Tanner, Martha

Martha Tanner

Martha Tanner

37. Äbtissin der Zisterzienserinnenabtei St. Marienthal 1693–1709

* 1634 Liebenthal, Schlesien
† 12. Nov. 1709 Ostritz, Sachsen

Martha Tanner, geboren 1634 in Liebenthal in Schlesien (heute Lubomierz, Polen), legte 1656 die Profess in der Zisterzienserinnenabtei St. Marienthal ab und wurde, nachdem sie schon 40 Jahre im Kloster gelebt hatte, 1693 zur Äbtissin gewählt. Ihre Vorgängerin M. Theresia Sommer war nach nur zweieinhalbjähriger Amtszeit gestorben.

Die Wahl fand am 7. März 1693[1] unter dem Vorsitz des Visitators Abt Andreas Troyer von Plass und der Assistenz von Abt Heinrich Snopek von Sedletz statt. Mit Datum Wien 9. Juli 1693 bestätigte und beurkundete Kaiser Leopold die Wahl. Als Wahlspruch wählte sie, angelehnt an Psalm 71: In te, Domine, speravi, non confundar in aeternum (Auf dich, oh Herr, vertraue ich, ich werde nicht zuschanden werden).[2] Der Tannenbaum in ihrem Wappen spielt auf ihren Familiennamen an.

Äbtissin Martha ließ in den Klosterdörfern am rechten Neißeufer einige Wirtschaftsgebäude errichten. Zur besseren Versorgung mit Trinkwasser wurden Wasserleitungen aus dem Tal bei Oberblumberg in die Dörfer gelegt, u.a. zum Grunauer Vorwerk. In das Klostergelände ließ sie durch Röhren Wasser aus dem Glasbach leiten und 1703 das steinerne Brunnenbecken bauen, ergänzt 1704 durch die prächtige Dreifaltigkeitssäule (mit ihrem Wappen). Im Klausurgarten ließ sie den kleinen Gartenpavillon errichten. Auf dem Schwesternchor der Abteikirche wurde ein Zelebrationsaltar aufgestellt und wertvolle Paramente angeschafft, die (zu besonderen Anlässen) noch heute in Gebrauch sind.

Als Segen für das Kloster erwies sich, dass der sächsische Kurfürst Friedrich August I. („der Starke“) 1697 zum Katholizismus konvertierte[3], so dass die Oberlausitz einen katholischen Herrscher erhielt, der die Rechte der Katholiken aus dem Traditionsrezess zum Prager Frieden von 1635 garantierte[4] und die Äbtissin sich nicht zuletzt bei Streitigkeiten zwischen ihren katholischen und protestantischen Untertanen auf ihn stützen konnte (ora et labora). Jedoch brauchte der Kurfürst angesichts der drohenden Kriegsgefahr durch den schwedischen König Karl XII. viel Geld und verlangte Darlehen auch von den Klöstern. Dem zweimal an die Stifte und Städte der Oberlausitz gestellten Verlangen des Kurfürsten um ein Darlehen konnte sie zwar nicht ausweichen, jedoch gelang es ihr, die geforderten Summen deutlich zu ermäßigen.

Als der Schwedenkönig mit seinem Heer in Sachsen einrückte, flüchtete Äbtissin Martha mit den meisten Chorfrauen und Novizinnen und dem Propst am 4. und 5. September 1707 nach Reichstadt in Böhmen. Nur die Priorin Cäcilia Seiffert und die Sakristanin Juliane Ackermann blieben mit drei Laienschwestern im Kloster zurück. Die wichtigsten Kirchengeräte und Pretiosen hatte Äbtissin Martha vorsichtshalber schon im Dezember 1705 in Sicherheit gebracht. Bei der Rückkehr des Konvents im Februar 1708 waren zwar die Klostergebäude unbeschädigt geblieben, aber der wirtschaftliche Schaden hoch.

Äbtissin Martha Tanner lebte 53 Jahre im Orden und starb nach einer 16 Jahre und acht Monate währenden Regierung am 12. November 1709 im Alter von 75 Jahren.

gge, Okt. 2024

  1. Nach Schönfelder am 8. März.
  2. Dasselbe Motto verwendete auch Benedikt XV. (Giacomo della Chiesa), Papst von 1914 bis 1922.
  3. Eine Voraussetzung für die Erlangung der polnischen Königswürde.
  4. Der Traditionsrezess von 1635 garantierte, dass insbesondere die (nominell weiterhin zur böhmischen Krone gehörende) Oberlausitz ein bikonfessionelles Gebiet blieb, während im Kurfürstentum Sachsen das Luthertum die einzig zugelassene Konfession war. Die Bestimmungen des Rezesses behielten Gültigkeit bis 1815 (für die Niederlausitz) bzw. 1831 (für den bei Sachsen verbliebenen Teil der Oberlausitz).

Daten:

Prof.: 1656; Abbatisa: el. 7. März 1693; Dev.: In te, Domine, speravi.

Literatur:

G.R. (d.i. Gisela Rieck?): In te, Domine, speravi: Äbtissin M. Martha Tanner, in: Ora et labora: Informationsblatt der Freunde der Abtei St. Marienthal 61, Sommer 2020, S. 12–13 · Schönfelder, Joseph Bernhard: Urkundliche Geschichte des Königlichen Jungfrauenstifts und Klosters St. Marienthal, Cistercienser-Ordens, in der Königlichen Sächsischen Oberlausitz. Zittau: Schöps, 1834, S. 178–181.

Zitierempfehlung: Tanner, Martha, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 25.10.2024, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Tanner,_Martha

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