Franz Xaver Müller
letzter Abt des Klosters Kaisheim 1783–1802; Generalvikar des Ordens in Oberdeutschland
*
† 4. Nov. 1817 Kaisheim
Franz Xaver Müller, geboren 1741 in Westhausen bei Ellwangen, legte am 28. Oktober 1764 unter Abt Cölestin Mermos (reg. 1737–1771) in der Zisterzienserabtei Kaisheim die Profess ab und wurde am 13. Juni 1767 zum Priester geweiht. Vom 4. April 1770 an wirkte er als Unterbursier (Unterbursar) an der Finanzverwaltung des Klosters mit, dazu kam im folgenden Jahr das Amt des Küchenmeisters. Abt Cölestin Angelbrugger (reg. 1771–1783) bestellte ihn zum Oberbursier. 1777 übernahm Müller auch die Beichtigerstelle bei den Zisterzienserinnen des Reichsklosters Gutenzell. Am 23. Oktober 1783 wurde er zum Abt gewählt und fünf Tage später benediziert, 1784 zum Visitator der Zisterzen in Schwaben und Tirol bestellt.
In seiner 18-jährigen Regierungszeit hatte Abt Xaver infolge der inneren und äußeren Verhältnisse viele Herausforderungen zu bestehen. Als erfahrener Wirtschaftsverwalter reduzierte er die von seinem Vorgänger angehäufte Schuldenlast von fast 600.000 Gulden durch eine sparsame Wirtschaftsführung und den Verkauf zweier Meierhöfe in Esslingen und Heilbronn. Mit einem Teil des Erlöses wurde 1786 die thürheimische Herrschaft Biberachzell gekauft. In der Landwirtschaft (Vieh- und Schafzucht) führte er gezielt Methoden zur Verbesserung der Ertragslage ein.
Im Verhältnis zu den benachbarten geistlichen Territorien, aber auch zur staatlichen Macht, wusste Abt Xaver seine Position zu festigen und zu verteidigen. 1784 beendete er Streitigkeiten mit dem Bistum Augsburg über den Umfang der Exemption der Kaisheim unterstehenden Frauenklöster und glich 1789/90 Differenzen mit dem Prämonstratenser-Reichsstift Roggenburg aus, am 27. Juni 1800 mit der Stadt Ulm. Auch vor Auseinandersetzungen mit dem Kurfürsten schreckte er nicht zurück. So weigerte er sich 1793 unter Berufung auf die Reichsunmittelbarkeit Kaisheims, am letzten bayerischen Kreistag in Wasserburg am Inn teilzunehmen.
Im Kaisheimer Münster ließ Abt Xaver 1789 die große Orgel wiederherstellen und den oberen Teil des Vierungsturms neu gestalten. Der Versuch, durch den Bau einer Wasserleitung einen Mühlenbetrieb beim Stift einzurichten, scheiterte jedoch. Die Disziplin im Kloster heilt er strenger ein als sein als zu lax beschriebener Vorgänger Angelsbrugger, legte aber ebenso wie dieser großen Wert auf die Förderung der Wissenschaft und Bildung. Sein Mitbruder Franz Dionys Reithofer (1767–1819) rühmt den hohen Bildungsstand der Konventualen in seiner Chronik der letzten 31 Jahre von Kaisersheim (München 1817).
In den Jahren der Revolutionskriege (zweimalige französische Besetzung) war die Abtei – wie alle anderen Klöster auch – gezwungen, „Requisitionen ohne Maß und Zahl und vierfache Contributionen, Reichs- und Kreis-Prästanden, Kriegsbeyträge und gezwungene Anlehen“ zu erbringen. Zum Beispiel mussten 1793 große Teile des Kirchensilbers nach Günzburg abgeliefert werden. Die Franzosen nahmen aus der Bibliothek ein wertvolles, auf mehrere tausend Gulden geschätztes Brevier mit. Dazu kamen Einquartierungen, Haupt- und Standquartierslasten und die zweimalige Kontingentstellung von 100 Mann zu Fuß und zu Pferd (1793–1796 und 1799–1800). Der Friede von Lunéville und der Reichsdeputationshauptschluss 1803 brachten dem Kloster Kaisheim das Ende.
Vergeblich versuchte Abt Xaver 1802 durch eine Eingabe an den Kurfürsten, die Säkularisation der Abtei abzuwehren. Am 1. September 1802 ließ der Kurfürst das Kloster durch 30 kurbayerische Soldaten okkupieren, am 29. Oktober wurde eine provisorische kurfürstliche Administration eingesetzt. Abt Xaver erhielt eine staatliche Pension und das Lustschlösschen Leitheim als Wohnsitz; auch die Abteiwohnung ließ man ihm. In den Klostergebäuden wurde zunächst ein Aussterbekloster für Franziskaner, 1816 ein Strafarbeitshaus eingerichtet. Selbst der Name Kaisersheim wurde geändert und fortan Kaisheim geschrieben. Nach seinem Tod 1817 durfte Xaver Müller nicht wie seine Vorgänger in der Kirche bestattet werden, sondern fand seine letzte Ruhestätte auf dem allgemeinen Friedhof. Acht seiner Konventualen legten wieder den Zisterzienserhabit samt Kukulle an und trugen ihn auf den eigenen Schultern zu Grabe.[1] Der Historiker (und spätere Erzbischof) Anton Steichele urteilt 1864 in seiner Augsburger Bistumsgeschichte über Müller: „Er war ein guter, ehrenwerter Mann“.
gge, Okt. 2011, rev. Dez. 2018
- ↑ Scheglmann, Alfons Maria: Geschichte der Säkularisation im rechtsrheinischen Bayern, Band 3, J. Habbel, 1908, S. 149.
D:
Prof.: 28. Okt. 1764; Subdiac.: 15. März 1765; Diac.: 20. Sep. 1765; Sac.: 13. Juni 1767; Abbas: el. 23. Okt. 1783, ben. 28. Okt. 1783.L:
Kalender für katholische Christen 1872. Sulzbach S. 85–93 · Reindl, Luitpold: Geschichte des Klosters Kaisheim, 1913 · Gerlach, August 1874–1952: Ein berühmter Westhausener : Franz Xaver Müller, der 42. und letzte Abt des Reichsstifts Kaisersheim, in: Ellwanger Jahrbuch, [4] (1914), S. 74–75 · Schiedermair, Werner: Reichsprälat Franz Xaver Müller (1741–1817; reg. 1783–1802), in: Kaisheim – Markt und Kloster. Lindenberg 2001, S. 266–268 · Steidle, August: Abt Franz Xaver Müller aus Westhausen: 1802 wurde er im Zisterzienserkloster Kaisheim abgesetzt, in: Ostalb Einhorn 31 (2004), S. 19–23.Vorlage:Page.name: MÜLLER, Franz Xaver OCist (1741–1813) – Biographia Cisterciensis