Louis de Baissey
oft: Bessay, Bessey
Abt der Klöster La Prée (1550–1560) und Cîteaux (1560–1564), Generalabt des Zisterzienserordens
* um 1515 Longecourt-en-Plaine, Burgund
† 19. Juni 1564 Pogliola, Italien [heute: Mondovì, Piemont]
Der spätere Generalabt Louis de Baissey gehörte zur Familie der Herren von Longecourt in Burgund, die nach dem Anschluss des Landes an Frankreich (1477) im Dienst der französischen Könige standen. Sein Großvater Antoine de Baissey († 1508) war Söldnerführer und Diplomat gewesen, außerdem Bailli von Dijon;, sein Vater Claude de Baissey, sieur de Longecourt, war Obrist im Dienst der Krone und verheiratet mit Jeanne de Crux (Croix) aus dem Hause Trouhans. Ein Onkel, Claude de Baissey, war Abt des Zisterzienserklosters La Prée in der Diözese Bourges, ein anderer Onkel, Jean de Baissey, päpstlicher Protonotar.
Der spätere Abt Louis trat in das Kloster seines Onkels Claude ein und wurde zum Dr. iur. can. promoviert. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt erscheint er als Abt der Zisterzienserabtei Maizières bei Châlons (Burgund), vielleicht formal als Kommendatarabt wegen einer Ämterkumulation etwa mit der Abtwürde von La Prée, wo er wohl 1550 Nachfolger seines Onkels Claude wurde (unsichere Nachricht). Am 6. Januar 1560 wurde er zum Abt des Mutterklosters Cîteaux gewählt. Die päpstliche Bestätigung erfolgte bereits am 7. März 1560, die königliche kurz darauf, und am 8. September 1560 nahm Baissey die Abtei per Stellvertreter in Besitz (Lekai). Als Abt von Cîteaux war Baissey auch ’geborenes’ Mitglied des Parlaments von Burgund (seit dem 20. Mai 1561).
Zu Baisseys ersten Erfolgen als Abt des Mutterklosters und gleichzeitiger Generalabt des Gesamtordens gehört das Breve Romani Pontificis providentia Papst Pius‘ IV. vom 22. Mai 1561, in dem dieser einem schon weit gediehenen Plan König Philipps II. von Spanien entgegentrat. Der König wollte die Bindung der Zisterzienser seines Landes an die territorial der französischen Krone zugehörende Mutterabtei Cîteaux beenden, weil deren Äbte nur Kreaturen des französischen Königs und nicht frei gewählt seien. Darum wollte er die aragonesischen Klöster des Ordens zu einer von Cîteaux und ausländischen Generaläbten unabhängigen Kongregation zusammenfassen. Diesem Plan widersetzte sich König Karl IX. von Frankreich so sehr, dass im erwähnten päpstlichen Breve die geplante Zisterzienserkongregation von Aragón abgelehnt wurde mit dem Argument, dies sei der Autorität des Abtes von Cîteaux und ganz Frankreichs abträglich (totius Regni Franciae praejudicio). Philipp II. reagierte mit der Anweisung vom 30. Juli 1561 an seinen römischen Botschafter, dieser solle weiterhin die Ausgliederung der Klöster von Aragón aus der Jurisdiktion des Abtes von Cîteaux betreiben. Erst ein halbes Jahrhundert später erreichte Spanien 1616 die Errichtung einer eigenen Zisterzienserkongregation für Aragón (Zakar, Lekai, Masoliver).
Am 13. November 1562 traf Baissey im norditalienischen Trient ein und sprach dort am 7. Dezember 1562 auf dem Konzil über die Frage, ob die Bischöfe ihre Jurisdiktion durch die Weihe unmittelbar von Gott erhalten oder nur mittelbar, ob diese also unmittelbar auf einen päpstlichen Auftrag zurückgehe. Seit rund zwei Jahrhunderten rang man um das Modell einer Kirche unter der Leitung des Bischofskollegiums (Episkopalismus) oder des Papstes (römischer Zentralismus). Auf dem Konzil von Trient vertraten besonders die spanischen Bischöfe die Lehre von der unmittelbar von Gott den Bischöfen übertragenen Leitungsvollmacht. Dem widersetzten sich die antispanischen Bischöfe Frankreichs und andere Papalisten, was sich in zahlreichen Konzilsdebatten über die Residenzpflicht der Bischöfe, die Existenz von Weihbischöfen (Titularbischöfen), die Weihegewalt oder die Frage einer Jurisdiktion neben der Weihe niederschlug. Baisseys „klare Verteidigung der Autorität des Papstes“ (Zakar; „pro tuenda auctoritate pontificia“, Kurent) gegenüber dem Kollegium der Bischöfe und zu Gunsten des päpstlichen Zentralismus trug zum historisch bedeutsamen Erfolg dieses letzteren Modells auf dem Konzil bei.
