Reitwinkler, Theobald

Theobald Reitwinkler

Theobald Reitwinkler

Abt des Zisterzienserklosters Aldersbach 1745–1779

* 5. Nov. 1705 Passau-Hacklberg
† 7. Feb. 1779 Aldersbach

Theobald Reitwinkler, Taufname Martin Leopold, wurde 1705 als jüngstes Kind des Braumeisters Johann Georg Reitwinkler († 1734) und seiner Frau Maria († 1707) in Hacklberg geboren. Bereits zwei Jahre nach seiner Geburt verlor er am 8. Oktober 1707 seine Mutter; sein Vater ertrank am 27. Juni 1734 im Alter von 72 Jahren bei einem Schiffsunglück an der Vilshofener Donaubrücke

Reitwinkler besuchte das Jesuitenkolleg in Passau und studierte bis 1725 Philosophie am Lyzeum der Benediktiner in Freising. 1726 legte er im Zisterzienserkloster Aldersbach die Profess ab und studierte von 1727 an Theologie und Rechtswissenschaft an der Universität Ingolstadt (Immatrikulation am 30. Oktober 1727). 1731 zum Priester geweiht, war er ein ganzes Jahr lang den Dienst des Sakristans, dann Professor für Theologie an der von Abt Malachias Niederhofer gegründeten Hauslehranstalt in Aldersbach, bis ihn eine nicht näher bezeichnete schwere Krankheit zwang, die Lehrtätigkeit aufzugeben. Von Abt Paulus Genzger (reg. 1734–1745) zur Genesung in die Klosterpfarrei Kößlarn geschickt, widmete er sich dort der Wallfahrtsseelsorge.

Von Juli 1738 bis 1745 Beichtvater und Ökonom im Frauenkloster Seligenthal, seit 1581 von Aldersbach aus betreut wurde. Dort verbrachte er die Zeit des Österreichischen Erbfolgekrieges. Seinem diplomatischen Geschick verdankten es die Zisterzienserinnen, dass sie und ihr Kloster vor größeren Schäden bewahrt blieben. Die Seligenthaler Hauschronik berichtet, dass P. Theobald sich darum gekümmert habe, den 60 Zisterzienserinnen 1742 im Oppenriederschen Haus in der unteren Altstadt Unterschlupf zu verschaffen.

Nach dem Rücktritt des Abtes Paulus Genzger 1745 bereits im ersten Wahlgang zum Abt von Aldersbach gewählt, kehrte Reitwinkler dorthin zurück. Am 8. November 1745 stellte Generalabt, Andoche Pernot in Cîteaux die Wahlbestätigung aus und bestellte Reitwinkler zugleich zum Generalvikar für die bayerischen Zisterzen. Die feierliche Benediktion erhielt der neugewählte Abt am Dreifaltigkeitssonntag, 5. Juni 1746, durch den Vaterabt (Pater immediat) von Aldersbach und Generalvikar, Abt Hieronymus Held (1741–1773) von Ebrach – im Rahmen der mit großem Aufwand begangenen mehrtägigen Feiern zum 600-jährigen Bestehen des Klosters. Assistenten waren die Äbte Stephan Mayr von Fürstenzell und Aemilian Holzer OSB von Asbach. Der Aldersbacher Chronist P. Michael von Mannstorff beschreibt den in barockem Pomp begangenen Akt in seiner Festschrift Epitome Chronicorum Alderspacensium.

