Reichl, Leopold

Leopold Reichl

Leopold Reichl

letzter Zisterzienserabt der gewöhnlichen Observanz in Engelszell; Erbauer der Stiftskirche

* 9. Mai 1713 Obernzell
† 7. Mai 1786 Linz

Leopold II. Reichl wurde 1713 als Sohn des Hafnermeisters Joachim Reichl in Hafnerzell (Obernzell) im damaligen Fürstbistum Passau geboren und erhielt in der Taufe den Namen seines Vaters, Joachim. Er besuchte das Jesuitenkolleg in Passau und trat 1733 in das nahegelegene Zisterzienserkloster Engelszell ein. 1734 legte er die feierliche Profess ab und wurde 1736 zum Priester geweiht. Während der nächsten sieben Jahre war er meist in Engelszell und St. Aegidi in der Seelsorge tätig, bis er 1743 Prior und 1745 Administrator des Stiftes wurde (bestätigt 10. Juli 1745 durch Kaiserin Maria Theresia).

Als sich die finanzielle Lage des Stiftes soweit gebessert hatte, dass wieder an eine Abtwahl zu denken war, wurde Leopold Reichl unter dem Vorsitz des Generalvikars, Abt Robert Leeb von Heiligenkreuz[1], am 22. Juni 1747 im ersten Wahlgang zum Abt gewählt (11 von 18 Stimmen) und noch am selben Tag installiert; die Infulierung erfolgte am 24. Juni 1747 in Wilhering.

Leopold Reichl war der längstregierende und bedeutendste Abt in der Geschichte des Klosters Engelzell. Unter seiner Führung erlebte das Stift einen neuen Aufschwung. Reichl vermehrte die Zahl seiner Konventualen um die Halfte, führte eine strengere Klausur ein und hielt auch sonst die Disziplin aufrecht. Durch geschicktes Wirtschaften, außerdem zugefallene Erbschaften und Jahrtagsstiftungen, konnte er die finanzielle Grundlage des Klosters konsolidieren und sein Vermögen mehren. Die zunehmende Personalstärke ermöglichte es, 1755 einen Kleriker zum Studium nach Wien und in den folgenden Jahren mehrere Missionare nach Oberösterreich (zur Bekämpfung des Kryptoprotestantismus) zu senden. Zweimal (1756 und 1761) wurde während Abt Leopolds Regierung das Stift Engelzell vom Generalvikar, Abt Rainer Kollmann von Zwettl, visitiert.

Vor allem aber trat Abt Reichl als Bauherr hervor. Unter seiner Ägide wurde 1754 bis 1764 die barocke Stiftskirche erbaut[2], die am 21. Oktober 1764 von Kardinal-Fürstbischof Firmian von Passau feierlich eingeweiht wurde. Sie prägt noch heute das äußere Erscheinungsbild des Klosters. In den Jahren 1756 bis 1757 ließ er zwei neue Trakte am Klostergebäude bauen und 1763 bis 1780 die Marktkirche (Pfarrkirche von Engelhartszell) barockisieren. Als 1774 die Kirche in Kirchberg, der Filiale der Stiftspfarre Schönering, abgebrannt war, ließ er auch dort eine neue erbauen.

Das hohe Ansehen des Abtes Reichl spiegelt sich auch in den vielfältigen Aufgaben, die er außerhalb des Klosters wahrnehmen musste. 1749, am 15. April, wohnte er der Wahl Eugen Schickmayrs zum Abt von Baumgartenberg bei und wurde nach der Suspendierung des Abtes Christian Humpoletz von der Verwaltung der zeitlichen Güter dort zum Administrator eingesetzt. Mehrfach verhandelte er als Abgesandter des Prälatenstandes schwierige Angelegenheiten (1774 Besetzung der Klosterpfarreien mit Weltpriestern) mit dem Bischof und der Regierung.

In den letzten Jahren der langen Amtszeit Leopold Reichls zeigten sich auch in Engelszell die Auswirkungen der klosterfeindlichen Religionspolitik Kaiser Josefs II. („Josephinismus“). 1781 wurde den österreichischen Klöstern die Verbindung mit dem Generalabt in Cîteaux untersagt, 1784 die Konventstärke Engelszells auf 16 Mitglieder begrenzt, wenn auch das Stift wegen seiner Seelsorgetätigkeit vorläufig von der Aufhebung verschont blieb.

Am 7. Mai 1786 starb Abt Leopold in Linz an einer Lungenentzündung. Er wurde, da Gruftbeisetzungen mittlerweile verboten waren, an der Südseite der Markt- und Pfarrkirche »Maria Himmelfahrt« in Engelhartszell begraben, vermutlich im Bereich der 1925 angebauten Sakristei. Nach seinem Tod wurde die Abtei Engelszell von Kaiser Josef II. aufgehoben, dem Stift Wilhering inkorporiert und schließlich ganz säkularisiert. Der Restkonvent konnte noch bis 1788 im Kloster bleiben.

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  1. Der eigentlich zuständige Vaterabt von Wilhering, Joh. Baptist Hinterhölzl, hatte sich geweigert, zur Wahl zu kommen, teils aus Groll auf den resignierten Engelszeller Abt Leopold I. Heiland, teils aus Gesundheitsgründen.
  2. Die alte war beim Klosterbrand von 1699 abgebrannt.

Daten:

Vest.: 15. Nov. 1733; Prof.: 15. Nov. 1734; Sac.: 30. Sept 1736; Abbas: el. 22. Juni 1747, ben. 24. Juni 1747.

Literatur:

Schmid, Otto: Uebersichtliche Geschichte des aufgehobenen Cistercienserstiftes Engelszell in Oberösterreich. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens, Bd. 6 (1885), H. 2, S. 47–63, bes. 53–60.

Zitierempfehlung: Reichl, Leopold, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 19.10.2012, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Reichl,_Leopold

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