Vielleicht im November 1562 erhielt Baissey in Trient ein undatiertes Schreiben des Protektors der Zisterzienser, Kardinal Giovanni Morone, der den Abt in Rom sehen wollte, worauf dieser am 1. Dezember antwortete (Zakar). Näheres zu dieser Mission und zum Datum der folgenden Romreise bleiben noch ungeklärt; jedenfalls ist Baissey am 21. Mai 1563 in Rom nachgewiesen, als er dort bei der römischen Inquisitionskongregation (Sanctum Officium) als beratendes Mitglied (Konsultor) vereidigt wurde (Quellen 1; Schwedt). Vielleicht weilte er noch in Rom, als Pius. IV. auf Bitten des Abtes von Cîteaux wenige Monate später die Bulle In eminenti vom 26. September 1563 erließ. Nach dieser Bulle wurde vonseiten des Abtes Louis von Cîteaux „neulich“ (nuper pro parte dilecti filii Ludovici abbatis monasterii Cistercii) dem Papst eine Bitte wegen der alten Privilegien des Ordens vorgetragen. Diese bestätigte der Papst, wie vom Abt beantragt, der hierfür die (lebens-)gefährliche Romreise persönlich unternommen habe (se Romam his periculosis temporibus … personaliter accessisse). Im übrigen verurteilte der Papst das Kommendenwesen und hob die Ausnahmeregelungen und Exemtionen von Klöstern gegenüber dem Abt von Cîteaux auf (Bullarium, Meschet, Zakar). Möglicherweise hat Baissey im Sommer 1563 in Rom an einem Konsistorium im Beisein der Kardinäle teilgenommen und dabei sein Aufsichtsrecht (Jurisdiktion) gegenüber den Exemtionen verteidigt und sich dem spanischen Wunsch zur Gründung einer eigenen Kongregation für das Königreich Aragón widersetzt (vgl. Eberl). Ungeklärt bleiben mehrere Einzelheiten, auch zur Rückreise nach Trient, wo am 4. Dezember 1563 die letzte Sitzungsperiode des Konzils zu Ende ging.
Während der Abwesenheit des Abtes brachte König Karl IX. die Mönche finanziell in Bedrängnis. Sein Edikt vom 15. Mai 1563 forderte hohe Abgaben vom Klerus und, wie der Annalist Nicolas Cotheret berichtet, auch von der Abtei Cîteaux. Gerade gegen solche Belastungen richtete sich die Bulle von 1563 und bestätigte (erfolglos) die alten Privilegien und Befreiungen von Abgaben. Zudem musste Cîteaux seine auf 19.820 Livres geschätzte Grangie Toutenant dem künftigen burgundischen Gouverneur Léonor Chabot überlassen (19. Januar 1564, Lekai S. 64).
Gleichzeitig befasste sich Baissey mit der Reform und der Visitation der Zisterzienserklöster. 1563 beauftragte er den Abt von Himmerod, Johann von Briedel († 1571), mit der Visitation der Klöster in den Metropolitanbezirken Trier (mit den Bistümern Verdun, Toul, Metz) und Mainz mit Worms, Erfurt u.a. (vgl. Schmieder, Pastor). Um die Reform und die Visitationen in den italienischen Staaten zu fördern, übertrug Papst Pius IV. Vollmachten an Baissey und stellte ihm Empfehlungsschreiben an den Herzog der Toskana und an die norditalienischen Fürsten in Ferrara, Parma, Modena und Savoyen aus (31. März 1564; Quellen 2, Pastor). Der Generalabt nutzte seine Heimreise vom Trienter Konzil nach Frankreich für Reformen in Norditalien, besonders im Hinblick auf das Kommendenwesen, das er als Ursache vieler Misstände ansah. Er bemühte sich um die Schaffung eigener Konventualvermögen, gegen den Widerstand der Kommendataräbte. Aus Alessandria (Piemont) schrieb Baissey über die Kapitelsversammlung der Lombardisch-Toskanischen Kongregation und über die visitierten Klöster (3. Juni 1564, Quellen 3, Postina, Zakar: Text mit deutscher Übersetzung). Das Schreiben berichtete dem Protektor der Kongregation, Kardinal Giovanni Morone, über die Gottesdienste der Mönche, das Wirken der Oberen und die begonnene Behebung von Misständen. Mit der Weiterführung der Reformen beauftragte er seinen Vikar und gleichzeitigen Präses der lombardo-toskanischen Kongregation, Abt Dionysius de Lacheronibus „de Misericordia“ (Postina), wobei dieser Titel wohl einen näher zu klärenden Bezug zur Abtei Santa Maria della Misericordia bei Modena besaß. Baissey und sein Generalprokurator, der spätere Generalabt Nicolas I. Boucherat († 1586), hatten 1563 mit der Lombardisch-Toskanischen Kongregation ein Konkordat geschlossen, dessen bisher unbekannter Text später ratifiziert wurde und allgemein die guten Beziehungen dieser Kongregation zu Baissey bezeugt.
Zwei Wochen nach seinem Bericht an Kardinal Morone starb Baissey in Piemont auf der Rückreise vom Konzil, am 19. Juni 1564 im Frauenkloster S. Maria di Pogliola bei Mondovì. Sein Herz wurde nach Cîteaux gebracht und in der Kapelle des hl. Vinzenz beigesetzt (Gallia christiana)
Herman H. Schwedt, Feb. 2014
Quellen:
(1) Città del Vaticano: Archivum Congregationis pro Doctrina Fidei, Decreta S.O. 1559–1563 Original, Bl. 161 [Amtseid bei der Inquisition] · (2) Città del Vaticano, Archivio Segreto Vaticano, Brevia Armadia 44, tom. 20, Nr. 115 [Breven an norditalienische Fürsten, 31. März 1564] · (3) Città del Vaticano, Archivio Segreto Vaticano, Concilio Tridentino 2, Bl. 132r–133v [Baissey an Kardinal Morone, 3. Juni 1564].Literatur:
siehe Literaturliste.Vorlage:Page.name: BAISSEY, Louis de (c1515–1564) – Biographia Cisterciensis