Josef Hering
Abt des Klosters Rauden 1679–1696
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† März 1710 Rauden
Josef Franz Hering (das Wahlinstrument nennt ihn Herenk) aus Oppeln wurde am 13. April 1672 als Novize in der Zisterzienserabtei Rauden in Oberschlesien eingekleidet und am 6. März 1679 unter dem Vorsitz des Generalvikars Bernhard Rosa von Grüssau von den 19 wahlberechtigten Kapitularen zum Abt gewählt. Seine Wahl war die erste, bei der kaiserliche Kommissare in der Person des Grafen Georg von Gaschin und des Barons Georg von Welczek anwesend waren.
1680 verglich sich Abt Josef mit der Stadt Gleiwitz in der langwierigen Streitsache über den Bierschank in Schönwald und Deutsch-Zernitz und konnte 1688 mit derselben Stadt den Prozess über die Obergerichtsbarkeit in beiden Dörfern füŕ das Kloster zur Entscheidung bringen. Außerdem kaufte er das Dorf Urbanowitz (Bestätigung durch Kaiser Leopold I. am 5. Mai 1690). 1686 wurde er zum Administrator des Prämonstratenserinnenstiftes Czarnowanz bestellt, das erst 1682 nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges in barockem Stil wiederaufgebaut worden war. Er leitete dieses Stift mit zwei Raudener Zisterziensern von der Vakanz der dortigen Propstei bis zur Neuwahl eines Abtes im Prämonstratenserstift St. Vinzenz in Breslau, der von den Nonnen als Vaterabt anerkannt wurde. 1694 assistierte Abt Josef in Himmelwitz bei der Wahl des Abtes Malachias Baguda und war am 7. Mai 1696 bei der Weihe der neuen Klosterkirche in Grüssau und assistierte mit dem Abt von St. Vinzenz beim ersten Pontifikalamt, das Abt Heinrich Kahlert von Heinrichau, ein ehemaliger Grüssauer Professe, darin feierte.
In Rauden ließ er die Maria-Magdalenenkapelle erbauen und den von seinem Vorgänger Andreas Pospel begonnenen Bau des Konventgebäudes vollenden. Auch an der Klosterkirche wurden größere bauliche Veränderungen vorgenommen. Die äußere Mauer wurde bis über die Wölbung erhöht und ein neues Dach aufgesetzt, neues Gesims wurde angefügt und das große Fenster hinter dem Hauptaltar teilweise zugemauert und in ein rundes verwandelt. Der alte hölzerne Glockenturm wurde durch einen neuen ersetzt (der am 26. September 1724 mitsamt den Glocken und der Uhr ausbrannte) und unter den beiden Turmkapellen eine Krypta errichtet. Im Kircheninneren ließ Abt Josef 1681/82 den schon von Andreas Pospel geplanten neuen Fußboden in der Kirche verlegen, 1684 die Altarbilder der hll. Benedikt von Nursia und Bernhard von Clairvaux von dem bekannten Barockmaler Michael Willmann (1630–1706) anschaffen und 1686 nach dem Vorbild von Heinrichau ein schmiedeeisernes Gitter zwischen Chor und Langhaus aufrichten, das nach der Säkularisation vor die Marienkapelle versetzt wurde.
Abt Josef war ein großer Freund der Wissenschaften, pflegte sie mit besonderer Vorliebe und hielt auch seine Mönche dazu an. Die begabtesten Mönche ließ er an auswärtigen Universitäten studieren, um sie später als Dozenten im Kloster einsetzen zu können. Die Patres Johannes und Bernard Czernek (sein Nachfolger als Abt), die später Philosophie und Theologie lehrten, schickte er 1686 auf Kosten des Stiftes nach Prag und Olmütz und 1695 den P. Josef von Strachwitz, auch er später Abt, nach Prag zum Studium des römischen und kanonischen Rechts bei Professor Johann Christoph Schambogen. Die Kosten für den Studienaufenthalt des letzteren bestritt er aus dem Patrimonium, das Strachwitz bei seinem Eintritt dem Kloster zugebracht hatte. Hand in Hand hiermit ging die Sorge für die Bibliothek, die unter ihm mit vielen Werken bereichert wurde.
Mehrfach gab es in Abt Josefs Regierungszeit große Truppendurchzüge durch das Stiftsgebiet. Im August 1683 marschierten polnische Krieger, die dem von den Türken bedrängten Wien zu Hilfe eilten, durch Rauden und nahmen hier und in der Umgegend Quartier. Die dadurch verursachten Kosten wurden auf die klösterlichen Untertanen der Dörfer verteilt und ihnen am 6 August 1684 bar erstattet. Die wertvollsten Gegenstände hatte das Kloster vorher in Brieg im Haus des Czarnowanzer Propstes in Sicherheit gebracht, der auch dem Abt und einigen Brüdern dort einen Zufluchtsort anbot. Über den Durchmarsch der Polen heißt es noch im Fürstentagsschluss vom 29. März 1688, „das Landt davon ganz exhauriret worden“. Auch die Durchmärsche brandenburgischer Truppen verursachten dem Stift große Kosten, jedoch erst am 26. Mai 1686 erstattet wurden. 1691 machten marodierende sogenannte „Wallachen“ die Gegend um Rauden unsicher, die am 18. Juli sogar das Kloster überfielen und plünderten, während der Abt beim Landtag in Oppeln war. Den erlittenen Verlust konnte das Stift lange Zeit nicht verwinden. 1693 kamen 6000 Brandenburger nach Rauden die dort und in der Umgegend zwei Tage Quartier machten und vielfache Exzesse verübten.
Wegen Kränklichkeit hatte Abt Josef schon auf dem Provinzkapitel in Grüssau vom 22. bis 24. Oktober um seine Resignation ersucht, war aber zurückgewiesen worden, weil die angeführten Gründe nicht genügten. Nachdem er 1696 seine Bitte wiederholt hatte, beauftragte Generalabt Nicolas Larcher in Cîteaux Generalvikar Bernard Rosa von Grüssau speziell mit der Entgegennahme der Gründe. Sie bestanden hauptsächlich in der fortwährenden Krankheit, die Hering die siebzehn Jahre seiner Prälatur hindurch plagte. Sein Wunsch fand nun Gehör. Am 7. Juli 1696 resignierte er in die Hände des von dem wegen Alter und Krankheit nicht mehr amtsfähigen Bernhard Rosa dazu delegierten Abtes Malachias Baguda von Himmelwitz, der auch bei der Wahl des Nachfolgers Bernard Czernek den Vorsitz führte.
Abt Josef erhielt eine ehrenvolle Pension. Ihm wurde ein ganzer Flügel im Kloster oder eine Wohnung in Schönwald oder Urbanowitz zugesichert. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in größter Zurückgezogenheit innerhalb der Klostermauern und starb im März 1710.
gge, Juni 2018
Daten:
Abbas: el. 6. März 1679, ben. 7. Juli 1696.Literatur:
Potthast, August: Geschichte der Ehemaligen Cistercienserabtei Rauden in Oberschlesien. Leobschütz: R. Bauer, 1858.Vorlage:Page.name: HERING, Josef OCist (1646–1710) – Biographia Cisterciensis