Struyven, Jean-Marie

Jean-Marie Struyven

vier Tage vor seinem Tod

Jean-Marie Struyven OCSO

belgischer Chinamissionar; Oberer der Überreste des Klosters Consolation in Peking 1947–1951

* 12. Nov. 1897 Schaerbeek, Brüssel, Belgien
† 19. März 1959 Chimay-Forges, Belgien

Der 1897 in Schaerbeek bei Brüssel geborene Bernardus Struyven besuchte das Institut St Marie in Bruxelles und nach dem frühen Tod des Vaters das kleine Seminar in Floreffe bei Namur, wo er 1914 die Humanitätsklassen abschloss. Als die vorrückende deutsche Armee im Oktober 1914 Antwerpen einnahm, floh er mit seiner Familie nach London. In die Artillerie der belgischen Armee eingetreten, nahm er 1918 an den Befreiungskämpfen in Belgien teil und wurde dafür ausgezeichnet. Nach seiner Entlassung aus der Armee absolvierte er in Löwen ein Agraringenieursstudium mit dem Ziel, Bierbrauer zu werden, und wurde zwei Jahre nach dem Studienabschluss (1921) Produktionsleiter der Brauerei Marly in Neder-Over-Heembeek bei Brüssel. Nachdem er bei einem Romaufenthalt 1925 einen Mönch der französischen Zisterzienserabtei strengerer Observanz Sept-Fons kennengelernt und ein Buch des Abtes Jean-Baptiste Chautard gelesen hatte, trat er 1926, nachdem er eine große Abschiedsparty für Familie und Freunde gegeben hatte, als frère Jean-Marie in die Abtei Sept-Fons ein.

1932 zum Priester geweiht und von Abt Chautard für China bestimmt, reiste Struyven im Oktober 1934 über Marseille zum Kloster Notre-Dame de la Liesse bei Chengtingfu (heute Zhengding, 正定镇) in der nordchinesischen Provinz Hebei, einer Tochtergründung der Abtei Notre-Dame de la Consolation in Yangjiaping bei Peking, die selbst eine Tochter von Sept-Fons war. Der Konvent bestand damals aus 30 Mönchen, davon neun Europäer. Mit dem erfahrenen Blick des Landwirtschaftsingenieurs analysierte P. Struyven dort die durch die primitiven Ackerbaumethoden verursachten schlechten Lebensbedingungen der Landbevölkerung, die seiner Meinung nach den seit Jahrhunderten in der Landwirtschaft erfahrenen Zisterziensern nicht gleichgültig sein konnten. Er versuchte, die Universität Löwen für das Projekt zu interessieren, und unternahm systematische Versuche mit verschiedenen europäischen Saaten (v.a. Weizen), geriet dadurch aber in Gegensatz zu seinem Abt Louis Brun, der nach einer Visitation den Briefwechsel mit Löwen untersagte[1]. Im April 1937 wurde er als Novizenmeister in das Mutterkloster Consolation an der chinesischen Mauer beordert, dem damals rund 110 Mönche angehörten.

Nachdem die Abtei Consolation im Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg (Kriegsbeginn Juli 1937) zwischen die Fronten geraten und mehrfach besetzt und geplündert worden war, zog P. Struyven sich 1940 mit vierzig Mönchen in das Kloster Liesse zurück. Am 21. März 1943 von den Japanern verhaftet und im Lager Weihsien in der Provinz Shantung interniert (bis 16. Aug. 1943), arbeitete er dort in der Werkstatt als Schmied, Schweißer und Mechaniker; nach vier Monaten in das ehemalige Studienhaus der Kapuziner in Peking verlegt, waren die Bedingungen dort weniger streng und er konnte sogar eine katholische Landwirtschaftsvereinigung gründen.

