde sie ohne Mitgift aufgenommen. Ihre Schwester Margaretha war als Sr. Basilissa im Kloster Eschenbach, ihr Bruder Nikolaus (1600—1649) starb kinderlos als Letzter seines Stammes.

Sr. Eustachia war Dienerin und Sekretärin der Äbtissin Anna Hartmann, außerdem fünf Jahre Novizenmeisterin, 1620 Priorin. Wegen der Spaltung des Konvents in eine Ordens- und eine Jesuitenpartei im sog. Beichtigerstreit oder Beichtigerhandel bat sie jedoch 1626 um Entlassung aus diesem Amt. Mehrere Jahre war sie Weinkellerin und Kapellmeisterin. Am 19. Januar 1636 wurde sie unter dem Vorsitz von Abt Beat Göldlin von St. Urban zur Äbtissin (Domina) gewählt.

Ihr Regierung war überschattet vom Beichtigerstreit, in dem sie auf der Seite der Ordenspartei stand. Mit dem Decretum Farnensianum vom 6. Mai 1641 und dem Breve Innozenz X.’ vom 16. Januar 1649 wurde das Kloster aus dem Zisterzienserorden eximiert und der päpstlichen Nuntiatur unterstellt. Zwei gegen die Jesuiten (die die Beichtväter im Kloster stellten) gerichtete Denkschriften[1]der Äbtissin von 1651 bilden den Grundstock der Rathauser Chronik. 1653 konnte das Kloster die Reliquien des Katakombenheiligen Venantius erwerben, die ursprünglich für die Pfarrkirche in Büron bestimmt waren. Da aber der Pfarrer kurz vorher gestorben war, kamen sie nach Rathausen. Die feierliche Translation fand 1654 statt.

Domina Eustachia litt sehr unter der Spaltung des Konvents, aber auch unter den Machenschaften des Nuntius Francesco Boccapaduli, der das Visitationsrecht in Eschenbach und Rathausen beanspruchte und 1649 die dortige Beichterlaubnis den Jesuiten übertrug. Vor ihrem Tod klagte sie über ihre Verlassenheit und darüber, dass sie nicht einmal bei einem Beichtvater ihrer Wahl beichten dürfe. Sie starb am 18. Juni 1653 „an einem hitzigen Fieber und Stich“ und wurde am 20. Juni von dem den Zisterzienserinnen wohlgesonnenen neuen Nuntius Carlo Carafa della Spina und seinem Auditor Franziskus Gallus mit allen Ehren bestattet.

Sie hinterließ 37 Konventfrauen und elf Laienschwestern. Unter ihrer 17-jährigen Regierung haben nur acht Chorfrauen und drei Laienschwestern die Profess abgelegt, jedoch waren auch nicht mehr als neun Chorfrauen und fünf Laienschwestern gestorben. Zu ihrer Nachfolgerin wurde Franziska Keller gewählt.

gge, Juli 2018

  1. Was sich seit der Stiftung des Klosters Rathausen bis 1588 begeben und Wider die Eingriffe der Jesuiten, 1651, herausgegeben von Theodor von Liebenau in: Cistercienser Chronik 5 (1893), S. 258—269 und S. 289—293, S, 262.

Daten:

Domina: el. 19. Jan. 1636.

Literatur:

750 Jahre Zisterzienserinnenabtei Rathausen-Thyrnau 1245–1995, [Thyrnau]: Abtei Thyrnau, 1995 · Verzeichnis aller Schwestern der Zisterzienserinnenabtei Rathausen-Thyrnau 1245–1995. [Thyrnau]: Abtei Thyrnau, 1995 · Zisterzienserinnenkloster Rathausen, in: Helvetia Sacra III/3 · Haid, Kassian: Die Reihe der Äbtissinnen von Rathausen 1245–1945: zum Siebenjahrhundert-Jubiläum des Klosters Rathausen 1245–1945, in: Der Geschichtsfreund: Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz, Bd. 99 (1946), S. 193–229.

Zitierempfehlung: Ratzenhofer, Eustachia, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 21.07.2018, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Ratzenhofer,_Eustachia

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