Alexander Weitzel
53. und letzter Abt der Zisterzienserabtei Arnsburg 1799–1803
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† 15. Feb. 1819 Rockenberg
Alexander Weitzel, Taufname Johann Wilhelm, wurde am 8. September 1750 in Rockenberg als Sohn des Lehrers Georg Andreas Weitzel und seiner Frau Anna Juliana, geborene Schmitt, aus Oppershofen geboren. Zwei seiner sieben Geschwister wählten ebenfalls einen geistlichen Beruf: Sein ältester Bruder Johann Anton wurde Karmelit in Frankfurt, eine Schwester Margaretha Prämonstratenserin im Kloster Altenberg bei Wetzlar.
Alexander studierte an der Universität in Mainz Philosophie. Zwei Tage vor seinem 18. Geburtstag schloss er das Studium mit dem Magisterabschluss ab und trat kurz darauf in das Zisterzienserkloster Arnsburg ein, das von dem ebenfalls aus Rockenberg stammenden Abt Petrus Schmitt geleitet wurde. Am 12. Dezember1772 erhielt er in Mainz die Subdiakonats- und am 19. Dezember die Diakonatsweihe aus der Hand des Weihbischofs Ludwig Philipp Behlen. Am 18. Dezember 1773 wurde er in Mainz von Weihbischof Behlen zum Priester geweiht. Am 2. Oktober 1780 reiste er mit Abt Bernhard Birkenstock und einem weiteren Rockenberger, P. Hugo Langstrof, nach Rockenberg, um dort in der Klosterkirche von Marienschloss am goldenen Professjubiläum einer Laienschwester teilzunehmen. 1787 wird er in einer Konventliste als Subprior und Novizenmeister genannt.
Propst in Engelthal
1795 bestellte ihn sein Abt zum Propst des Arnsburg unterstellten Zisterzienserinnenklosters Engelthal in der Wetterau. Dort versah er vier Jahre das Amt des Spirituals und Beichtvaters der Nonnen. Gleichzeitig war er – gemeinsam mit der Äbtissin – verantwortlich für den Engelthaler Ökonomiebetrieb. Mit der Cellerarin und der Speichermeisterin führte er die Zinsbücher und fertigte das jährliche Rechnungsbuch an. Da die Klosterkirche auch als Pfarrkirche für die verstreuten Katholiken der umliegenden meist protestantischen Gemeinden diente, künden zahlreiche Eintragungen von Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen in den Kirchenbüchern von seiner dortigen Tätigkeit. Außerdem war er in seiner Funktion als Propst auch Präses der Schutzengelbruderschaft, die durch päpstliches Dekret vom 29. Juli 1756 kanonisch errichtet worden war. Mitglieder dieser Bruderschaft waren in erster Linie die Äbtissin und der Konvent, aber auch Dienstleute des Klosters, die sich zu besonderen Gebeten und Werken der Nächstenliebe verpflichteten und dadurch Anteil an den vom Hl. Stuhl verliehenen Ablässen hatten.
In dieser Zeit war die Wetterau Kriegsschauplatz zwischen den kaiserlichen Truppen und der französischen Revolutionsarmee. Im Juli errangen die Franzosen einen Sieg in der Schlacht bei Friedberg, befanden sich aber etwa einen Monat später wieder auf dem Rückzug. Da zurückweichende Soldaten in der Regel Angst und Schrecken verbreiten, flohen P. Alexander und die meisten Nonnen aus Kloster Engelthal. Der Propst begab sich für einige Tage nach Erbstadt auf den dortigen Hof des Prämonstratenserklosters Ilbenstadt.
Abt in Arnsburg
Als Anfang Juni 1799 Abt Bernhard Birkenstock aus Altersgründen zurücktrat, wurde Propst Weitzel am 19. Juni 1799 unter dem Vorsitz des Mainzer Weihbischofs Valentin Heimes und des Geistlichen Rates Karl Kolborn als erzbischöfliche Wahlkommissare, zum 53. Abt gewählt. Drei Monate später, am 22. September 1799, wurde er von Weihbischof Heimes in der Pfarrkirche St. Nikolaus des Arnsburger Hofgutes Wickstadt benediziert. Assistenten waren der Vaterabt Arnsburgs, Abt Leonhard Müller von Eberbach, und der Altabt von Arnsburg, Weitzels Vorgänger, Bernhard Birkenstock. Wenige Wochen nach der Wahl fertigte Anton Wilhelm Tischbein, Mitglied der berühmten Malerfamilie Tischbein ein Porträt von Abt Alexander an.
Ruhestand
Alexander Weitzels Tage als Abt waren jedoch schon bald gezählt: 1803 wurden im Hl. Römischen Reich die Klöster aufgehoben, so auch Arnsburg, die Ordensleute wurden vertrieben. Abt Weitzel zog mit fünf weiteren Mönchen, darunter drei weitere Rockenberger, seinem Kammerherrn, einem Dienstboten und einer Köchin nach Rockenberg, erst in einen Teil des ebenfalls säkularisierten Klosters Marienschloss. Von den Grafen von Solms, den neuen Herren von Arnsburg, mit einer Pension von 4.000 Gulden pro Jahr versehen, konnte er ein Haus bauen, das er 1806 mit den Seinen bezog (das heutige Rathaus).