Nach der Kapitulation der Japaner 1945 kehrte Struyven in das Kloster Liesse zurück, wo er seine Anbauversuche mit Weizen wieder aufnahm. 1947 fand in Consolation der Volksprozess gegen die Trappisten statt, dem der sog. Todesmarsch folgte, bei dem 33 Religiosen ums Leben kamen (unter ihnen Aelred Drost von der Abtei Tilburg). Der Klosterkomplex wurde komplett zerstört. Angesichts der auch dem Kloster Liesse drohenden Gefahr schlug P. Struyven vor, den Konvent von Liesse in die friedlichere Provinz Sichuan im Süden des Landes zu verlegen, was auch geschah. Dort blieb Struyven aber nicht lange. Vom päpstlichen Internuntius Antonio Riberi telegrafisch zurückgerufen, flog er Ende November 1947 nach Peking zurück, wo sich mehrere Überlebende des Massakers von Consolation auf einer Milchfarm (100 Kühe) zusammengefunden hatten und übernahm als kommissarischer Oberer und Verwalter deren Leitung.

Auch nach der Einnahme Pekings durch die Kommunisten Anfang Februar 1949 harrte Struyven dort aus, legte aber im Februar 1951 sein Amt als Hausoberer und Verwalter der Milchfarm nieder und zog sich in die Jesuitenresidenz zurück, um die Gemeinschaft nicht zu gefährden. Nachdem sich das Netz um die europäischen Missionare immer enger zugezogen hatte, wurde P. Struyven 1951 zweimal verhaftet und verhört, die Anklage aber schließlich fallengelassen. Nach seiner Freilassung übernahm er die Stelle eines Seelsorgers an einem kleinen Krankenhaus. Als Ausländer schließlich Mitte Februar 1953 ausgewiesen, verließ er China über Tientsin und Hongkong Richtung Rom. Die in Peking zurückgebliebenen rund vierzig Trappisten wurden 1954 endgültig versprengt.

Seine Verehrung für Abt Anselme Le Bail führte P. Struyvens schließlich in die Abtei Scourmont in der belgischen Provinz Namur, wo er die Leitung der Brauerei übernahm und sich auch hier für die Verbesserung der Landwirtschaft und ihre Vorbildfunktion für die Umgebung einsetzte, u.a. durch den Einsatz von Kunstdünger. 1954 gründete er mit Pater Jean Monsterleet die Vereinigung der ehemaligen Chinamissionare (Vereniging van oud-missionarissen in China) und knüpfte Kontakte zu den chinesischen Studenten an der Universität Löwen, die das Kloster Scourmont regelmäßig besuchten.

Schon länger herzkrank starb P. Jean-Marie Struyven am 19. März 1959 (hl. Josef, Schutzpatron der Abtei Scourmont) und wurde am 21. März (hl. Benedikt von Nursia) in Scourmont beigesetzt.

gge

  1. Weder die Abtei Consolation noch das Priorat Liesse unterhielten nach Trappistenart äußere Apostolate in der Umgebung.

Daten:

est.: 1926; Sac.: 1932.

Werke:

Œuvre de Messes et Croisade de Prières, A propos d'un jubilé. Collectanea Ordinis Cisterciensium Reformatorum 6 (1939), S. 254–261 · Programme d'œuvres sociales agricoles pour le Nord de la Chine, in: Collectanea Commissionis Synodalis 17 (Peking 1944), S. 83ff. · The Cistercian Trappist and the Rural Problem in China. China Missionary 2 (Shanghai 1949), S. 36–42.

Literatur:

Hermans, Vincent: In het Vuur van de Strijd: De Belgische Trappist Jean-Marie Struyven in China 1934–1953. Verbiest Koerier 24 (Leuven, Maart 2011), S. 21–23 · Ders.: Dans le feu de la lutte: Le trappiste belge Jean-Marie Struyven en Chine (1934–1953). Courrier Verbiest 24 (Leuven, décembre 2010), S. 17–19 · Hoyois, Giovanni: Un moine d'aujourd'hui, le Père Jean-Marie Bernard Struyven Cistercien, 1897–1959, Brest 1961.

Zitierempfehlung: Struyven, Jean-Marie, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 5.02.2016, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Struyven,_Jean-Marie

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