Tímár, Ágnes

Ágnes Tímár
Foto: Abtei Kismaros

Ágnes Tímár OCist

Gründerin und 1. Äbtissin der Zisterzienserinnenabtei Kismaros

* 20. Jan. 1928 Újpest, Budapest
† 31. Aug. 2020 Verőce, Komitat Pest

Ágnes Tímár wurde am 20. Januar 1928 in Budapest geboren. Ihr Vater György Tímár war Mitglied einer kommunistischen Gruppe um Pál Demény. Ágnes war drei Jahre alt, als ihre Mutter die Familie verließ. Sie besuchte die staatliche Volksschule in Pestújhely („Állami Elemi Népiskola“) und ab 1938 das Mädchengymnasium („Erzsébet Nőiskola Leánygimnáziuma“). Während des Zweiten Weltkriegs verlor sie auch ihren Vater und ihre Großmutter. 1946 machte sie am Gymnasium bei den Englischen Fräulein ihr Abitur und begann an der Universität József Nádor mit dem Studium der Architektur. Parallel dazu wirkte sie aktiv an der Arbeit der Actio Catholica mit.

1945 hatte sie in Szacsk in einem Ferienlager des Studentenwerks der Katholischen Hochschule den Piaristenpater Ödön Lénárd (1911–2003) kennengelernt, den damaligen Kultursekretär der Actio Catholica. Als dieser 1948 verhaftet wurde, verließ sie zusammen mit anderen jungen Leuten die Hauptstadt und fand im Zisterzienserinnenkloster Bakonyboldogasszony bei Zirc Zuflucht und bat im Herbst 1948 um Aufnahme in die Zisterzienserinnengemeinschaft Regina Mundi.

Noch vor der Zerstreuung der Orden durch die Kommunisten legte sie am 9. Januar 1950 im Kloster Somogyboldogasszony, das 1949 von der Gemeinschaft Regina Mundi gegründet worden war, ihre einfache Profess ab. Als die Schwestern ihre Klöster verlassen mussten, diente sie eine zeitlang in der Pfarrei Borzavár und ging dann wieder nach Budapest, wo sie 1951 eine Arbeitsstelle bei der IPARTERV-Ausstellung erhielt. Die Fortsetzung des Architekturstudiums blieb ihr als Ordensschwester verwehrt. Am 9. Januar 1953 legte sie in Érdliget, wo die Gemeinschaft von Regina Mundi im Verborgenen lebte, die feierliche Profess ab. Einige Monate später brach die Beziehung zu den Zisterzienserinnen ab. Tímár zog nach Budapest, setzte ihre Arbeit als Bauinspektor in der Maschinenfabrik „Diósdi Csapágygyár“ fort und war gemeinsam mit dem inzwischen aus dem Gefängnis entlassenen Lénárd Ödön in der Jugendarbeit tätig.

Am 8. September 1955 begann für sie ein neuer Lebensabschnitt, als sie in Budapest, in einer Mietwohnung in der Semmelweis-Straße, gemeinsam mit vier gleichgesinnten jungen Frauen das „Unsichtbare Kloster“ Boldogasszony Haza (Haus der heiligen Jungfrau) gründete, aus der die heutige Abtei Kismaros hervorging. Am 6. Februar 1961 wurde sie deswegen mit drei ihrer Gefährtinnen verhaftet und nach einer siebenmonatigen Untersuchungshaft zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, aus dem sie am 21. März 1963, dem Geburtstag ihrer 1962 im Alter von 25 Jahren verstorbenen Vertreterin Mónika Tímár (Schmidt), im Rahmen der allgemeinen Amnestie in Kalocsa entlassen wurde. Am 19. April 1966 erneut verhaftet, wurde sie als 'Rückfällige' zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, zu denen auch die durch die Amnestie erlassene Strafe hinzugerechnet wurde. Da ihr einige Monate erlassen worden waren, kam sie am 29. November 1968 wieder aus dem Gefängnis frei.

Mit Sondergenehmigung des Bischofs József Udvardy von Szeged-Csanád studierte sie in Szeged Theologie und reichte ihre Dissertation am patristischen Lehrstuhl des Institut Catholique ein. Die Arbeit wurde zwar schon Ende der 80-er Jahre angenommen, jedoch konnte sie erst 1989 nach Frankreich reisen, um sie zu verteidigen.

Kismaros

Anfang der 1970-er Jahre hatte die Gemeinschaft in Kismaros, 60 Kilometer nördlich von Budapest, ein Grundstück gekauft. Hier, am Rande des Börzsöny-Gebirges, wurde das „Urkloster“ aus Holz aufgebaut; 1984 kam ein Gebäude aus Ziegelstein dazu, das sogenannte „Zwillingshaus“ am nördlichen Donauufer.

Durch Freundschaften und intensive Beziehungen mit Jacques Maritain, Jacques Loew, Hans Urs von Balthasar, Henri de Lubac, Paul Beauchamp und verschiedenen ausländischen Ordensgemeinschaften band Ágnes Tímár die Gemeinschaft von Kismaros in die Weltkirche ein. Am 14. August 1987 wurde das Kloster als Priorat „sui iuris” in den Zisterzienserorden inkorporiert, 1993 zur Abtei erhoben und 1996 Mitglied der Kongregation von Zirc. Agnes Timár wurde am 10. April 1993 zur Äbtissin gewählt. 1991, nach der politischen Wende 1989, wurde mit dem Bau eines neuen Klosters begonnen, dessen Kirche am 17. April 1999 geweiht wurde.

Im Januar 2003, nach Vollendung ihres 75. Lebensjahres, legte Ágnes Tímár ihren Dienst als Äbtissin nieder (Nachfolgerin: Olga Horváth). Seit Mai 2006 lebte sie aus eigener Entscheidung außerhalb des Klosters in Vác. Dort beschäftigte sie sich mit dem Bearbeiten der geschichtlichen Forschungen von Lénárd Ödön, mit der Unterstützung des Christlichen Archivs der Gegenwart (Jelenkori Keresztény Archívum), das sie selber mit Lénárd Ödön ins Leben gerufen hatte, um ein objektives Bild der Verfolgungszeit der Kirche von 1945 bis 1990 zu erarbeiten.

Als sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte und ihre physischen und psychischen Kräfte nachließen, kam sie im April 2018 in das Altenheim Migazzi Kristóf Idősek Otthona in Verőceins, wo sie am 31. August 2020 starb.

gge, Okt. 2020


Daten:

Prof.: 9. Jan. 1950, 9. Jan. 1953; Abbatissa: el. 10. April 1993, res. Jan. 2003.

Werke:

Berufung und Sendung. Erinnerungen der Gründungsäbtissin von Kismaros, Ágnes Tímár, bis zum Jahr 2003. G. Kucsák, Vác 2012.

Literatur:

Nachruf.

Zitierempfehlung: Tímár, Ágnes, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 21.02.2022, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/T%C3%ADm%C3%A1r,_%C3%81gnes

Vorlage:Page.name: TIMAR, Agnes OCist ( – Biographia Cisterciensis