Schneedorfer, Leo

Leo Schneedorfer

Leo Schneedorfer OCist

Zisterzienser der Abtei Hohenfurt; Bibelwissenschaftler, Universitätsprofessor

* 20. April 1839 Ober-Groschum, Böhmen (Horní Chrášt’any, Tschechien)
† 23. Sep. 1914 Hohenfurth, Böhmen (Vyšši Brod, Tschechien)

Leo Schneedorfer, Taufname Adalbert, wurde 1839 in Ober-Groschum in Böhmen (in der Stritschitzer Sprachinsel) als Sohn des Bauern Matthias Schneedorfer und seiner Frau Katharina geb. Reitinger (aus Kollowitz/Chvalovice) geboren. Die Großmutter mütterlicherseits stammte aus dem dem Kloster Hohenfurt gehörenden Dorf Dobschitz (Dobčice).

1861 in das Zisterzienserstift Hohenfurt eingetreten, studierte er von 1862 bis 1866 an der Universität Innsbruck Theologie. Am 23. Juli 1865 empfing er die Priesterweihe und legte am 27. August 1865 die feierliche Profess ab. Danach war er als Kaplan in Deutsch-Reichenau (Rychnov u Nových Hradu) bei Gratzen (26. Nov. 1866) und Brünnl (Horní Stropnice) tätig (14. Mai 1867), am 30. September 1870 wurde er Spiritual der an der Philosophisch-Theologischen Diözesanlehranstalt studierenden Hohenfurter Stiftskleriker in Budweis, am 6. Oktober 1872 Pfarrprovisor in Brünnl und am 1. Januar 1873 Stiftsbibliothekar und Sakristan. Am 19. Juli 1873 an der Universität Prag zum Doktor der Theologie promoviert, unternahm er in der Folge Studienreisen durch die deutschen Staaten und hörte in Leipzig, Würzburg und Tübingen bibelwissenschaftliche Vorlesungen.

Am 1. Mai 1875 wurde er 1. Adjunkt (Assistent) an der Prager theologischen Fakultät und Supplent des Lehrstuhls für Moraltheologie, am 1. Oktober 1876 Professor für Altes Testament und orientalische Sprachen an der Diözesanlehranstalt in Budweis. 1876 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Klagelieder des Jeremias an der Theologischen Fakultät. Am 5. März 1883 erfolgte seine Berufung – als Nachfolger des zum Bischof von Brünn ernannten Salesius Bauer – auf den Lehrstuhl für Neues Testament und die höhere Exegese an der Prager Universität; 1886/87, 1890/91, 1895/1896 war er Dekan der theologischen Fakultät. Nach seiner Emeritierung 1910 lehrte Schneedorfer als Honorarprofessor bis 1914 biblische Hermeneutik und hielt ein Kolleg über biblische Philologie.

In seiner wissenschaftlichen Lehre vertrat Schneedorfer eine traditionelle Linie; von theologischen Zeitströmungen wie der liberalen Bibelkritik ließ er sich nicht leicht beeinflussen. Von seinen Schriften war sein Kompendium der neutestamentlichen Einleitungswissenschaften am weitesten verbreitet und an zahlreichen theologischen Lehranstalten in Gebrauch. Neben seiner Lehrtätigkeit hielt Schneedorfer mit Vorliebe auch Festpredigten.

Er war ferner ordentliches Mitglied der deutschen orientalischen Gesellschaft in Halle und Leipzig 4. Jänner 1875; Prosynodalexaminator für die Erzdiözese Prag, 1. Jänner 1887; Mitglied des Verwaltungsausschusses des königlich böhmischen Museums in Prag, 30. Jänner 1887; Mitglied des böhmischen Landesschulrates, 14. März 1887; Budweiser bischöflicher Notar, 30. Dezember 1888; Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse und Prager fürsterzbischöflicher Ehrenkonsistorialrat 1899; k. k. Hofrat 10. September 1904; Budweiser bischöflicher Ehrenkonsistorialrat, 6. August 1905; Komtur des österreichischen Franz-Joseph-Ordens 1. Juli 1910.

In Prag wohnte er im Dominikanerkloster. Er starb nach kurzer Krankheit im Stift Hohenfurt, wo er auch begraben wurde.

gge, April 2024


Daten:

Prof.: 23. Juli 1865; Sac.: 27. Aug. 1865.

Werke:

Die Klagelieder des Propheten Jeremia, 1876 · Das Weissagungsbuch des Profeten Jeremia. Prag: Calr Bellmann, 1881 · Synopsis hermeneuticae biblicae, 1885, 3. Auflage 1912 · Compendium historiae librorum sacrorum Novi Testamenti …, 1888, 3. Auflage 1903 · Das Buch Jeremias, des Propheten Klagelieder und das Buch Baruch (= Kurzgefasster wissenschaftlicher Commentar zu den hl. Schriften des Alten Testamentes 3/2), 1903 · Das hl. Evangelium Jesu Christi nach Matthäus durch Umschreibung erklärt …, (1909) · Predigten, Reden und Rezensionen in der Theologisch-praktischen Quartal-Schrift, Zeitschrift für katholische Theologie (Innsbruck); usw.

Literatur:

ÖBL 1815–1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 363 (Autor: A. K. Huber) · Wiener Zeitung, 27. Sep. 1914, S. 8 · Ordinariatsblatt der Budweiser Diöcese, 1914, Heft 30, S. 120 · Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 35 (1914), S. 734f. · Pavel, Raphael: Hohenfurt, in: Beiträge zur Geschichte der Cistercienser-Stifte… (= Xenia Bernardina 3). Wien: A. Hölder, 1891, S. 367f. · Kaindl, Dominik: Geschichte des Zisterzienserstiftes Hohenfurt in Böhmen, 1930, S. 125f., 134

Normdaten:


Zitierempfehlung: Schneedorfer, Leo, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 9.04.2024, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Schneedorfer,_Leo

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