Thibaud de Marly
Theobald von Marly, Theobald von Vaux-de-Cernay
9. Abt des Klosters Vaux-de-Cernay 1235–1247, Heiliger
* um 1200
† 7. Dez. 1247
Thibaud (oder Thibault) de Marly entstammte einem Seitenzweig des Adelsgeschlechts der Montmorency. Geboren als ältester Sohn Bouchards I. von Montmorency-Marly († 1226), ein Ritter des Albigenserkreuzzuges, und der Mathilde von Châteaufort, war er ein Enkel König Ludwigs VI. Er wuchs am Hof König Philipps II. August von Frankreich auf und wurde zum Ritter ausgebildet, trat aber 1226 in die Zisterzienserabtei Vaux-de-Cernay ein. Um 1230 wurde er dort Prior und nach dem Tod seines Vorgängers Richard (†13. Juni 1235) zum Abt gewählt.
Unter Abt Thibauds Leitung erlebte die Abtei Vaux ihr goldenes Zeitalter und mit über 200 Mitgliedern ihren Personalhöchststand. Obwohl hochadeliger Abstammung verstand sich Thibaud als Diener aller und verrichtete selbst die niedersten Arbeiten. Bei der wegen der großen Zahl an Mönchen notwendigen Erweiterung der Konventgebäude half er den Maurern, indem er Mörtel oder Steine trug. Es heißt, er habe persönlich die Schuhe und Habite der Mönche gereinigt und sich selbst mit grober Kleidung zufriedengegeben. Vor dem Generalkapitel wegen angeblicher Würdelosigkeit kritisiert, rechtfertigte er seine ärmliche Kleidung und seinen Mangel an Luxus mit dem Hinweis auf das Vorbild des hl. Bernhard von Clairvaux.
Ein gutes Verhältnis hatte Abt Thibaud zu dem ebenso frommen König Ludwig IX., dem Heiligen, und seiner Frau Marguerite de Provence. Nachdem das erste Kind des Königspaares 1343 jung verstorben war, ließ Thibaud für eine gesunde Nachkommenschaft des Königspaares beten. Im Auftrag des Generalkapitels verfasste er 1240 ein Officium für die Dornenkrone Christi, die der König zuvor erworben hatte. Dieses Officium wurde auf Wunsch des Königs in allen französischen Klöstern gesungen. Besondere Verehrung zeigte er für die Jungfrau und Gottesmutter Maria, deren Namen er in den Chorbüchern in roter Farbe hervorheben ließ.
Gleichzeitig kümmerte er sich, obwohl er nur ungern seine Abtei verließ, um das Tochterkloster Le Breuil-Benoît, von dem die Gründung der berühmten Abtei La Trappe ausgegangen war. 1236 wurde er mit der Visitation des Klosters La Joie bei Nemours beauftragt. 1237 wurde das in der Nähe von Vernon-sur-Seine gelegene Nonnenkloster Le Trésor Vaux-de-Cernay unterstellt. Trotz mehrerer Anfechtungsversuche durch Abt Boniface von Cîteaux behielt Abt Thibaud auch die geistliche Aufsicht über die Abtei Port-Royal, die ihm der Bischof von Paris, Guillaume d’Auvergne, übertragen hatte, und setzte dort 1245 einen seiner Priestermönche als Hausgeistlichen ein.
Er starb am 7. Dezember 1247 und wurde im Kapitelsaal von Port-Royal begraben. Bald schon strömten Pilger zu seinem Grab. Die Königinwitwe Marguerite de Provence und ihr Sohn, König Philip III., der Kühne, kamen mehrmals, um das Grab zu besuchen. Da die Pilger den Kapitelsaal nicht betreten durften, wurden die Gebeine am 22. Mai 1261 in die Krankenkapelle umgebettet. Nach seiner Kanonisation wurden seine Reliquien am 8. Juli 1270 in die Abteikirche gebracht und in einen Steinsarkophag auf vier Säulen gelegt. Während der Französischen Revolution wurde die Abtei aufgelöst und die Reliquien zerstreut, mit Ausnahme eines kleinen Teils, der heute in der Kirche von Cernay-la-Ville aufbewahrt wird. Papst Clemens XI. bestätigte Thibauds Verehrung am 29. September 1710. Sein Gedenktag ist der 8. Juli.
gge, Feb. 2019
Daten:
Abbas: el. 1235.Literatur:
Kohl, Wilhelm: Theobald v. Vaux-de-Cernay. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 11, Bautz, Herzberg 1996, ISBN 3-88309-064-6, Sp. 821–822 · Cartulaire de l’abbaye de Notre-Dame des Vaux de Cernay: 1301–1635. Paris: Plon, 1858 · Gallia Christiana VII, Sp. 889–890 · Fisquet, Honoré: La France pontificale. Paris: Étienne Repos, 1864, S. 519.Vorlage:Page.name: MARLY, Thibaud OCist († 1247) – Biographia Cisterciensis