Abt Reitwinkler sanierte das vom Österreichischen Erbfolgekrieg kläglich zugerichtete Kloster („belli calamitatibus misere deformata“) wirtschaftlich und entfaltete eine enorme Bautätigkeit und Wissenschaftspflege, weshalb ihn die Totenrotel als zweiten Gründer des Klosters preist. Ihm sind u. a. die Neugestaltung des Kirchturms und der Fassade (1755), der Neubau des Südflügels mit Refektorium und Bibliothek (vor 1760) und der Neubau der Portenkapelle mit Seminargebäude (vor 1767) zu verdanken. Ausdrücklich erwähnt wird in der Rotel auch der Bau des Eiskellers im Kloster („cellam crustis glacialibus“) und die Erweiterung und Ausstattung der Ställe. Auch die Pfarrhöfe von Neuhofen, Schönau und Nöham ließ er neu erbauen, in Sammarei die Wallfahrtskirche künstlerisch weiter ausstatten und ausgestalten.

Die jungen Religiosen schickte Abt Reitwinkler zum Studium nach Ingolstadt und Salzburg, den Bücherbestandder von ihm neu erbauten Bibliothek erweiterte er auf 30.000 Bände aus allen Wissenszweigen. An den mehrmals im Jahr in Aldersbach abgehaltenen schriftlichen Prüfungen und öffentlichen Disputationen beteiligte er als Examinator. Noch als Siebzigjähriger führte er eine neue Studienordnung an der Hausanstalt ein, an der neben den philosophischen und theologischen Fächern nun auch Kirchenrecht, Geschichte, Exegese und die alten Sprachen gelehrt wurde.

Neben all dieser äußeren Tätigkeit achtete Abt Theobald auch darauf, dass das Chorgebet pünktlich und gewissenhaft abgehalten wurde und alle im Kloster anwesenden Mönche daran teilnahmen. Die Rotel berichtet, dass er selbst bis in seine alten Tage jedes Jahr zu Fuß zur Muttergottes nach Sammarei gepilgert sei. Von seiner Sorge um den Klosternachwuchs wird hervorgehoben, dass er mehr als sechzig Einkleidungen vorgenommen habe. In seiner 33jährigen Tätigkeit als Generalvikar und Visitator der bayerischen Zisterzienserprovinz nahm er an 18 Abt- bzw. Abtissinnenwahlen meist als Wahlvorstand teil und führte zahlreiche Visitationen der Klöster durch.

Nachdem er am 21. November 1776 sein goldenes Professjubiläum gefeiert hatte, kränkelte er bald. Ende Januar 1779 befiel ihn ein Katarrh, von dem er sich nicht mehr erholte. Am 3. Februar feierte er zum letzten Mal die hl. Messe und war dann meist bettlägerig. Er starb am 7. Februar 1779. Auf dem Totenbett hatte er darum gebeten, dass sein Leichnam einige Stunden in der Hauskapelle und dann drei Tage im Kapitelsaal aufgebahrt werden möge. Begraben werden wollte er in der Abteikirche zu Füßen seines Vorgängers Abt Theobald Grad, da er sich für unwürdig erachtete, an dessen Seite bestattet zu werden. Zu seinem Nachfolger wurde Otto Doringer gewählt.

gge, Okt. 2011, rev. April 2019


Daten:

Prof.: 21. Nov. 1726; Sac.: 22. Sep. 1731; Prim.: 21. Okt. 1731; Abbas: el. 25. Okt. 1745, ben. 5. Juni 1746.

Literatur:

Kalhammer, Hubert: Abt Theobald II. Reitwinkler von Aldersbach (1745–1779) : Sein Lebensbild nach der Totenrotel. In: Ostbairische Grenzmarken 21, Passau: Inst. für ostbairische Heimatforschung, 1979, S. 128–133. · Bosls Bayerische Biographie. Band 1. Regensburg 1983, S. 626 · Lindner, Pirmin: Monasticon metropolis Salzburgensis antiquae, 1908 · Lackner, Johann Baptist: Trauerrede Auf Den Schmerzlichen Hintritt Des Herrn Theobald II., Abtes Zu Aldersbach. Passau, 1779.

Normdaten:

GND: 119175215 · BEACON-Findbuch · CERL: cnp00549208

Zitierempfehlung: Reitwinkler, Theobald, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 22.12.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Reitwinkler,_Theobald

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