Chrysostomus Hanthaler
Zisterzienser des Stiftes Lilienfeld; Historiker und Numismatiker
* 14. Jan. 1690 Mehrnbach b. Ried, Oberösterreich
† 2. Sep. 1754 Lilienfeld, Niederösterreich
Johann Adam Hanthaler kam als Sohn einer ledigen Bauernmagd zur Welt. Nach Rechts-, Philosophie-, und Theologiestudium in Salzburg trat er 1716 in das Zisterzienserstift Lilienfeld ein. 1718 erhielt er die Priesterweihe und wurde bald darauf Novizenmeister und Subprior. Er erwarb sich als Stiftsbibliothekar durch Katalogisierungsarbeit große Verdienste. 1733 wurde er für einige Jahre nach Marienberg im Burgenland, das damals zu Ungarn gehörte, versetzt, kam 1737 nach Lilienfeld zurück und diente seinem Abt Chrysostomus Wieser als Provinzialsekretär.
Während seines ganzen Ordenslebens forschte Hanthaler über die Lilienfelder Stiftsgeschichte; 22 Manuskriptbände im Stiftsarchiv geben heute Zeugnis davon, sowie zahlreiche Publikationen. Sein Hauptwerk, die Fasti Campililienses, bringt eine umfassende mit Landes- und Adelsgeschichte eng verbundene Geschichte des Klosters Lilienfeld.
Hanthaler gilt heute als hochbegabter Vertreter der kirchlichen Frühaufklärung. Aber der Wert seines Werkes wird wesentlich durch die Übernahme und Zitierung selbst erfundener Quellen zur österreichischen Geschichte und zur Klostergeschichte in der Babenbergerzeit beeinträchtigt. 1742 schon hatte er gefälschte Annalen eines Mönches Ortilo, der sich auf eine verschollene Schrift eines Kaplans des Markgrafen Adalbert, Alold von Pöchlarn, beruft, ediert. Schon von Zeitgenossen angezweifelt, wurden im 19. Jahrhundert die aufsehenerregenden Quellenfunde als Fälschungen erwiesen, jedoch wurde die Möglichkeit offengelassen, dass Hanthaler für einzelne Angaben noch eine echte, seither verschollene Lilienfelder Quelle zur Verfügung hatte.
Alkuin Schachenmayr, April 2010
Genealogie:
V.: Jörg Handthaller aus Memmingen, Malergeselle; M.: Maria Julianna Hinterhofer, Zimmermannstochter, Bauernmagd in Mehrnbach.Daten:
Prof.: 15. Aug. 1717; Sac.: 1. Mai 1718.Werke:
Fasti Campililienses, 2 Bde., Linz 1747–54 · Fastorum Campililiensum Chr. H. continuatio s. recensus genealogico-diplomaticus archivi Campililiensis, ed. Ladislaus Pyrker, Wien 1818/20 · Notulae anecdotae e chron. illustris stirpis Babenbergicae in Osterrichia dominantis, quam vir reverendus Aloldus de Peklarn, serenissimi quondam Austriae marchionis Adalberti ab anno 1034 usque ad annum 1056 capellanus conscripsit, a Fratre Ortilone uno e primis monachis Campililiensibus sub finem seculi XII, excerptae, Krems 1742Literatur:
ADB, Bd. 10 · Tobner, Paul: Das Zisterzienserstift Lilienfeld in Niederösterreich, in: Xenia Bernardina 3 (1891) S. 286–88 · Tangl, Michael: Die Fälschungen Chrysostomus Hanthalers, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 19 (1898), S. 1–54 · Coreth, Anna: Österreichische Geschichtsschreibung in der Barockzeit (1620–1740), Wien 1950, S. 109–112 · Linzer, Monika-Maria: Chrysostomus Hanthaler und seine Stellung in der österreichischen Barockhistoriographie. Phil. Diss. Wien 1976 · Müller, Eugen: Profeßbuch Lilienfeld, Nr. 1510.Vorlage:Page.name: HANTHALER, Chrysostomus (1690–1754) – Biographia Cisterciensis