Gerhard Scherer OCist
Zisterzienser von Bronnbach/Seligenporten; NS-Opfer
* 15. März 1892 Neumarkt-Voggenthal, Oberpfalz
† 26. Aug. 1944 Brieg, Niederschlesien [Brzeg, Polen]
Gerhard Scherer, Taufname Michael, geboren am 15. März 1892 in Voggenthal bei Neumarkt in der Oberpfalz als Sohn des Landwirtsehepaares Johann Scherer und Theresia geb. Nißlbeck, war das älteste von neun Geschwistern. Er besuchte die Volksschule in Pelchenhofen bei Neumarkt und vom Schuljahr 1906 an das Gymnasium und das Knabenseminar Eichstätt, das er mit dem Abitur abschloss. Den Ersten Weltkrieg machte er als Kriegsfreiwilliger in einem bayerischen Infanterieregiment mit, wurde 1915 Unteroffizier und 1918 Offiziersanwärter. Im Juni 1918 verschüttet, lag er einige Monate krank in einem Lazarett in Küstrin an der Oder.
Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung 1919/20 arbeitete er auf dem Hof seiner Eltern mit, den er 1927 übernehmen sollte. Da er jedoch die daran geknüpfte Ehe nicht eingehen wollte, verzichtete er auf sein Erbe und arbeitete auf fremden Gütern. Auf Empfehlung seines Beichtvaters bewarb er sich als Mitarbeiter in der Landwirtschaft der Zisterzienserabtei Bronnbach im Taubertal, ließ sich aber von Abt Bernhard Widmann überzeugen, als Chornovize in das Kloster einzutreten. 1930 wurde er mit dem Ordensnamen Gerhard eingekleidet und legte am 28. März 1931 die zeitliche Profess (für drei Jahre) ab. Zwei Monate später übersiedelte der Konvent von Bronnbach in das Kloster Seligenporten in der Oberpfalz, wo Scherer Anfang Mai 1934 die feierlichen Gelübde ablegte. Nach dem Theologiestudium an der Hauslehranstalt wurde er am 29. Juni 1934 von Bischof Konrad von Preysing in Eichstätt zum Priester geweiht. In den folgenden Jahren v.a. in der externen Seelsorge eingesetzt, wirkte er von Februar bis April 1936 als Pfarrvertretung in Kamenz, Kreis Frankenstein, an der Glatzer Neiße, und vom 30. Juli 1936 bis 1. April 1938 als Hausgeistlicher im Zisterzienserinnenkloster St. Marienstern bei Bautzen in der Oberlausitz.
Nachdem der damalige Abt von Seligenporten, Stephan Geyer, im November 1937 zum Administrator der Abtei Stams in Tirol ernannt worden war, beabsichtigte er, die Gemeinschaften von Seligenporten und Stams in Stams zu vereinigen. Dazu ordnete er im Januar 1938 einige Seligenportener Zisterzienser nach Stams ab. P. Gerhard reiste im folgenden April dorthin. Bald nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 13. März 1938 setzte in Österreich der nationalsozialistische „Klostersturm“ ein. Die Abtei Stams wurde am 19. August 1938 einem NS-Kommissar unterstellt, am 22. Juli 1939 ganz aufgelöst. P. Gerhard wurde im Juli 1939 zweimal unter dem Vorwand des „Wegschaffens von Wertgegenständen des Klosters Stams“ in Innsbruck inhaftiert. Anfang Dezember 1939 wieder nach Seligenporten entlassen, übernahm er 1940 die Stelle des Hausgeistlichen im Magdalenerinnenkloster in Sächsisch Haugsdorf [Nawojów Łużycki], gleichzeitig betreute er die Pfarrgemeinde und ab dem Frühjahr 1942 auch ein von Lauban, dem Heimatort der Magdalenerinnen, dorthin verlegtes Altersheim.
Am Karfreitag 1943 wegen missliebiger Äußerungen und „Abhören von Feindsendern“ von der Gestapo festgenommen, kam Scherer nach Görlitz in Untersuchungshaft und wurde am 9. August 1943 von einem Sondergericht in Görlitz zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für zwei Jahre verurteilt. Die Zuchthausstrafe war im niederschlesischen Brieg abzusitzen, wo Scherer am 26. August 1944 starb. Die genauen Umstände seines Todes sind nicht bekannt. Nach Aufzeichnungen des Seligenportener Abtes Alberich Gerards (reg. 1955–1967) wurde er zu Tode gefoltert. Möglich ist auch, dass er an den Folgen der schlechten Behandlung und der Entbehrungen starb.
gge, März 2017
Daten:
Vest.: 8. März 1930; Prof.: 28. März 1931, Mai 1934; Sac.: 29. Juni 1934.Literatur:
Appel, Brun: Vom Landwirt zum Ordenspriester. Vor 60 Jahren starb der Zisterzienserpater Gerhard Scherer in einem NS-Zuchthaus, in: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt 67 (15./22. Aug. 2004) Nr. 33/34, S. 14f. · Scherg, Leonhard: P. Gerhard (Michael) Scherer (1892–1944), Mönch in Bronnbach und Seligenporten : Zeuge für Christus in schwerer Zeit. Wertheimer Jahrbuch 2010/2011, S. 311–312 · Moll, Helmut (Hg.): Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Band 2. 6. Auflage, Paderborn: Schöningh, 2014, S. 1064ff.Web:
Klee, Christian: Pater Gerhard (Michael) Scherer OCist. Memoriale, Eichstätter Diözesangeschichtsverein e.V. ohne Datum (eingesehen am 12. März 2017.Vorlage:Page.name: SCHERER, Gerhard OCist (1892–1944) – Biographia Cisterciensis