Er brachte zahlreiche liturgische Gegenstände und Paramente mit nach Rockenberg, darunter drei komplette Ornate (je vier Gewänder), sein Brustkreuz und den Abtsstab, zwei Kelche, zwei Monstranzen und ein Set Wasser- und Weinkännchen; darüber hinaus eine ca. 2,50 Meter große Madonnenstatue aus Sandstein, die vor der St. Annakapelle platziert wurde.
Einige Nonnen von Marienschloss und deren letzte Äbtissin Edmunda Dietz († 1827), die ebenfalls aus Rockenberg stammte, blieben nach der Säkularisation ihrer Abtei vor Ort wohnen, die erste Zeit noch im Kloster selbst, später in einem Haus zwischen Pfarrkirche und Pfarrhaus. Hier übte Abt Alexander als Ordinarius in Ordensangelegenheiten noch immer die Jurisdiktion über die Schwestern aus. Als 1809 das Mainzer Generalvikariat der offiziellen Auflösung des Frauenkonventes zustimmte, waren noch sieben Ordensfrauen am Leben.
In den folgenden Jahren musste Weitzel alle seine Mitbrüder beerdigen. Innerhalb von drei Jahren, von 1810 bis 1813, verstarben die drei letzten Arnsburger Mönche an ihrem letzten Zufluchtsort, darunter der gebürtige Rockenberger und letzte Prior P. Wilhelm Schmitt. Als Ende 1813 aus Russland zurückkehrende napoleonische Truppen durch Rockenberg zogen, musste Abt Alexander einmal Speisen und Getränke an Offiziere und Soldaten im Roten Haus liefern, ein weiteres Mal musste er zwei russische Offiziere und einen Arzt bei sich aufnehmen.
Er starb am 15. Februar 1819 im Alter von 68 Jahren, „morgens 4 Uhr an Zehrung und Schleimschlag“, wie der damalige Pfarrer von Rockenberg, Johannes Baptist Röder, im Sterberegister der Pfarrei vermerkte. Wenige Tage darauf wurde er auf dem Friedhof beigesetzt, sein Grabstein existiert noch heute (in der Trauerhalle auf dem alten Friedhof). Alle liturgischen Gegenstände und Gewänder, die er von Arnsburg mitgebracht hatte, hatte er am 28. Januar 1819 testamentarisch seiner Heimatpfarrei vermacht, außerdem 200 Gulden für ein jährlich zu haltendes Seelenamt bestimmt, 800 Gulden als Armenkapital und 100 Gulden für die Schulkinder der Gemeinde, die einmal im Jahr – zu seinem Todestag – „ein Weck“ erhalten sollten.
Alexander Fiolka, Feb. 2019, rev. Feb. 2021
Daten:
Sac.: 18. Dez. 1773; Abbas: el. 19. Juni 1799, ben. 22. Sep. 1799.Literatur:
Breitmoser, Manfred: Alexander Weitzel Haus, Wohnhaus – Gastwirtschaft – Schule – Rathaus, in: Rockenberg – Beiträge zur Ortsgeschichte, Heft 6, Das entdeckte Porträt – Abt Alexander Weitzel, Rockenberg 2012, S. 37–46 · Fiolka, Alexander F.: Äbte und Äbtissinnen als Stifter von Kunstschätzen, Art. Petrus Schmitt (1746–1772), in: Paramente - Liturgische Gewänder und Sakralkunst aus den Klöstern Arnsburg und Engelthal, Begleitheft zur Ausstellung in Marienschloß, Rockenberg 2003, S. 27–29 · Ders.: Abt Alexander Weitzel – Erbauer des Rockenberger Rathauses, in: 200 Jahre Alexander Weitzel Haus – Rathaus Rockenberg, Rockenberg 2006, S. 39–49 · Ders.: Rockenberg, Marienschloss, in: Germania Benedictina, Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen, Bd. 2, München 2011, S. 1322–1349 · Ders.: Alexander Weitzel – Ein Rockenberger als Abt von Arnsburg, in: Rockenberg – Beiträge zur Ortsgeschichte, Heft 6, Das entdeckte Porträt – Abt Alexander Weitzel, Rockenberg 2012, S. 23–35 · Gärtner, Otto: Kloster Arnsburg in der Wetterau, seine Geschichten – seine Bauten, in: Die Blauen Bücher, Königstein 1989 · Gerster Wolfgang, Die Pfarrei Sternbach-Wickstadt, Wickstadt 1970 · Gesser, J. J.: Rockenberg, ein Wetterauer Dorf im Spiegel der Geschichte, Rockenberg 1950 · Kuczera Andreas: Arnsburg, in: Germania Benedictina, Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen, Bd. 1, München 2011, S. 113–163 · Stumpf, Paschasia: Aus der Geschichte von Kloster Engelthal in der Wetterau 1268–1968, Zur 700-Jahr-Feier des Klosters, Mainz 1968 · Vogel, Christian: Kloster Marienschloß in seiner letzten Zeit, in: Marienschloß – Beiträge zur Klostergeschichte, Heft 1, 200 Jahre Säkularisation, Rockenberg 2003, S. 13–58.Quellen und Archivalien:
Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Regierungsakten (MRA), Stifte und Klöster, Arnsburg u. Marienschloß · Dom- und Diözesanarchiv Mainz, Alte Kästen, K 41/III. Arnsburg u. Marienschloß · Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Arnsburg u. Marienschloß · Pfarrarchiv Rockenberg, Kirchenbuch von 1610.Vorlage:Page.name: WEITZEL, Alexander OCist (1750–1819) – Biographia Cisterciensis