Zaunagg, Melchior

Melchior Zaunagg
Gemälde in der Halle vor der Prälatur

Melchior von Zaunagg

Abt des Zisterzienserstiftes Zwettl 1706–1747

~ 04. Jan. 1667 Zwettl-Niederösterreich
† 28. April 1747 ebenda

Melchior von Zaunagg (oder Zaunack) stammte aus der adeligen, aber veramten Familie der Edlen von Zaunagg. In den ersten Jännertagen 1667 in der Zwetteler Vorstadt Syrnau geboren, wurde er am 4. Jänner 1667 auf den Namen Melchior getauft (wohl nach seinem Taufpaten Melchior Pröll). Sein Vater Georg Gottlieb Zaunack war zu dieser Zeit Hofschreiber der Herrschaft Rappottenstein. Seine Mutter Catharina Zaunack brachte noch mindestens fünf weitere Kinder zur Welt. Eines davon, der 1660 in Zwettl geborene Sohn Johannes, wurde später kaiserlicher Majestätsrat und Bürgermeister der ungarischen Stadt Buda. Er vermachte 1715 dem Zwettler Siechenhaus testamentarisch eine bedeutende Geldsumme.

Zaunaggs Taufpriester, der Pfarrvikar Ferdinand Hintelang, erkannte bald die besondere Begabung des jungen Melchior und gab ihm Privatunterricht. Danach schickte man ihn in die Jesuitenschule nach Krems. Entgegen seinem ursprünglichen Wunsch, Jesuit zu werden, entschloss er sich 1689 unter starken Zweifeln zum Eintritt in das Kloster Zwettl, dessen Konvent damals etwa 40 Geistliche umfasste. 1790 legte er die Profess ab und wurde 1795 zum Priester geweiht. Rasch durchlief er mehrere wichtige Klosterämter, war Bibliothekar, Chorregent (1697–1701) und Subprior als er am 28. Oktober 1706 zum Abt gewählt wurde. Unter seiner vierzigjährigen Regierung erlebt Stift Zwettl eine Blütezeit.

Die ersten Jahre seiner Amtszeit nutzte Abt Melchior zum Abbau der von seinem Vorgänger Robert Schöller angehäuften Schulden und zur Arrondierung der Stiftsliegenschaften durch Kauf und Tausch. Unter anderem kaufte er die Herrschaft Gobelsburg und mehrere Weingärten in Nussdorf.

Seit 1709 war Abt Melchior ständischer Ausschuss und später Vorsteher des ständischen Rechnungskollegiums, Verordneter des Prälatenstandes u.s.w. Durch diese und andere öffentliche Ämter war er gezwungen, oft den größten Teil des Jahres in Wien zu bleiben. Er tat es, ohne dabei seine Pflichten als Stiftsvorstand zu vernachlässigen, wie hunderte von noch vorhandenen Briefen beweisen, in denen er sich über alle Stiftsangelegenheiten Bericht erstatten ließ und Anordnungen traf.

Der Nachwelt bleibt Melchior von Zaunagg vor allem als barocker Bauherr im Gedächtnis. Er ließ den Dürnhof erbauen, die Pfarrhöfe in Edelbach und Schweiggers, ein Haus in Loya und den Keller vor der Abtei. Die alte Bibliothek wandelte er in das Noviziat um und vollendete die neue Bibliothek, deren Rohbau wohl schon von sein Vorgänger fertiggestellt hatte. Auch gelang es ihm, den Kirchenbau zu vollenden. Am 25. Mai 1722 wurde der Grundstein für den heutigen hochbarocken Westturm der Stiftskirche gelegt. Gleichzeitig mit diesem erfolgte die Vergrößerung der gotischen Hallenkirche durch den stilgetreuen Anbau zweier barock-gotischer Langhausjoche. Die tiefe dreischiffige Turmvorhalle entstand in den Jahren 1722 bis 1725. In den Jahren 1728 bis 1731 wurde die neue Hauptorgel eingebaut, gefolgt vom barocken Hochaltar 1731–1733.

Abt Melchior feierte drei Jubiläen: 1738 das siebenhundertjährige Stiftsjubiläum, 1740 sein goldenes Professjubiläum und 1745 das goldene Priesterjubiläum. Er starb am 28. April 1747, 80 Jahre alt, und wurde in der Stiftskirche begraben.

gge, Aug. 2018


Daten:

Prof.: 17. Dez. 1690; Sac.: 1695; Abbas: el. 28. Okt. 1706, ben. 1. Nov. 1706; Dev.: Labori, non otio natus.

Werke:

(alle im Manuskript) · Annotationes ad Clarevallenses vel Zwetalenses seu potius universae Austriae Annales (560 S.) · Annotationes verum notabilium ab Anno 1667–1706 (34 S.) · Annotationen etc. ab Anno 1702–1706 (58 S.) · Tractatus de contractibus, de ultimo fine hominis; de incarnati verbi misterio (3 Bände) · Tractatus de Legibus, de Sponsalibus et Matrimonio, 1 Band, 251 S. (1693) · Tractatus de peccatis et gratia, 1 Band. (1693) · Tractatus theologici (de angelis etc.), 4 Bände (1693).

Literatur:

Rössler, Stephan: Die Abtei Zwettl in Nieder-Oesterreich, in: Brunner, Sebastian: Ein Cisterzienserbuch. Würzburg, 1881, S. 542ff., hier 591–593 · Wenda, Gerhard: Abt Melchior von Zaunagg (1706–1747) und die dritte Periode österreichischen barocken Klosterlebens im Stifte Zwettl. Diss. Universität Innsbruck 1951 · Zisterzienserstift Zwettl. Die Restaurierungsgeschichte. St. Pölten, Salzburg, Wien: Residenz, 2013.

Zitierempfehlung: Zaunagg, Melchior, in: Biographia Cisterciensis (Cistercian Biography), Version vom 4.04.2020, URL: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Zaunagg,_Melchior

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